Lesung: Buchvorstellung: Oskar Panizza – "Eine Biografie" und "Ein Lesebuch" (edition monacensia)
1 Stunde 8 Minuten
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Beschreibung
vor 5 Jahren
Kein anderer deutschsprachiger Schriftsteller saß wegen einer
Buchveröffentlichung ein Jahr im Zuchthaus. Viele von Oskar
Panizzas Büchern wurden beschlagnahmt. Angeklagt wegen Blasphemie
und Majestätsbeleidigung, ging er aus der Einzelhaft ins Exil –
nach Zürich, nach Paris, in den Wahn.
Von Kurt Tucholsky und Walter Benjamin verehrt, von
NS-Funktionären mit pervertierten Texten ans Hakenkreuz
geschlagen und nach dem Weltkrieg wiederentdeckt, kann in der
Biografie zu Oskar Panizza nun belegt werden, dass der Exilant im
Antisemitismus eine drohende Gefahr für Europa sah und gerade
wegen seines Pamphlets »Abschied von München« endlich in die
Erinnerungskultur Bayerns einbezogen werden muss.
Heute, wenn Einer einen freien Gedanken ausspricht, bleiben ihm
nur drei Wege: Irrenhaus, Gefängnis oder die Flucht. Bekent er
sich offen zur Geisteskrankheit, so drückt der Bezirksarzt ein
Auge zu und – er verschwindet. Ist er hartnäckig und bleibt auf
seinem Verstande stehen, dann nimt das Gericht seinen Lauf und –
er verschwindet. Verläßt er das Land des Asfalts, bevor ihm die
Schuhsohlen verbrennen, so schließt sich hinter ihm die Barriere
und – er verschwindet.« Oskar Panizza
Das war sein Leben, darüber schrieb er. Das »Panizza-Lesebuch«
zeigt den wütenden, den verzweifelten, aber auch den bisher kaum
bekannten humorvollen, spöttischen Panizza in Prosa, Briefen,
Gedichten und essayistischen Texten. Neuentdecktes gegen den
Katholizismus und über die Passionsspiele in Oberammergau
erinnert an den Pamphletisten, Volkskundler und
Theaterwissenschaftler. Seine erstmals vollständig gedruckten
Notizen aus dem Amberger Zuchthaus spiegeln Gefängnistexte von
Rosa Luxemburg bis Peter-Paul Zahl wider. In Korrespondenz mit
emanzipierten Schriftstellerinnen stellt das »Panizza-Lesebuch«
erstmals auch den amourösen Mephisto Panizza vor. Von seiner
militant religiösen Mutter überwacht und als Zögling einer
pietistischen Knabenschule möglicherweise missbraucht, taumelte
er in seinen Fantasien ein Leben lang zwischen großen Frauen wie
Franziska zu Reventlow und schlichten Freudenmädchen.
Sie hören eine Veranstaltung des Allitera Verlages.
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