Beiträge der Wärmepumpen zur Sektorenkopplung

Beiträge der Wärmepumpen zur Sektorenkopplung

Im Gespräch: Prof. Uwe Franzke | Herr Markus Müller
24 Minuten
Podcast
Podcaster
Erkenntnisse und Erfahrungen aus Forschungsprojekten

Beschreibung

vor 2 Jahren

Herzlich Willkommen zur vierten Folge „Wissenschaft
praktisch erklärt“


Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe möchten wir neueste
Erkenntnisse und Erfahrungen aus Forschungsprojekten des ILK
Dresden vorstellen. 



Heute sprechen wir über Wärmepumpen, Sektorenkopplung und
Energiewende. 



Die Energiewende ist seit vielen Jahren in aller Munde. Die
Sektorenkopplung bezeichnet die umfassende Vernetzung aller
Sektoren der Energiewirtschaft und Industrie. Also den Austausch
von Energie, um wirklich alle fossilen Brennstoffe wie Gas, Kohle
und Benzin zu ersetzen. Den Wärmepumpen kommt dabei mit der
strombasierten Wärmeerzeugung eine ganz besondere Bedeutung
bei.



Das ILK Dresden arbeitet seit Jahrzehnten an der Verbesserung der
Wärmepumpen und deren Integration in Anwendungen. 



Mein Name ist Uwe Franzke. Ich bin der Geschäftsführer des ILK
Dresden. 



Ich begrüße unseren heutigen Gast ganz herzlich – Herrn Markus
Müller.



Er arbeitet im Bereich Kälte- und Wärmepumpentechnik des ILK seit
über 20 Jahren



Seine Themengebiete im ILK u.a.:


Wärmepumpen

Kälteanlagen/Prüfstände

Wärmeübertragung



Herzlich willkommen!



 


Herr Müller, wir werden heute über die Forschungsarbeiten zu den
Wärmepumpen sprechen und wollen den Podcast unter die Überschrift
stellen:



„Beiträge der Wärmepumpen zur Sektorenkopplung“
 


Was genau sind Wärmepumpen?


Obwohl der Begriff in aller Munde ist, stelle ich immer wieder
fest, dass viele Leute nicht genau wissen, was eine Wärmepumpe
ist, wie sie funktioniert und was die wichtigsten Randbedingungen
sind. Wir Ingenieure verwenden sehr gern Analogien, wenn wir
etwas erklären wollen. So will ich die Wärmepumpe mal mit einer
Wasserpumpe vergleichen, die Wasser aus einem Brunnen an die
Oberfläche befördert, um z.B. den Garten zu bewässern. Dazu kurz
der eigentlich triviale Hinweis, dass im Brunnen auch Wasser da
sein muss, dass ich hochpumpen kann. 



Da es den sogenannten Energieerhaltungssatz gibt – d.h. Energie
kann nicht erzeugt werden oder verschwinden, sondern nur
umgewandelt werden, betrachten wird die Wärme als Energieform,
die von einem niedrigen Temperaturniveau, also z.B. kalte
Außenluft oder Erdwärme, auf ein hohes Temperaturniveau gepumpt
wird. Hierzu wird elektrische Energie benötigt. Die technische
Einrichtung dafür ist eine Kältemaschine bzw. Wärmepumpe, die aus
einem oder mehreren Verdichtern und Wärmeübertragern besteht, in
denen ein sogenanntes Kältemittel zirkuliert. Je nach der
Temperaturdifferenz zwischen dem kalten und warmen
Temperaturniveau ist die elektrische Antriebsenergie nur ein
Bruchteil der gepumpten Wärme, hängt aber wie bei der Wasserpumpe
auch immer von der Höhe, also dem Temperaturhub, ab.



