Literaturkritik.de: "Die Schutzbefohlenen", "Wut", "Unseres" – Elfriede Jelinek publiziert drei neue Theaterstücke
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Beschreibung
vor 5 Jahren
Was bei der Lektüre dieser Texte sofort ins Auge springt,
erstaunt, ja befremdet, ist ihr – wie sagte man früher? – „hoher“
oder „tragödienfähiger“ Ton. Schon auf der ersten Seite ist vom
„Verlassen der heiligen Heimat“ die Rede, vom „Wißbaren aus
unserem Leben“, von den „Himmlischen“ und einem Land,
„liebreicher als dieses“: Vokabular und Syntax aus den
Klassikerübersetzungen des 19. Jahrhunderts! Wären da nicht schon
bald die vertrauten Kalauer und Jelinekschen Teekesselspielchen,
mit denen Land „betreten“, im nächsten Satz aber „betreten“
herumgestanden wird, während man ein „Papier“ übergibt, obwohl
man keine „Papiere“ vorweisen kann usw.: man wähnte sich in einer
antiken Tragödie. Kein Zufall, gewiss, denn dieser antikisierende
Sound hat eine klare Funktion. Besonders im ersten Text dieses
schön gestalteten Sammelbands, dem bereits als Hörbuch und DVD
publizierten, an Aischylos angelehnten und in den letzten Jahren
vielfach aufgeführten Theaterstück „Die Schutzbefohlenen“
(Uraufführung 2014), entfaltet sich dieses Pathos mit voller
Wucht. Doch dieser Rückgriff auf abendländisches Kulturgut ist
bei Jelinek alles andere als ein bildungsbürgerlicher Wink mit
dem allgemein Menschlichen. Es geht nicht um Überhöhung und auch
nicht um intertextuelle Spielereien. Vielmehr geht es darum,
Gegenwärtiges ins grelle Licht von Historie und Mythos zu
tauchen, die Tagespolitik der eigenen Epoche aus einer –
fingierten – historischen Distanz zu beleuchten, um das
Ungeheuerliche unserer Gegenwart als geschichtliches Ereignis zu
begreifen. …
Eine Rezension von Sabine Haupt
gelesen von Marlisa Thumm
Den Text zur Rezension finden Sie
hier.
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