66. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 294, K06, VI

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Abschluss des Evolutionskapitels: Das Rechtssyste…
1 Stunde 1 Minute
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Ulrike Sumfleth und Joachim Feltkamp sind Luhmani…

Beschreibung

vor 1 Jahr
Abschluss des Evolutionskapitels: Das Rechtssystem hat nachweislich
eine eigenständige Evolution durchlaufen und sich zu einem operativ
geschlossenen Funktionssystem ausdifferenziert. Aber sind deshalb
auch seine soziale Bedeutung und „Größe“ gestiegen? Lässt die
Evolution Prognosen zu? Diese Fragen muten seltsam an. Wie und
woran sollte man die gesellschaftliche Bedeutung messen? Worauf
sollte man die Systemgröße beziehen – auf die Bevölkerungszahl? Die
Fragen könnten weder wissenschaftlich präzisiert werden, noch
ergibt es Sinn, das Rechtssystem isoliert zu betrachten, ohne
Gesellschaft und ohne andere Funktionssysteme, wie z.B. Politik,
Wirtschaft, Wissenschaft, Erziehung. Feststellen lässt sich, dass
die Bedeutung von Funktionssysteme im Alltag steigt. Das zeigt sich
auch an Versuchen, dies zu ändern (wie dem Ruf nach
„Bürokratie-Abbau“). Sie führen zwangsläufig in die Irre. Der Grund
ist, dass man dieselben Systemstrukturen, die Komplexität aufgebaut
haben, in Anspruch nehmen muss, um Komplexität abzubauen. Das
Wachstum von Funktionssystemen lässt sich zwar in absoluten Zahlen
feststellen. Sowohl die Größe der Gesellschaft, gemessen in
Bevölkerungszahlen, als auch ihre Komplexität sind gestiegen –
ebenso wie die systeminterne Komplexität innerhalb aller
Funktionssysteme. Aber das sagt nichts über die Bedeutung für die
Gesellschaft aus. Am ehesten könnten Zahlen von
Kommunikationseinheiten wiedergeben, wie hoch die soziale Bedeutung
des Rechtssystems ist. Diese müssten jedoch auch die Qualität der
Kommunikation und deren soziale Auswirkungen miteinschätzen können;
was unmöglich erscheint. Aus diesen Gründen macht es wenig Sinn,
Aussagen über evolutionäre Veränderungen auf die Einheit eines
Funktionssystems zu beziehen. Eher zutreffend ist die Aussage, dass
sich durch die Ausdifferenzierung des Rechts zum operativ
geschlossenen Funktionssystem die Erwartung der Gesellschaft an das
Recht verschoben hat: Statt Gerechtigkeit zu schaffen, erfüllt das
Recht nun eher die Funktion, Schicksalsschläge durch erlittenes
Unrecht auszugleichen. Feststellen lässt sich auch, dass die
Ausdifferenzierung des Rechts dazu führt, dass der Code (die
Unterscheidung von Recht/Unrecht) universalisierbar ist. Im Prinzip
kann das Rechtssystem diese Unterscheidung auf jeden Sachverhalt
anwenden, wenn er denn für rechtsrelevant befunden wird. Z.B.
regelt das Familienrecht heute viele Rechtsstreitigkeiten, die
einst als strikt „privat“ galten und dem Zugriff des Rechts
entzogen waren. Beobachtbar ist auch, dass die Gesellschaft von
außen Funktionssysteme nicht in ihrer Operationsweise „beschränken“
könnte. Funktionssysteme können sich nur selbst limitieren. Aus all
dem lässt sich jedoch nicht ableiten, ob die gesellschaftliche
Bedeutung des Rechtssystems tendenziell steigt oder sinkt.
Evolution ermöglicht hierzu keine Prognosen.

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