Interview: Uwe Kullnick spricht mit Markus Ostermair über sein Buch “Der Sandler”

Interview: Uwe Kullnick spricht mit Markus Ostermair über sein Buch “Der Sandler”

36 Minuten

Beschreibung

vor 4 Jahren

In Der Sandler wird eine Geschichte erzählt, die eigentlich gar
nicht erzählt werden darf. Denn sie handelt von der Scham des
sozialen Abstiegs – und diese Scham macht die Betroffenen
schweigen. Der Sandler ist deshalb eine fiktive Geschichte, die
Obdachlose ins Zentrum stellt und trotz aller Fiktion ein
realistisches und vielschichtiges Bild ihres Alltags auf den
Münchner Straßen vermittelt. Einer von ihnen ist Karl Maurer. Er
mäandert durch die Stadt, besucht Suppenküchen und Kleiderkammern
und manchmal wird er von den Bildern seines früheren Lebens
eingeholt – von seiner Frau und seiner kleinen Tochter, der Zeit
als Mathematiklehrer und dem Kind, das ihm vors Auto lief.
Gleichzeitig durchstreift auch sein Freund Lenz die Stadt auf der
Suche nach ihm. Lenz, ein Zettelschreiber und Utopist, merkt,
dass es mit ihm zu Ende geht. Er will Karl seine unfertigen
Notizen vermachen und, was noch viel wichtiger ist, den Schlüssel
zu seiner Wohnung, die er geerbt hatte, in der er sich aber
geweigert hatte zu leben. Lenz’ Tod ist ein Wendepunkt. Die
Wohnung könnte Karls Chance sein, die diffusen, stets auf die
lange Bank geschobenen Pläne, sein Leben wieder in den Griff zu
bekommen, in die Tat umzusetzen. Gleichzeitig merkt auch Kurt,
ein Haftentlassener, der stets den Angriff für die beste
Verteidigung hält, dass er sein Leben ändern muss. Auch er sucht
eine Bleibe, die er mit niemandem mehr zu teilen braucht. Der
Sprachlosigkeit der Obdachlosen setzt Markus Ostermair eine
Sprache entgegen, die nahe an ihr Leben heranführt, ohne dabei zu
werten, zu romantisieren oder voyeuristisch zu sein.


Markus Ostermair, geboren 1981, arbeitet seit
seinem Studium der Literaturwissenschaft als Übersetzer, Texter
und Lehrer für Englisch sowie Deutsch als Fremdsprache. Seine
Auseinandersetzung mit dem Thema Obdachlosigkeit begann in der
Bahnhofsmission München als Zivildienstleistender. Er nahm an der
Bayerischen Akademie des Schreibens teil und erhielt für Der
Sandler diverse Stipendien und Förderpreise, darunter das
Literaturstipendium der Stadt München und ein Residenzstipendium
auf Schloss Wiepersdorf. Der Sandler ist sein literarisches
Debüt. Der Autor steht für Lesungen zur Verfügung.

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