Ängstlichkeit und Traumavorgeschichte der Eltern und Angst von Kindern vor einer medizinischen Untersuchung

Ängstlichkeit und Traumavorgeschichte der Eltern und Angst von Kindern vor einer medizinischen Untersuchung

Beschreibung

vor 13 Jahren
Angst vor dem Arzt und medizinischer Behandlung ist ein weit
verbreitetes Problem unter Kindern wie auch Erwachsenen. Gerade für
Kinder werden dadurch Arztbesuche zu traumatischen Ereignissen, die
auch langfristig Einschränkungen im geistigen oder körperlichen
Wohlbefinden bedeuten können. Präventionsprogramme wie das
„Teddy-Krankenhaus“ bemühen sich, diesen Entwicklungen durch
verschieden strukturierte Interventionen vorzubeugen. Angelehnt an
derartige Projekte wurde für diese Studie ein
Angstpräventionsprogramm konzipiert, bei dem Mädchen und Jungen aus
Kindergärten in München und Umgebung an einem Tag ihr Stofftier mit
in die Spielgruppe brachten, wo sie es zum “Teddy-Doktor“ begleiten
durften. Verteilt auf vier Gruppen wurde mit jedem Kind jeweils
eine der Interventionen „Teddy-Untersuchung“,
„Arztbilderbuch-Anschauen“, „Puppentheater zum Thema Arzt“ oder
„neutrales Memoryspiel“ durchgeführt. Vor und nach der Intervention
wurden die Kinder anhand einer Visualskala zu ihrer Angst vor dem
Arztbesuch befragt und eine Speichelprobe zur Messung des
Cortisolspiegels als physiologischem Stressparameter gewonnen. Die
Eltern füllten Fragebögen zu Eigenschaften und Erlebnissen des
Kindes und ihrer selbst aus. Die vorliegende Arbeit untersucht das
Angstverhalten der Kinder unter der besonderen Bedingung
mütterlicher Belastungen und bringt dazu die experimentell
gewonnenen Daten der Kinder in Zusammenhang mit den Angaben der
Eltern über eigene Ängstlichkeit (State-Trait Angst Inventar -
STAI-G) und traumatische Erfahrungen (Traumatic Antecedent
Questionnaire - TAQ). Studiendesign und Messinstrumente wurden in
einer Pilotstudie an 27 Kindern getestet und teilweise für die
Hauptstudie angepasst. An dieser nahmen 228 Kinder teil, davon 113
Mädchen und 115 Jungen. Bei den Kindern mit ängstlichen Eltern
fanden sich vor der Intervention keine erhöhten Angstwerte.
Allerdings fand in dieser Gruppe im Mittel kaum Angstreduktion
statt. Vielmehr erhöhte sich bei diesen Kindern der angegebene
Angstwert bei mehr Probanden als in der Gesamtstichprobe, so dass
sie sich nach der Intervention statistisch signifikant von den
anderen Kindern unterschieden. Es kann diskutiert werden, ob diese
Ergebnisse darauf hinweisen, dass diesen Kindern möglicherweise in
Zukunft eine besondere Behandlung angeboten wird oder dass diese
Kinder sogar von solch einem Programm ausgeschlossen werden
könnten. Kinder, deren Eltern über ein hohes Maß an
Traumatisierungen berichteten, gaben vor der Intervention
signifikant höhere Angstwerte an als die restliche Studiengruppe.
Verschiedene Übertragungsmechanismen müssen hier diskutiert werden.
Nach den Interventionen fanden sich bei den Kindern mit
traumatisierten Eltern vergleichbare Veränderungen in den
Angstangaben wie beim Rest der Kinder. Das Vorhandensein von
„protektiven Faktoren“ (hohe Werte in den Unterscores „Sicherheit“
und „Kompetenz“ im TAQ) bei den Eltern war mit signifikant
niedrigeren Angstwerten bei den Kindern verbunden. Die gemessenen
Speichelcortisolwerte waren durchgehend ungewöhnlich niedrig und
zeigten große interindividuelle Schwankungen in Höhe und Verlauf.
Eine Korrelation zwischen Angst- und Cortisolwert bestand
grundsätzlich nicht. Statistisch signifkante Unterschiede zwischen
den Gruppen wurden weder bei Betrachtung der Einzelwerte noch bei
einer Verlaufsanalyse über alle Messzeitpunkte oder beim Vergleich
von aus den Messwerten errechneten Flächenwerten (area under the
curve) deutlich. Bezüglich der verschiedenen Interventionen ließ
sich für die untersuchten Gruppen kein überlegenes Konzept
identifizieren. Die Ergebnisse sind – bei den niedrigen Fallzahlen
nach Verteilung der jeweils „Auffälligen“ auf die vier
Interventionsgruppen – als explorativ zu verstehen. Nachdem sich
über alle Gruppen hinweg kein signifikanter Unterschied zwischen
den Wirkungen der Kontrollintervention und der übrigen
Interventionsmodelle fand, sind die Ergebnisse als unspezifisch und
unabhängig von inhaltlicher Gestaltung der Intervention zu werten.

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