43. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 199 K04

43. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 199 K04

Das Rechtssystem operiert grundsätzlich nur auf B…
1 Stunde 19 Minuten
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Ulrike Sumfleth und Joachim Feltkamp sind Luhmani…

Beschreibung

vor 3 Jahren
Das Rechtssystem operiert grundsätzlich nur auf Basis von
Konditionalprogrammen, nicht von Zweckprogrammen. Das ist auf die
typische Art der zeitlichen Modalisierung in der
Rechtskommunikation zurückzuführen, die sich aus der Verwendung des
Rechtscodes Recht/Unrecht ergibt. Zweckprogramme intendieren
jeweils die Erfüllung eines Zweckes - wobei die Erfüllung als
Erwartung zeitlich notwendigerweise in der Zukunft liegt.
Zweckprogramme implizieren ebenfalls als künftige
Verhaltenserwartung die Suche und den Einsatz geeigneter Mittel,
sind also offen bezogen auf die Wahl der Mittel.
Konditionalprogrammen liegt eine Kontrollfunktion zugrunde, welche
sich in „Wenn-Dann-Beziehungen“ ausdrückt. Ihnen mögen ebenfalls
künftige Erwartungen in Form von Zwecken beigelegt werden, sie sind
jedoch auf die Beobachtung von Vergangenheit (WENN) ausgerichtet,
um gegenwärtiges Verhalten (DANN) zu evozieren. Daraus läßt sich
schließen, dass Konditionalprogramme gegenüber Zweckprogrammen
selbst Intensionslos sind, denn: Wenn nichts passiert (keine
Bedingung erfüllt wird), dann folgt daraus auch nichts.
Konditionalprogramme verhalten sich neutral bezogen auf die
Zukunft, die Folgen ihrer eigenen Operationen, und können deshalb
auch nicht als Mittel anderen Zweckprogrammen subsumiert werden.
Vielmehr limitieren sie die Wahl der Mittel von anderen
Zweckprogrammen und bilden für diese genauer betrachtet einen
Widerstand; sie folgen dabei einem anderen Motiv als der
Zweckerfüllung. „Programme des Rechtssystems sind immer
Konditionalprogramme.“ (Luhmann, RdG, S.195) Diese These wird nicht
etwa dadurch widerlegt, dass ein Rechtsurteil mit einer
Zweckbestimmung begründet wird, z.B. mit dem Kindeswohl in einem
Sorgerechtsstreit. Der Abschnitt IV des Kapitels „Codierung und
Programmierung“ ist mit eingehenden Fallanalysen maßgeblich darauf
ausgerichtet, Luhmanns These mit der Ausräumung solch
augenscheinlicher Widersprüche zu belegen. Im folgenden werden wir
versuchen, die Argumente am Fall des Sorgerechtsstreits
wiederzugeben und zu interpretieren, um die o.g. These zu belegen.
Der Richter, wie auch das Gericht, werden nur zum Zeitpunkt der
Verhandlung in der Sache einer einzigen Entscheidung konsultiert.
Sie waren weder vorher, noch werden sie nach dem Urteil an der
Erziehung des Kindes beteiligt sein. Richter und Gericht tragen
keine Verantwortung für das Kind, sondern lediglich für ihr Urteil
und ihre Entscheidung in dieser Angelegenheit. Das Kindeswohl tritt
in der Perspektive des Richters nicht als Zwecksetzung auf, sondern
als ein Urteils-Kriterium. Als Zwecksetzung wird das Kindeswohl den
beiden Streitparteien (Vater und Mutter) unterstellt; sie
konkurrieren um das Vorrecht, die Kindeserziehung übernehmen zu
können, sie können sich aber nicht darüber einigen, wessen
Erziehung für das Kind die Beste sei. Da ein fortdauernder Streit
für das Kind sicherlich nicht das Beste ist, wird der Richter
herangezogen, um den Streit nach dem Kriterium des Kindeswohls
abzuschließen. - D.h. der Richter wird sich niemals dafür
rechtfertigen müssen, dass die Erziehung des Kindes als Folge
seiner Entscheidung gescheitert ist; wohl aber wird er sich für
Verfahrensfehler im Verlauf der Verhandlung verantworten müssen,
wenn er z.B. die Sorgfaltspflicht bei der Prüfung vorliegender
Fakten vernachlässigt hat. (Ganzer Text auf Luhmaniac.de)

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