Joseph Roth: Die Welt mit den zwei Seiten

Joseph Roth: Die Welt mit den zwei Seiten

14. Oktober 1922
5 Minuten
Podcast
Podcaster
Der Podcast mit täglich einer Zeitungsnachricht aus der Welt vor hundert Jahren

Beschreibung

vor 2 Jahren
Die alten Römer verehrten Janus, den Gott des Anfangs und des
Endes, den Gott, der die Dualität in den ewigen Gesetzen
symbolisierte. Der oftmals doppelgesichtig Dargestellte stand für
die Verknüpfung von Zerstörung und Schöpfung, von Licht und
Dunkelheit oder von Leben und Tod. Dass der Mensch in sich auch
janusköpfig ist, indem er widersprüchliche Emotionen und
Beweggründe in sich trägt, dämmerte dementsprechend nicht erst dem
Schriftsteller und fleißigen Feuilletonisten Joseph Roth, der am
14. Oktober 1922 über die Dualität der Welt für den Vorwärts
schrieb. Seine Überlegung, die ausgeht von der Beobachtung des
Rathenau-Prozesses, bleibt aber nicht auf der Ebene der
Beschreibung einer anthropologischen Grundkonstante, sondern
entwickelt eine klare politische und pazifistische Position. Für
die mußte Roth sich beim Vorwärts sicherlich nicht rechtfertigen,
wo er vorübergehend publizierte, nachdem er kurz zuvor beim
Berliner Börsen-Courier gekündigt hatte – mit folgender Begründung:
„Ich kann wahrhaftig nicht mehr die Rücksichten auf ein
bürgerliches Publikum teilen und dessen Sonntagsplauderer bleiben,
wenn ich nicht täglich meinen Sozialismus verleugnen will.“ Seine
Betrachtung der Welt mit zwei Seiten liest für uns Frank Riede.

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