Charakterisierung der in vivo Wachstumskinetik amyloider Plaques und der synaptischen Pathologie mit Evaluierung eines immuntherapeutischen Ansatzes in einem Alzheimer-Mausmodell
Beschreibung
vor 11 Jahren
Morbus Alzheimer ist die häufigste Form einer Demenzerkrankung und
stellt aufgrund der steigenden Lebenserwartung eine sehr große
ökonomische und emotionale Belastung für Patienten, deren Familien
und die gesamte Gesellschaft dar. Eine Verringerung dieser
Belastung erfordert dringend krankheitsmodifizierende Therapien,
die bisher nicht zur Verfügung stehen. Als wahrscheinlichste
Erklärung für die molekularen Ursachen der Krankheit wurde in der
Amyloid-Kaskaden-Hypothese postuliert, dass die Akkumulation und
Aggregation des Abeta-Peptids das zentrale Ereignis darstellt.
Infolgedessen kommt es zu synaptischen Beeinträchtigungen durch
Abeta-Oligomere, Entzündungsreaktionen durch unlösliche
Abeta-Aggregate in Form von amyloiden Plaques, progressiven
Schädigungen von Synapsen und Neuronen, oxidativem Stress, der
Hyperphosphorylierung des Mikrotubuli-assoziierten Proteins Tau und
einem Neuronenverlust. Das Abeta-Peptid wird durch sequentielle
Spaltung des Amyloid-Vorläuferproteins (APP) durch die beta- und
gamma-Sekretase konstitutiv im Gehirn produziert. In der
vorliegenden Arbeit wurden die Auswirkungen der Überexpression
eines humanen APP mit der schwedischen Mutation auf Synapsen und
die Akkumulationskinetik des Abeta-Peptids zu amyloiden Plaques in
einem Alzheimer-Mausmodell (Tg2576) untersucht. Die detaillierte
Charakterisierung des Mausmodells wurde in einer Therapiestudie
umgesetzt, in der eine passive Immunisierung gegen das Abeta-Peptid
oder Abeta-Oligomere getestet wurde. Im ersten Teil der Arbeit
wurde der Einfluss der Überexpression des APP auf dendritische
Spines untersucht, die das postsynaptische Kompartiment
glutamaterger Synapsen entlang von Dendriten bilden. Als
Reporter-Tiere wurden Mäuse verwendet, die das gelbfluoreszierende
Protein YFP in einem Teil der pyramidalen Neuronen des Cortex
exprimieren. Mithilfe der in vivo Zwei-Photonen-Mikroskopie wurden
die denritischen Spines an den apikalen Dendriten der Schicht
II/III und V Neurone im somatosensorischen Cortex analysiert. Die
Überexpression des APP führte zu einem differentiellen Effekt,
wobei in Schicht II/III Neuronen keine Änderung und in Schicht V
Neuronen eine Erhöhung der Dichte dendritischer Spines gemessen
wurde. Eine detaillierte Charakterisierung zeigte eine Mehrzahl an
stabilen Spines als ursächlich für die erhöhte Spinedichte, während
keine zeitliche Änderung der Spinedichte über sechs Wochen
detektiert wurde. Auch die Morphologie der dendritischen Spines war
unverändert. Diese Ergebnisse deuten auf eine mögliche
physiologische Rolle von APP und/oder dessen proteolytische
Fragmente an Synapsen. Ein wichtiges neuropathologisches Merkmal
von Morbus Alzheimer sind amyloide Plaques, die durch Aggregation
des Abeta-Peptids zu Amyloidfibrillen mit einer gekreuzten
beta-Faltblattstruktur entstehen. Demzufolge wurde im zweiten Teil
der vorliegenden Arbeit mithilfe der in vivo
Zwei-Photonen-Mikroskopie, unter der wiederholten Anwendung des
spezifischen fluoreszenten Markers Methoxy-X04, die Entstehungs-
und Aggregationskinetik amyloider Plaques untersucht. Eine
quantitative Auswertung von Plaquegrößen, -wachstumsraten und
-dichten in zwei Altersgruppen der frühen und späten amyloiden
Pathologie führte zur bisher detailliertesten in vivo
Charakterisierung in einem Alzheimer-Mausmodell. Für eine präzise
Messung der Plaquedichten wurde ein sehr großes Gehirnvolumen von 3
