Beschreibung
vor 3 Jahren
Wie unterscheiden sich unmarked state und unmarked space? Das
veranschaulicht die Recht/Unrecht-Differenz: Recht und Unrecht
werden voneinander unterschieden. Beide Seiten der Unterscheidung
werden jeweils als Zustand markiert (marked state). Diese
Unterscheidung wird dann aber nicht als Einheit des Unterschiedenen
in die Umwelt eingeführt, sondern als Unterscheidung. Die Umwelt
ist begrifflich gar nicht Teil der Unterscheidung, sie ist das
ausgeschlossene Dritte. Weder ihre räumliche Existenz noch ihr
Zustand werden mit dem Code mitbezeichnet. Sie existiert natürlich
trotzdem, aber eben nur als unmarked space. Sie ist der nicht
bezeichnete Raum, in den hinein die Unterscheidung als
Unterscheidung gezogen wird, ohne den Raum „mitzuerwähnen“.
Stattdessen operiert das System auf beiden Seiten des Codes und
führt die Unterscheidung als Unterscheidung auf beiden Seiten des
Codes wieder in das Unterschiedene ein (re-entry). Die
Unterscheidung verhindert, dass eine Seite unmittelbar als die
„richtige“ praktiziert werden könnte. Sie zwingt zur normativen
Prüfung beider Seiten. Anders operiert das System bei der
Selbstunterscheidung, der System/Umwelt-Differenz. Auch hier werden
zunächst sowohl das System als auch die Umwelt jeweils als Zustand
markiert (marked state). Bei allen folgenden Operationen des
Rechtssystems spielt die Umwelt jedoch keine Rolle. Das System
operiert nur auf „seiner“ Seite des Codes, der Systemseite. Die
Differenz existiert nur, um sich selbst abzugrenzen. Was nun
jeweils Recht und was Unrecht ist, wird vom System selbst nach
internen Normen konstruiert und systemspezifisch bezeichnet
(Rechtsprechung, Jurisdiktion, diction, lat.: Ausdrucksweise,
Wortwahl). Aus der zweiwertigen Codierung des Systems folgt auch,
dass das System nicht teleologisch operiert. Ein System hat kein
Ziel, nach dessen Erreichen es seine Operationen einstellen würde.
Im Gegenteil. Ziele setzt sich das System selbst im System, jedoch
nur als Episoden, um die weitere Autopoiesis (Selbstreproduktion)
zu stabilisieren. Das System ist auf Unendlichkeit um der
Unendlichkeit wegen angelegt; zu diesem Zweck setzt es sich selbst
endliche Ziele, die als Basis für weitere Operationen dienen und
diese stabilisieren. Jede Operation verändert den Systemzustand
immer gleichzeitig auf beiden Seiten des Codes. Dies eröffnet die
Möglichkeit, anschließende Operationen ebenfalls auf beiden Seiten
erneut auf Recht- oder Unrechtmäßigkeit zu überprüfen. Z.B.: Ist es
rechtmäßig, dass ein rechtmäßig Verurteilter so und so behandelt
wird? Die Rechtmäßigkeit der Unterscheidung, also die
Rechtmäßigkeit des Codes, wird so bei jeder einzelnen Operation
immer neu bestätigt. Anders gesagt, die Code-Anwendung garantiert
eine permanente Selbstbestätigung. Die Zweiwertigkeit des Codes ist
zugleich eine Bedingung der Autopoises. Nur auf Basis eines
zweiwertigen Codes ist das System auf operativer Ebene schnell
entscheidungsfähig und kann Urteile fällen, mit denen es sich als
System selbst bestätigt. Ein dreiwertiger Code wäre nicht
praktikabel, da er eine nicht mehr operationable Komplexität und
Verlangsamung erzeugen würde. Ein Beispiel dafür ist die
Unterscheidung Recht/Unrecht/Gemeinnutz im Mittelalter. Die
„mehrwertige“ Logik wurde als „Derogation“ (teilweise Aufhebung,
Außerkraftsetzung) des Rechts erkannt. Genauso verhielt es sich
noch im 18. Jh. mit der „Staatsräson“. Unrecht ist demnach nicht zu
ahnden, wenn dies die öffentliche Ordnung oder den Frieden
gefährde. Kurz, ein dreiwertiger Code setzt die Funktionsfähigkeit
des Systems außer Kraft. Beide Versuche wurden aufgegeben,
allerdings ohne tiefere Einsicht, warum „Ausnahmen“ von der
Recht/Unrecht-Unterscheidung nicht funktionieren können. Versuche,
den binären Code um weitere Werte zu ergänzen, laufen bis heute
unter Begriffen wie Sonderrechte, Ausnahmerechte und Dispensen
(lat.: Erlassen einer Pflicht) vom Typ ius eminens („herausragendes
Recht“).
veranschaulicht die Recht/Unrecht-Differenz: Recht und Unrecht
werden voneinander unterschieden. Beide Seiten der Unterscheidung
werden jeweils als Zustand markiert (marked state). Diese
Unterscheidung wird dann aber nicht als Einheit des Unterschiedenen
in die Umwelt eingeführt, sondern als Unterscheidung. Die Umwelt
ist begrifflich gar nicht Teil der Unterscheidung, sie ist das
ausgeschlossene Dritte. Weder ihre räumliche Existenz noch ihr
Zustand werden mit dem Code mitbezeichnet. Sie existiert natürlich
trotzdem, aber eben nur als unmarked space. Sie ist der nicht
bezeichnete Raum, in den hinein die Unterscheidung als
Unterscheidung gezogen wird, ohne den Raum „mitzuerwähnen“.