Mit einer kWh Strom kann ich also mehrere kWh Wärme für die
Beheizung oder Erzeugung von warmem Wasser bereitstellen. Wichtig
dabei ist zu beachten, dass ich die Wärmemenge auf dem niedrigen
Niveau auch zur Verfügung habe – wie in meinem Beispiel vorhin,
das Wasser. Und da kommt dann schon die Sektorkopplung ins
Spiel.



Wie genau geschieht die Integration der Wärmepumpen in
die Sektorenkopplung?


Der Begriff Sektorenkopplung meint heute meistens die Verknüpfung
der Bereiche Elektroenergie, Wärme, Kälte, ggf. noch Verkehr –
und dies aus Angebots- und Nachfragesicht, was also auch die
Speicherung mit einbezieht. Insbesondere im Hinblick auf
erneuerbare Energien, die bekanntermaßen sehr ungleichmäßig zur
Verfügung stehen, ist es notwendig, intelligente Strategien zu
entwickeln. Die Wärmepumpe als Schnittstelle zwischen
Elektroenergie und Wärme kann hier einen großen Beitrag leisten.
Zum Beispiel kann Wärme erzeugt und gespeichert werden, wenn
ausreichend Strom zur Verfügung steht und dann genutzt werden,
wenn gerade Flaute ist. So könnte nach und nach das Verbrennen
von Öl und Gas durch erneuerbaren Strom ersetzt werden.



Was war Ihre Motivation, sich mit diesem Thema zu
beschäftigen?


Ich bin in der klassischen Kältetechnik gestartet. Kältemaschinen
und Wärmepumpen sind eigentlich die gleichen Maschinen – nur das
ich bei der Kältemaschine die kalte Seite nutze, z.B. entziehe
ich im Kühlschrank dem Innenraum Wärme, und bei der Wärmepumpe
die warme Seite, also da, wo die Maschine Wärme abgibt. Ich sehe
die Wärmepumpe als Schlüsseltechnologie, um eine „fossilfreie“
Wärmebereitstellung zu ermöglichen. 



Welche gesamtgesellschaftlichen Möglichkeiten bietet die
Berücksichtigung der Wärmepumpe bei der
Energiewende?


Abgesehen von der Verbrennung von nachwachsenden Rohstoffen wie
Biogas oder Holz ist die Wärmepumpe eine elegante und sehr
effiziente Einrichtung zur Bereitstellung von Wärme. Dies
betrifft den großen Sektor der Gebäudebeheizung, aber auch in der
Industrie wird viel Wärme benötigt, die irgendwann komplett aus
erneuerbaren Energien kommen muss. Sogenannter grüner Wasserstoff
aus erneuerbarem Strom kann meiner Meinung nach nur einen kleinen
Teil dieser Anwendungen versorgen.



Wichtig dabei ist, dass der Strom zum Antrieb der Wärmepumpen
natürlich aus regenerativen Quellen stammen muss. Und hier liegen
die größten Herausforderungen, denn wenn auch noch der Verkehr
elektrifiziert werden soll, dann benötigen wir ein Vielfaches des
bisher erzeugten regenerativen Stroms. Je effizienter die
Wärmepumpe, umso weniger Strom benötige ich aber.



Sie untersuchen seit vielen Jahren die Leistungsparameter
von Wärmepumpen. Gibt es da deutliche
Verbesserungen?


Es ist immer wieder erstaunlich, welche Verbesserungen über die
letzten Jahre bei der Effizienz von Wärmepumpen erreicht wurden.
Momentan erreichen sehr gute Wärmepumpen etwas über 50% des
theoretisch überhaupt nur erreichbaren Effizienzwertes, des
sogenannten Carnot-Gütegrades. Die größten Verluste entstehen
dabei im Verdichter und in den Wärmeübertragern, welche die
wichtigsten Bauteile einer Wärmepumpe darstellen. Sich immer
weiter dieser theoretischen Grenze anzunähern, ist unsere
Aufgabe. Aber auch die Verbesserung der Randbedingungen – also
möglichst warme Wärmequellen zu nutzen und im Gegenzug die
Nutztemperaturen soweit es geht zu drücken (Stichwort
Fußbodenheizung als Niedertemperatursystem) ist eine Aufgabe zur
Effizienzsteigerung von Wärmepumpenanlagen.



