So lief die Recherche in der Telegram-Gruppe "Dresden Offlinevernetzung"

So lief die Recherche in der Telegram-Gruppe "Dresden Offlinevernetzung"

Das Auffallen der Morddrohungen gegen Michael Kretschmer auf Telegram ist Leistung der Reporter Arndt Ginzel und Henrik Merker. Im CoronaCast geben sie Einblick in ihre Recherche.
46 Minuten
Podcast
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Beschreibung

vor 2 Jahren
Die Investigativ-Journalisten Arndt Ginzel und Henrik Merker haben
in dieser Woche offengelegt, wohin das Verbreiten von Hass und
Desinformation führen kann. In einem Bericht für das ZDF-Magazin
Frontal berichten sie darüber, wie sich die Kommunikation in einer
Telegramgruppe aus dem virtuellen Raum in die Realität verlagert
hat. Im CoronaCast, dem Podcast von Sächsische.de, berichten die
Journalisten von ihrem Erleben während einer verdeckten Recherche.
"Um ehrlich zu sein, war es Beifang", sagt Merker. Er sei beim
Suchen nach bestimmten Schlagworten wie etwa "Waffe" auf die
Telegramgruppe mit dem Namen "Dresden Offlinevernetzung" gestoßen.
"Im Grunde hätte das jeder finden können, weil die Gruppe
öffentlich gewesen ist." Schließlich sei den Reportern schnell
deutlich geworden, dass die Mitglieder der Gruppe bestehende
Corona-Maßnahmen nicht nur kritisieren, sondern in politisch
Handelnden die Köpfe einer "Corona-Diktatur" sehen. In Beiträgen
sei davon gesprochen worden, sich bewaffnet zu haben, berichten die
Reporter und berufen sich auf dokumentierte Audio-Mitschnitte. Die
Gewaltphantasien gipfeln bekanntlich in Morddrohungen gegen
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, die inzwischen
Ermittlungen des LKA zur Folge haben. Drohungen, rohe Sprache und
Ankündigungen von Gewalt sind vor allem auf dem Nachrichtendienst
Telegram keine Seltenheit. Eine neue Dimension sehen Ginzel und
Merker aber darin, dass sich Menschen, die sich in großer Zahl in
einer Chatgruppe organisiert hatten, nun auch real zu treffen
schienen. "Wir wollten herausfinden, ob es diese Zusammenkünfte
wirklich gibt und was dabei genau besprochen wird." Nach ein paar
Wochen Beobachtung sei schnell klar geworden, dass sich die
Telegramgruppe von anderen unterscheide. Den Erkenntnissen der
Journalisten zufolge hatten bis zu jenem Treffen am vergangenen
Wochenende, von dem auch Bilder in dem ZDF-Bericht zu sehen waren,
bereits mindestens sieben weitere vorher stattgefunden. "Bei diesen
Treffen ging es nicht darum, um darüber zu reden, wie man ein Auto
repariert, sondern explizit darum, wie man einen
Ministerpräsidenten umbringt." Die Reporter berichten auch von der
Situation, als sie die Teilnehmer dieses konspirativen Treffens
aufsuchten und mit deren Aussagen konfrontierten. "Man hat gespürt,
dass sie über unser Erscheinen erschrocken waren", sagt Ginzel. Und
das, obwohl sämtliche Kommunikation öffentlich einsehbar gewesen
sei. Viel sei bei dem Treffen von den Teilnehmern nicht zu erfahren
gewesen. Um ein Bild davon zu bekommen, was diese Menschen
antreibe, würden jedoch deren Chats auf Telegram schon Hinweise
geben. "Man hat den Eindruck, dass einige von ihnen wirklich
glauben, was sie dort sagen. Man weiß zeitweise gar nicht, was
dringender wäre: das Einschreiten der Ermittlungsbehörden oder weil
es schon pathologisch erscheint, dass sie ärztliche Behandlung
brauchen." Es sei beängstigend, wie entschlossen und tief einige
Mitglieder der Gruppe in einem von Missinformation geprägten
Gedankengebäude festhingen. Infolge der Veröffentlichung des
ZDF-Beitrages der beiden Reporter hat die Debatte um eine stärkere
Regulierung des Nachrichtendienstes Telegram Fahrt aufgenommen.
Ministerpräsident Kretschmer sagte in einem Interview der "Welt",
dass die Betreiber der Plattform eine Verantwortung hätten, der sie
nicht gerecht werden würden. Er wie auch die übrigen
Regierungschefs der Länder fordern nun eine Regulierung auf
Grundlage des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Ginzel und Merker
halten ein staatliches Eingreifen bis hin zum Blockieren von
Telegram jedoch für den falschen Weg. Zwar könnten Ermittler mit
mehr Rechten ausgestattet werden, um Chats zu verfolgen. Einen
größeren Erfolg, glauben sie, könnte aber das Entgegensetzen von
Fakten bringen. "Das könnte eine zukünftige Aufgabe klassischer
Medien sein. Auf Telegram, also dort, wo sich diese Menschen
aufhalten."

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