Düstere Corona-Prognosen: Wie viel Platz müssen Sachsens Kliniken noch schaffen?

Düstere Corona-Prognosen: Wie viel Platz müssen Sachsens Kliniken noch schaffen?

90 Intensiv- und 200 Normalbetten müssen Sachsens Kliniken für Corona-Patienten bis Mitte Dezember schaffen. Professor Jochen Schmitt von der Uniklinik Dresden erklärt die Prognose.
34 Minuten
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Beschreibung

vor 2 Jahren
Spitzt sich die Lage weiter zu, stagnieren die Infektionszahlen
oder gehen sie tatsächlich ein wenig zurück? Aktuell ist es
schwierig, ein genaues Bild vom Infektionsgeschehen in Sachsen zu
bekommen. Verlässliche Daten liefert jedoch ein Prognosesystem der
Kliniken, das zumindest ein "Fahren auf Sicht" ermöglicht. Im
CoronaCast bei Sächsische.de erklärt Professor Jochen Schmitt vom
Zentrum für evidenzbasierte Gesundheitsversorgung an der Uniklinik
Dresden das an seinem Institut entwickelte Instrument - und was es
für die kommenden 14 Tage vorhersagt. Mit dem sogenannten "Dispense
Tool", wie das Prognoseinstrument heißt, sei in Sachsen bei aller
Dramatik der Pandemie ein großer Fortschritt in der
Gesundheitsversorgung gelungen. Schmitt schildert, was
ausschlaggebend für die Entwicklung jenes Instruments gewesen ist,
das es heute ermöglicht, im gesamten Freistaat jedes einzelne
Klinikbett hinsichtlich der erforderlichen Versorgungslage von
Covid-Patienten im Voraus zu planen. Das Prognosesystem gehe auf
die Anfänge der Pandemie im März 2020 zurück. "Wir haben damals in
anderen Ländern erschreckende Bilder gesehen. Patienten, die
beatmet werden mussten, konnten einfach nicht versorgt werden."
Schmitt sagt, es sei sofort klar gewesen, dass es ein regional
übergreifendes System zur Steuerung von Patienten brauche, um
lokale Überlastungen zu verhindern. Oder anders: Damit immer klar
ist, wo noch ein Bett frei ist - und für wie lange. Mit den
Patientendaten, die alle sächsischen Kliniken in das Tool eingeben,
könnten die drei Leitstellen, also die Uniklinik Dresden und
Leipzig sowie das Klinikum Chemnitz, immer mit sieben bis 14 Tagen
Vorlauf für ihre Cluster die notwendigen Kapazitäten einsehen.
"Seit September sehen wir in dem Tool sachsenweit ein
exponentielles Wachstum", so Schmitt. Die Zahl der Patienten habe
sich teils wochenweise verdoppelt. Aktuell sind an diesem Mittwoch
2.083 Betten auf Normalstationen mit Covid-Patienten belegt, 586
auf Intensivstationen. Die Belegung liegt jetzt weit jenseits der
vormals als Vorwarn- bzw. Überlastungsstufe definierten Werte. Und
sie werden weiter steigen, sagt Schmitt beim Blick auf die aktuelle
Vorhersage. "Bei den Intensivstationen benötigen wir rund 600
Betten in einer Woche und 690 in zwei." Die aktuelle Kapazität
liegt derzeit bei 615 Betten. Bis Mitte Dezember, so Schmitt,
müssten in den Kliniken jetzt 90 Intensivplätze geschaffen werden.
Bei den Normalstationen sieht es ähnlich aus: "Wir haben berechnet,
dass wir in einer Woche 2.250 und in zwei Wochen 2.520 Betten
brauchen." Verfügbar sind, Stand heute: 2.347 Betten. Irgendwoher
müssen nun also rund 200 Betten kommen. "Es ist eine große Aufgabe,
diese Betten jetzt frei zu kriegen und vor allem auch dafür
Personal sowie Ärztinnen und Ärzten aus überwiegend fachfremden
Bereichen auf die Covid-Versorgung umzustellen", so Schmitt. Dass
bei dieser voll auf Corona ausgerichteten Versorgung die allgemeine
Gesundheitsversorgung leide, sei unumgänglich. "Und es ist schwer,
es Patienten, die lange auf Operationen gewartet haben, das jetzt
zu erklären." Damit sich an der Lage etwas nachhaltig ändern könne,
hält Schmitt drastische Maßnahmen für unausweichlich. "Mindestens
flächendeckend 2G und zusätzliches Testen", so der Wissenschaftler,
könnten einen Effekt bringen. Eine Vorhersage, wie sich die
Situation an den Kliniken bis Weihnachten oder Jahresende
entwickelt, könne er nicht geben. "Aber es dürfte klar sein, dass
wir das jetzt nicht exponentiell weiterlaufen lassen können."
Außerdem Themen des Podcastgesprächs: - Wie nutzt Sachsens
Regierung die Prognosen der TU Dresden? - Wird das sächsische
Prognosesystem bundesweit beispielhaft für Kliniken? - Wie viele
Patienten müssen noch aus Sachsen in andere Länder geflogen werden?
Das Podcast-Gespräch wurde über einen Videoanruf aufgezeichnet.
Alle am Gespräch beteiligten Personen saßen ausreichend weit
voneinander getrennt an verschiedenen Orten.

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