Stattdessen operiert das System auf beiden Seiten des Codes und
führt die Unterscheidung als Unterscheidung auf beiden Seiten des
Codes wieder in das Unterschiedene ein (re-entry). Die
Unterscheidung verhindert, dass eine Seite unmittelbar als die
„richtige“ praktiziert werden könnte. Sie zwingt zur normativen
Prüfung beider Seiten. Anders operiert das System bei der
Selbstunterscheidung, der System/Umwelt-Differenz. Auch hier werden
zunächst sowohl das System als auch die Umwelt jeweils als Zustand
markiert (marked state). Bei allen folgenden Operationen des
Rechtssystems spielt die Umwelt jedoch keine Rolle. Das System
operiert nur auf „seiner“ Seite des Codes, der Systemseite. Die
Differenz existiert nur, um sich selbst abzugrenzen. Was nun
jeweils Recht und was Unrecht ist, wird vom System selbst nach
internen Normen konstruiert und systemspezifisch bezeichnet
(Rechtsprechung, Jurisdiktion, diction, lat.: Ausdrucksweise,
Wortwahl). Aus der zweiwertigen Codierung des Systems folgt auch,
dass das System nicht teleologisch operiert. Ein System hat kein
Ziel, nach dessen Erreichen es seine Operationen einstellen würde.
Im Gegenteil. Ziele setzt sich das System selbst im System, jedoch
nur als Episoden, um die weitere Autopoiesis (Selbstreproduktion)
zu stabilisieren. Das System ist auf Unendlichkeit um der
Unendlichkeit wegen angelegt; zu diesem Zweck setzt es sich selbst
endliche Ziele, die als Basis für weitere Operationen dienen und
diese stabilisieren. Jede Operation verändert den Systemzustand
immer gleichzeitig auf beiden Seiten des Codes. Dies eröffnet die
Möglichkeit, anschließende Operationen ebenfalls auf beiden Seiten
erneut auf Recht- oder Unrechtmäßigkeit zu überprüfen. Z.B.: Ist es
rechtmäßig, dass ein rechtmäßig Verurteilter so und so behandelt
wird? Die Rechtmäßigkeit der Unterscheidung, also die
Rechtmäßigkeit des Codes, wird so bei jeder einzelnen Operation
immer neu bestätigt. Anders gesagt, die Code-Anwendung garantiert
eine permanente Selbstbestätigung. Die Zweiwertigkeit des Codes ist
zugleich eine Bedingung der Autopoises. Nur auf Basis eines
zweiwertigen Codes ist das System auf operativer Ebene schnell
entscheidungsfähig und kann Urteile fällen, mit denen es sich als
System selbst bestätigt. Ein dreiwertiger Code wäre nicht
praktikabel, da er eine nicht mehr operationable Komplexität und
Verlangsamung erzeugen würde. Ein Beispiel dafür ist die
Unterscheidung Recht/Unrecht/Gemeinnutz im Mittelalter. Die
„mehrwertige“ Logik wurde als „Derogation“ (teilweise Aufhebung,
Außerkraftsetzung) des Rechts erkannt. Genauso verhielt es sich
noch im 18. Jh. mit der „Staatsräson“. Unrecht ist demnach nicht zu
ahnden, wenn dies die öffentliche Ordnung oder den Frieden
gefährde. Kurz, ein dreiwertiger Code setzt die Funktionsfähigkeit
des Systems außer Kraft. Beide Versuche wurden aufgegeben,
allerdings ohne tiefere Einsicht, warum „Ausnahmen“ von der
Recht/Unrecht-Unterscheidung nicht funktionieren können. Versuche,
den binären Code um weitere Werte zu ergänzen, laufen bis heute
unter Begriffen wie Sonderrechte, Ausnahmerechte und Dispensen
(lat.: Erlassen einer Pflicht) vom Typ ius eminens („herausragendes
Recht“).
Weitere Episoden
1 Stunde 35 Minuten
vor 1 Monat
2 Stunden 8 Minuten
vor 1 Monat
1 Stunde 14 Minuten
vor 2 Monaten
1 Stunde 35 Minuten
vor 4 Monaten
1 Stunde 17 Minuten
vor 7 Monaten
In Podcasts werben
Abonnenten
Düsseldorf
Kommentare (0)