Kubikmillimeter pro Gruppe untersucht. In einem Langzeitversuch
über 15,5 Monate mit einer zeitlichen Auflösung von einer Woche
wurde erstmals eine komplette Kinetik des Plaquewachstums in einem
Mausmodell beschrieben, die den gleichen Verlauf einer
Sigmoid-Funktion aufwies, wie er bereits in vitro und in
Alzheimer-Patienten gezeigt wurde. Die Plaquedichte stieg
asymptotisch mit dem Alter an und folgte einer exponentiellen,
einphasigen Assoziationsfunktion. Neu entstandene Plaques wiesen
mit Abstand die kleinste Plaquegröße auf, die mit zunehmendem Alter
anstieg. Die lineare Plaquewachstumsrate, gemessen als Zuwachs des
Plaqueradius pro Woche, sank mit ansteigendem Alter der Mäuse, was
sich in einer negativen Korrelation der Plaquewachstumsrate mit der
Plaquedichte widerspiegelte. Sehr große Plaques wurden früh in der
Entstehungsphase gebildet und die Größe am Ende der Untersuchung
korrelierte mit ihrer Wachstumsrate. In der frühen Phase der
Plaqueentwicklung nahmen die Plaques mit einer maximalen
Wachstumsrate zu, die nicht durch die Abeta-Konzentration limitiert
war. Die Wachstumsraten individueller Plaques waren sehr breit
verteilt, was auf einen Einfluss lokaler Faktoren schließen ließ.
Dieser Befund wurde gestützt durch den Langzeitversuch, da kein
Zusammenhang zwischen den Wachstumsraten benachbarter Plaques
detektiert wurde. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen ein
physiologisches Wachstumsmodell, in dem Plaques sehr langsam über
große Zeiträume wachsen bis zum Erreichen eines Äquilibriums. Durch
die nachgewiesenen Parallelen zu den Befunden von in vitro Studien
und in vivo Ergebnissen von Alzheimer-Patienten stellen die
beschriebenen Zusammenhänge eine wertvolle Grundlage für die
Translation von Ergebnissen zwischen präklinischer und klinischer
Forschung zur Entwicklung von Abeta-senkenden Therapien dar. Im
dritten Teil der Arbeit wurden die Effekte einer passiven
Immunisierung gegen das Abeta-Peptid oder Abeta-Oligomere
untersucht. Nach einer zweimonatigen Antikörper-Behandlung wurden
keine Unterschiede in der Plaqueentstehungs- und
Plaquewachstumskinetik gemessen. Eine in der Literatur beschriebene
Akkumulation von Abeta-Oligomeren konnte durch eine in vivo
Visualisierung mit einem hochspezifischen Antikörper gegen diese
Molekülspezies nicht bestätigt werden. Lösliche Abeta-Peptide oder
Abeta-Aggregate akkumulierten erwartungsgemäß um den amyloiden Kern
von Plaques. Am Ende der Immunisierungsstudie wurde die synaptische
Pathologie mittels immunhistochemischer Färbung der Prä- und
Postsynapsen mit den Markern Synapsin und PSD-95 untersucht.
Innerhalb amyloider Plaques wurden sehr niedrige Synapsendichten
gemessen, die mit zunehmender Entfernung zum Plaque asymptotisch zu
einem Plateau anstiegen. Diese Analyse zeigte erstmals, dass der
Einflussbereich der toxischen Wirkung amyloider Plaques für
Präsynapsen wesentlich größer ist als für Postsynapsen, was auf
eine höhere Sensibilität von Präsynapsen schließen lässt. Abseits
von Plaques im Cortex waren die Synapsendichten niedriger im
Vergleich zu Wildtyptieren, wie durch den Vergleich der Plateaus
gemessen wurde. Beide therapeutischen Antikörper zeigten eine
partielle Normalisierung der Synapsendichte. Daraus folgt, dass die
Abeta-Oligomere ursächlich für die Synapsenpathologie waren, da
eine spezifische Neutralisierung dieser Abeta-Aggregate für einen
Therapieeffekt ausreichte. Diese Ergebnisse bestätigen in vivo die
toxische Wirkung von Abeta-Oligomeren auf Synapsen und beweisen
eine mögliche Neutralisierung dieser löslichen Abeta-Aggregate
durch eine passive Immunisierung.
