Quantifizierung der Dentin-Abrasion am menschlichen Zahn - methodische Überlegungen und experimentelle In-vitro-Studien unter Verwendung von Zahnbürsten und einer „Zahnputz-Maschine“

Quantifizierung der Dentin-Abrasion am menschlichen Zahn - methodische Überlegungen und experimentelle In-vitro-Studien unter Verwendung von Zahnbürsten und einer „Zahnputz-Maschine“

Beschreibung

vor 17 Jahren
Die Prophylaxe gewinnt nicht zuletzt auch angesichts des
notwendigen finanziellen und gesellschaftlichen Sparpotentials
immer stärker an Bedeutung; nicht zu Unrecht, da schließlich die
meisten kariösen und parodontalen Läsionen durch rechtzeitige,
fachgerecht und regelmäßig durchgeführte Prophylaxemaßnahmen in
ihrer Entstehung vermieden werden könnten, so auch gesundheitliches
Wohlbefinden fördernd. Das nach wie vor verbreitetste und am
häufigsten angewandte „Prophylaxe-Werkzeug“ ist zweifellos die
Handzahnbürste. Die vorliegende Untersuchung setzte sich zum Ziel,
Unterschiede bezüglich der Dentinabrasivität zwischen verschiedenen
aktuellen Handzahnbürsten mit hohem Marktdurchsatz zu ermitteln.
Wie sich herausstellte, erwiesen sich die ausgewählten modernen
Handzahnbürsten mit ebensolchem Bürstenkopfdesign ausnahmslos als
signifikant weniger abrasiv im Vergleich zu der Referenzzahnbürste,
der „ADA Control“. Die ADA Control - Zahnbürste verfügt dabei über
ein einfaches Design mit geraden Borsten und planem Borstenfeld.
Bereits dieses Ergebnis zeigt, eine wie rasante Entwicklung die
Handzahnbürsten in den letzten Jahren genommen haben. Nicht nur das
Aussehen hat dabei eine spürbare Verbesserung erfahren und sich dem
Zeitgeschmack angepaßt, sondern auch die Eigenschaften wurden
offensichtlich (hier die Abrasivität) deutlich verbessert. Im
gesamten Testfeld zeigten drei Zahnbürsten auffallend günstige
Eigenschaften in Bezug auf den Dentinverschleiß. Die „Dr. Best
Brillant sensitive“, die „Oral B Advantage Plus“ und die „Dr. Best
X-Sensorkopf sensitive“ zeigten die geringsten
Dentinabrasionstiefen. Das Ergebnis läßt den Schluß zu, daß diese
Bürsten Patienten mit parodontal vorgeschädigtem Gebiß besonders zu
empfehlen sind. Gegen diese Empfehlung ist aus Sicht der
Abrasionswirkung auch gewiß nichts einzuwenden, Aussagen über die
Reinigungswirkung lassen sich daraus jedoch nicht ableiten. Es ist
durchaus denkbar (aber keinesfalls sicher, bewegen wir uns mit
folgender Schlußfolgerung doch im spekulativen Raum), daß die
Bürsten mit der geringsten abrasiven Wirkung nur eine
unterdurchschnittliche Reinigungswirkung zeigen. Hier liegt ein
Schwachpunkt der Ergebnisse. Um zuverlässige Empfehlungen
aussprechen zu können, sollte zukünftig parallel zum Verschleiß an
der Zahnoberfläche auch die Reinigungswirkung getestet werden.
Schließlich ist in der Reinigung der eigentliche Zweck der
Handzahnbürste zu sehen! Ein weiteres Anliegen dieser Untersuchung
war es, eine validierbare und zuverlässige Methode zur Testung von
Zahnbürsten zu entwickeln. Um die Leistungsfähigkeit des
Versuchsaufbaues zu verbessern, mußten exemplarisch zahlreiche
Modifikationen an der „Zahnputz-Maschine“ vorgenommen werden. Es
