Wieso Gesundheitsämter die Einführung von Schnelltests kritisch sehen

Wieso Gesundheitsämter die Einführung von Schnelltests kritisch sehen

Die geplante Einführung von Schnelltests kritisieren die Ämter. Wieso, das erklärt Maik Riße vom Gesundheitsamt in Meißen.
50 Minuten
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Beschreibung

vor 3 Jahren
Maik Riße sucht im September 2019 eine neue Herausforderung.
"Corona habe ich damit allerdings nicht gemeint", sagt der
42-Jährige, der jetzt seit einem Jahr nichts anderes mehr als den
Krisenmodus kennt. Riße ist Verfahrensbetreuer beim Gesundheitsamt
des Landkreises Meißen. Im CoronaCast, dem Podcast zur Pandemie von
Sächsische.de, spricht er über seinen Job und gibt Einblicke in die
teils komplexen wie komplizierten Abläufe seiner Behörde. Man
könnte Riße auch als Systemadministrator bezeichnen, doch seine
Tätigkeit allein auf das Technische zu reduzieren, genügt nicht.
Denn nebenher schult er auch neues Personal, konferiert mit anderen
Ämtern, muss die Gesetze genau kennen und zusammen mit seinen
Kollegen oft Überbringer schlechter Nachrichten sein. Denn wenn das
Gesundheitsamt anruft, bedeutet das meist Quarantäne. Da sei
manchmal auch Fingerspitzengefühl gefragt. Bis vor kurzem hat die
Bundeswehr wie in allen 13 Gesundheitsämtern in Sachsen auch in
Meißen unterstützt. "Auf diese Jungs und Mädels war zu einhundert
Prozent Verlass", bedankt sich Riße bei den Soldaten. Allerdings:
"Unsere Soldaten kamen aus Bayern. Wenn sie mit ihrem Dialekt dann
auf unseren in Sachsen gestoßen sind, mussten sie schon erstmal den
Leuten klarmachen, dass da nicht ‘Verstehen Sie Spaß’ anruft." Doch
die Hilfskräfte hätten sich schnell gut eingefügt. Wie auch die
abgestellten Kräfte anderer Behörden. Im Meißner Gesundheitsamt ist
der Bedarf an Helfern mit Beginn der zweiten Welle im Oktober
sprunghaft gestiegen, erinnert sich Riße zurück. Vor Corona hätten
im Bereich Infektionsschutz dort vier Personen gearbeitet. "Jetzt
im Winter waren es zeitweise über 370." Momentan befinden sich die
Infektionszahlen in dem Landkreis wieder auf geringerem Niveau.
Nach dem Abzug der Bundeswehr sind es jetzt noch rund 165
Mitarbeiter, die täglich, wie Riße es sagt, an der "Corona-Front"
kämpften. Doch im Podcast-Gespräch wird schnell klar: Es gibt nicht
nur diese eine Front. Es gebe etliche Baustellen, meint er. "Was
auch klar ist, weil weder die Gesundheitsämter noch das
Infektionsschutzgesetz auf so eine Pandemie vorbereitet oder
ausgelegt waren." Und dennoch erscheint es verwunderlich, dass noch
bis Ende 2020 Laborergebnisse von Coronatests mit einer 40 Jahre
alten Technik an das Gesundheitsamt übermittelt worden sind: mit
dem Faxgerät. "Zum Glück hat sich das geändert. Jetzt übermitteln
die Labore ihre Daten elektronisch über die sogenannte
Demis-Schnittstelle." Die Mitarbeiter im Gesundheitsamt müssen
jetzt keine Faxe oder PDF-Dateien mehr abtippen. Die Gefahr, dass
sich Zahlendreher einschleichen, sei damit verschwunden. Seither
würde der Datenabgleich schneller gehen, weil nun ein einheitliches
Verfahren die Grundlage sei. "Und jetzt kommen womöglich bald
Schnelltests für jedermann. So gut das für den Einzelnen auch ist,
so problematisch ist das für die Gesundheitsämter." Riße sieht mit
den Schnelltests, deren Einführung zum 1. März vom Corona-Kabinett
der Bundesregierung zunächst gebremst ist, den gerade erst
errungenen Fortschritt schon wieder obsolet werden. Denn es sei
nicht geregelt, in welcher Form Testergebnisse übermittelt werden.
"Die einen schicken uns dann eine Excel-Tabelle, die anderen es
irgendwie anders. Am Ende tippen wir wieder alles händisch ab."
Außerdem sieht Riße noch einen anderen Nachteil: Während die Labore
verpflichtet seien, positive Corona-Testergebnisse den
Gesundheitsämtern mitzuteilen, gelte diese Verpflichtung für einen
häuslichen Schnelltest nicht. Weitere Themen des Podcast-Gesprächs
sind: Vergleich der Software-Lösungen SORMAS und Octoware
Zuständigkeiten der Ämter und ihre Bindung an Landkreisgrenzen Der
nur geringe Anteil der Gesundheitsämter an der Impfstrategie Die
Speicherung empfindlicher Gesundheitsdaten im Zuge der
Kontaktverfolgung Das Gespräch wurde über einen Videoanruf
aufgezeichnet. Alle Beteiligten saßen weit voneinander getrennt an
verschiedenen Orten.

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