stellt aufgrund der steigenden Lebenserwartung eine sehr große
ökonomische und emotionale Belastung für Patienten, deren Familien
und die gesamte Gesellschaft dar. Eine Verringerung dieser
Belastung erfordert dringend krankheitsmodifizierende Therapien,
die bisher nicht zur Verfügung stehen. Als wahrscheinlichste
Erklärung für die molekularen Ursachen der Krankheit wurde in der
Amyloid-Kaskaden-Hypothese postuliert, dass die Akkumulation und
Aggregation des Abeta-Peptids das zentrale Ereignis darstellt.
Infolgedessen kommt es zu synaptischen Beeinträchtigungen durch
Abeta-Oligomere, Entzündungsreaktionen durch unlösliche
Abeta-Aggregate in Form von amyloiden Plaques, progressiven
Schädigungen von Synapsen und Neuronen, oxidativem Stress, der
Hyperphosphorylierung des Mikrotubuli-assoziierten Proteins Tau und
einem Neuronenverlust. Das Abeta-Peptid wird durch sequentielle
Spaltung des Amyloid-Vorläuferproteins (APP) durch die beta- und
gamma-Sekretase konstitutiv im Gehirn produziert. In der
vorliegenden Arbeit wurden die Auswirkungen der Überexpression
eines humanen APP mit der schwedischen Mutation auf Synapsen und
die Akkumulationskinetik des Abeta-Peptids zu amyloiden Plaques in
einem Alzheimer-Mausmodell (Tg2576) untersucht. Die detaillierte
Charakterisierung des Mausmodells wurde in einer Therapiestudie
umgesetzt, in der eine passive Immunisierung gegen das Abeta-Peptid
oder Abeta-Oligomere getestet wurde. Im ersten Teil der Arbeit
wurde der Einfluss der Überexpression des APP auf dendritische
Spines untersucht, die das postsynaptische Kompartiment
glutamaterger Synapsen entlang von Dendriten bilden. Als
Reporter-Tiere wurden Mäuse verwendet, die das gelbfluoreszierende
Protein YFP in einem Teil der pyramidalen Neuronen des Cortex
exprimieren. Mithilfe der in vivo Zwei-Photonen-Mikroskopie wurden
die denritischen Spines an den apikalen Dendriten der Schicht
II/III und V Neurone im somatosensorischen Cortex analysiert. Die
Überexpression des APP führte zu einem differentiellen Effekt,
wobei in Schicht II/III Neuronen keine Änderung und in Schicht V
Neuronen eine Erhöhung der Dichte dendritischer Spines gemessen
wurde. Eine detaillierte Charakterisierung zeigte eine Mehrzahl an
stabilen Spines als ursächlich für die erhöhte Spinedichte, während
keine zeitliche Änderung der Spinedichte über sechs Wochen
detektiert wurde. Auch die Morphologie der dendritischen Spines war
unverändert. Diese Ergebnisse deuten auf eine mögliche
physiologische Rolle von APP und/oder dessen proteolytische
Fragmente an Synapsen. Ein wichtiges neuropathologisches Merkmal
von Morbus Alzheimer sind amyloide Plaques, die durch Aggregation
des Abeta-Peptids zu Amyloidfibrillen mit einer gekreuzten
beta-Faltblattstruktur entstehen. Demzufolge wurde im zweiten Teil
der vorliegenden Arbeit mithilfe der in vivo
Zwei-Photonen-Mikroskopie, unter der wiederholten Anwendung des
spezifischen fluoreszenten Markers Methoxy-X04, die Entstehungs-
und Aggregationskinetik amyloider Plaques untersucht. Eine
quantitative Auswertung von Plaquegrößen, -wachstumsraten und
-dichten in zwei Altersgruppen der frühen und späten amyloiden
Pathologie führte zur bisher detailliertesten in vivo
Charakterisierung in einem Alzheimer-Mausmodell. Für eine präzise
Messung der Plaquedichten wurde ein sehr großes Gehirnvolumen von 3
Kubikmillimeter pro Gruppe untersucht. In einem Langzeitversuch
über 15,5 Monate mit einer zeitlichen Auflösung von einer Woche
wurde erstmals eine komplette Kinetik des Plaquewachstums in einem