Welche Probleme sehen Sie bei der Anwendung im
System?


Die Ausbauziele der Bundesregierung sehen in den nächsten Jahren
die Installation von 6 Millionen Wärmepumpen vor. Neben der
Herstellung muss das auch für die Installation gut organisiert
sein. Wichtig ist, dass die Installateure möglichst gut für die
Einbindung in das Wärmequellen und –senkensystem geschult sind.
Prinzipiell ist eine Wärmepumpe wie eine normale Heizung, aber es
gibt aus meiner Sicht mehr Dinge, die ich bei der Installation
falsch machen kann.



Groß- bzw. Industriewärmepumpen können in dieser Hinsicht anders
betrachtet werden. Da diese Projekte von speziellen Anlagenbauern
errichtet werden, kommt hier dem Konzept und der Planung eine
besondere Rolle zu. Hier haben wir im ILK eine besondere
Kompetenz entwickelt.



Bis zu welcher Leistungsgröße sind Wärmepumpen
interessant?


Die kleinsten Wärmepumpen sehe ich im Bereich von ca. 1 kW
Leistung, etwa vergleichbar mit Klimageräten für einen
Einzelraum. Großwärmepumpen etwa für die Versorgung von
Fernwärmenetzen haben Leistungen von mehrere Megawatt. Es gibt
also praktisch keine technische Grenze. Man muss aber immer die
speziellen Randbedingungen beachten – insbesondere, ob sinnvolle
Wärmequellen zur Verfügung stehen.



Gibt es besondere wissenschaftliche
Herausforderungen?


Neben der Weiterentwicklung der einzelnen Komponenten der
Wärmepumpe, wie Verdichter, Wärmeübertrager oder Expansionsorgan,
sehe ich vor allem die Herausforderung, für den großen Bereich
der Wärmebereitstellung in der Industrie, insbesondere im höheren
Temperaturbereich, z.B. bei der Dampferzeugung, effiziente und
zuverlässige Wärmepumpen zur Verfügung zu stellen. 



Wenn die letzten Effizienz-Prozente herausgeholt werden sollen,
kommen Details eine hohe Bedeutung zu. Beispielhaft seien hier
die Auswahl des Kältemittels oder die spezielle Anpassung der
Maschine an die Quellen- und Senkentemperaturen genannt. Die
Nutzung von vielfach vorhandenen Abwärmequellen ist wichtig, aber
nicht immer ganz leicht. Auch die Sicherheitsproblematik,
insbesondere bei den umweltfreundlichen Kältemitteln, ist immer
wieder ein Thema.



Wo sehen Sie die Wärmepumpen in 20 Jahren?
Ich denke, in 20 Jahren wird die Wärmepumpe die Verbrennung von
fossilen Brennstoffen zur Wärmebereitstellung weitgehend
verdrängt haben. Die aktuellen globalen Entwicklungen zeigen ja
gerade recht deutlich, dass es höchste Zeit wird, hier
signifikant voran zu kommen.



 



Zusammenfassung



Wärmepumpen sind ein wichtiger Baustein für die
heizungstechnische Versorgung von Gebäuden und technologischen
Prozessen. Die Verbindung von natürlichen Kältemitteln und Strom
aus erneuerbaren Energien schafft ein Heizungssystem mit der
geringsten ökologischen  Belastung. Wertvolle Energieträger,
wie z.B. Wasserstoff, können dadurch für andere Anwendungen im
Bereich der Schwerindustrie bereitgehalten werden.
Gesamtgesellschaftlich eine Win-Win-Situation!



 



Herzlichen Dank für die Vorstellung Ihrer Forschungsarbeiten und
weiterhin viel Erfolg!

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