wurden beispielsweise neue Halterungen für die Handzahnbürsten
entworfen, da die neuen Bürsten über teilweise sehr dicke,
ergonomisch gestaltete Handgriffe verfügen. Die alten Halter waren
für obige Studie wertlos. Ebenso mußten die Eichgewichte am Putzarm
neu hergestellt und in ihrer Bauform geändert werden, um unseren
Ansprüchen gerecht zu werden. Die Abrasiv-Slurry-Bäder wurden
modifiziert, um einen reibungslosen Versuchsablauf zu
gewährleisten. Auch Adapter, die sicherstellen, daß die Zahnbürsten
während des gesamten Versuches in der vollen Länge des
Bürstenkopfes aufliegen, wurden erdacht und hergestellt. Selbst die
Matrize zur Probeneinbettung war zu ändern, die Schlitzfräsung
wurde von 14mm auf Maximallänge von ca. 20mm vergrößert, um den
Einbau größerer Proben zu ermöglichen, anderenfalls hätten zur
Auswertung keine ungeputzten Dentinareale als Referenzflächen mehr
genutzt werden können. Da sich die Matrize als tauglich erwiesen
hat, sollte eine weitere Matrizenvariante aus dauerhaftem Stahl
hergestellt werden und die mechanisch anfällige Variante aus
Aluminium ersetzen. Im Rückblick sei auch kritisch vermerkt, daß
sich der Nachschub an extrahierten menschlichen Zähnen zur
Dentinprobengewinnung problematisch darstellt, herrscht doch oft
Mangel an geeigneten Zähnen. Zudem lassen sich Störfaktoren von
außen oder Lagerungsfehler nur schwer beeinflussen oder erkennen,
da man notwendigerweise auf viele verschiedene Quellen
zurückgreifen muß. Beispielsweise wurden stark gebleicht aussehende
Zähne nicht zur Probengewinnung herangezogen, um Fehler zu
vermeiden. Vermutlich wurden diese Zähne zu irgendeinem Zeitpunkt
nicht in physiologischer Kochsalzlösung, sondern in
Wasserstoffperoxid gelagert. Trotz Rückfragen war nicht
verifizierbar, ob es tatsächlich zu solchen Lagerungsfehlern
gekommen war. Obgleich die Verwendung von humanem Dentin sehr
realistische Ergebnisse erwarten läßt, stellt sich jedoch die
Frage, ob interindividuelle Unterschiede in der Dentinfestigkeit
nicht zufällige Fehler der Ergebnisse bedingen. Bei bovinem Dentin
hingegen bestehen kaum Nachschubprobleme. Außerdem lassen sich
Proben in nahezu beliebiger Größe wählen und verändern. Nicht
zuletzt ist es möglich, aus einem Rinderzahn, sogar aus ein und
derselben Dentinschicht mehrere Dentinproben zu gewinnen, die in
ihren Eigenschaften geradezu identisch sind. Ein weiterer Vorteil
bovinen Dentins ist die wesentlich geringere Infektionsgefahr für
den Experimentator im Gegensatz zu menschlichem Dentin, sieht man
von der Bovinen Spongoencephalopathie (BSE) ab. Die
Gleichwertigkeit bovinen Dentins im Vergleich zu humanem Dentin
beim Einsatz in Abrasionsversuchen ist inzwischen wissenschaftlich
gesichert (Imfeld, 2001). Daher sollte in zukünftigen
Untersuchungen vorrangig bovines Dentin als Probenmaterial
eingesetzt werden. Die vorliegenden Ergebnisse eröffnen insgesamt
die Möglichkeit zu weite-ren gezielten Untersuchungen, von
Zahnbürsten-Vergleichen bezüglich Abrasivität und Reinigungswirkung
sowie zu Studien mit Blick auf weitere Wirkmechanismen und
Interdependenzen von Abrasivität und Reinigungswirkung.

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