Mausmodell beschrieben, die den gleichen Verlauf einer
Sigmoid-Funktion aufwies, wie er bereits in vitro und in
Alzheimer-Patienten gezeigt wurde. Die Plaquedichte stieg
asymptotisch mit dem Alter an und folgte einer exponentiellen,
einphasigen Assoziationsfunktion. Neu entstandene Plaques wiesen
mit Abstand die kleinste Plaquegröße auf, die mit zunehmendem Alter
anstieg. Die lineare Plaquewachstumsrate, gemessen als Zuwachs des
Plaqueradius pro Woche, sank mit ansteigendem Alter der Mäuse, was
sich in einer negativen Korrelation der Plaquewachstumsrate mit der
Plaquedichte widerspiegelte. Sehr große Plaques wurden früh in der
Entstehungsphase gebildet und die Größe am Ende der Untersuchung
korrelierte mit ihrer Wachstumsrate. In der frühen Phase der
Plaqueentwicklung nahmen die Plaques mit einer maximalen
Wachstumsrate zu, die nicht durch die Abeta-Konzentration limitiert
war. Die Wachstumsraten individueller Plaques waren sehr breit
verteilt, was auf einen Einfluss lokaler Faktoren schließen ließ.
Dieser Befund wurde gestützt durch den Langzeitversuch, da kein
Zusammenhang zwischen den Wachstumsraten benachbarter Plaques
detektiert wurde. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen ein
physiologisches Wachstumsmodell, in dem Plaques sehr langsam über
große Zeiträume wachsen bis zum Erreichen eines Äquilibriums. Durch
die nachgewiesenen Parallelen zu den Befunden von in vitro Studien
und in vivo Ergebnissen von Alzheimer-Patienten stellen die
beschriebenen Zusammenhänge eine wertvolle Grundlage für die
Translation von Ergebnissen zwischen präklinischer und klinischer
Forschung zur Entwicklung von Abeta-senkenden Therapien dar. Im
dritten Teil der Arbeit wurden die Effekte einer passiven
Immunisierung gegen das Abeta-Peptid oder Abeta-Oligomere
untersucht. Nach einer zweimonatigen Antikörper-Behandlung wurden
keine Unterschiede in der Plaqueentstehungs- und
Plaquewachstumskinetik gemessen. Eine in der Literatur beschriebene
Akkumulation von Abeta-Oligomeren konnte durch eine in vivo
Visualisierung mit einem hochspezifischen Antikörper gegen diese
Molekülspezies nicht bestätigt werden. Lösliche Abeta-Peptide oder
Abeta-Aggregate akkumulierten erwartungsgemäß um den amyloiden Kern
von Plaques. Am Ende der Immunisierungsstudie wurde die synaptische
Pathologie mittels immunhistochemischer Färbung der Prä- und
Postsynapsen mit den Markern Synapsin und PSD-95 untersucht.
Innerhalb amyloider Plaques wurden sehr niedrige Synapsendichten
gemessen, die mit zunehmender Entfernung zum Plaque asymptotisch zu
einem Plateau anstiegen. Diese Analyse zeigte erstmals, dass der
Einflussbereich der toxischen Wirkung amyloider Plaques für
Präsynapsen wesentlich größer ist als für Postsynapsen, was auf
eine höhere Sensibilität von Präsynapsen schließen lässt. Abseits
von Plaques im Cortex waren die Synapsendichten niedriger im
Vergleich zu Wildtyptieren, wie durch den Vergleich der Plateaus
gemessen wurde. Beide therapeutischen Antikörper zeigten eine
partielle Normalisierung der Synapsendichte. Daraus folgt, dass die
Abeta-Oligomere ursächlich für die Synapsenpathologie waren, da
eine spezifische Neutralisierung dieser Abeta-Aggregate für einen
Therapieeffekt ausreichte. Diese Ergebnisse bestätigen in vivo die
toxische Wirkung von Abeta-Oligomeren auf Synapsen und beweisen
eine mögliche Neutralisierung dieser löslichen Abeta-Aggregate
durch eine passive Immunisierung.
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