Beschreibung
vor 3 Jahren
Normative Erwartungen gibt es auch ohne Rechtsqualität, z.B.
Sitten, Gewohnheiten und Moral. Doch damit lässt sich keine
Rechtsnorm begründen. Die Argumentation wäre von beliebigen
Standpunkten abhängig, die sich jederzeit ändern können – und vor
allem: mit im Recht geltenden Normen nicht herzuleiten. Ob eine
Norm eine rechtliche Norm ist, lässt sich feststellen, indem man
das Kommunikationsnetzwerk beobachtet, in dem diese Erwartung
entstand. Ein System wie das Recht unterscheidet permanent zwischen
normativen und kognitiven Erwartungen. Letztere gelangen durch
Beobachtung der Umwelt als externe Fakten ins System und werden
dort nach internen Normen bearbeitet. Eine Rechtsnorm kennzeichnet
sich entsprechend dadurch, dass die Kommunikation diese
Unterscheidung vollzieht und die normative Seite präferiert. Neben
normativen Erwartungen gibt es auch solche, die sich auf Normalität
berufen. Beide Formen mischen sich: Eine Norm kann sich nur aus
etwas heraus entwickeln, das bereits zuvor als „normal“ erscheint.
Normalität ist jedoch nur gleiches Verhalten in gleichen Fällen.
Ein Verhalten erscheint vertraut. Sicherheit, ob sich die Erwartung
erfüllt, kann jedoch nur eine Rechtsnorm (samt Aussicht auf
Sanktionen) bringen. Einen Anfang von Recht im Sinne eines
Gründungsaktes gibt es darum nicht. Die Historie verweist immer auf
einen Mischmodus. Normalität reift zu Normativität heran. Der
Zeitpunkt, zu dem eine Rechtsnorm entsteht, ist willkürlich. Die
gesellschaftliche Funktion des Rechts geht damit weit über
Konfliktregulierung hinaus. Recht stabilisiert normative
Erwartungen. Darin liegt seine soziale Funktion. Konflikte werden
sogar überwiegend außerhalb des Rechts reguliert. Dass ein Konflikt
zum Rechtsstreit wird, ist ein Sonderfall. Ein Konflikt liegt z.B.
bereits vor, wenn jemand unfähig ist, eine vertragliche Leistung zu
erfüllen. Das Recht entwickelt sich also nicht allein aus Streit
über einen Sachverhalt, sondern aus Streit über das Recht in dem
Sachverhalt. Erst die Unterscheidung, ob man über eine enttäuschte
Erwartung rechtlich streiten kann, treibt die Evolution des Systems
voran. Es reguliert rechtliche Konflikte – und erzeugt neue. Bei
all dem geht das Recht logisch davon, dass ein von der normativen
Erwartung abweichendes Verhalten möglich ist. Normen erzeugen das
Schema konform/abweichend. Das Rechtssystem ist jedoch nicht der
einzige Player, der normative Erwartungen durch Zeitbindung
stabilisiert. Funktionale Äquivalente gibt es auch in Wirtschaft
und Politik. Erstens: Knappheit. Das ökonomische Problem bezog sich
ursprünglich auf die Knappheit von Gütern, Grundeigentum und
Arbeitsleistungen. Die Umstellung auf Geldgebrauch hatte zur Folge,
dass eine zweite, artifizielle Knappheit von Geld entstand. Über
Preise reguliert die Wirtschaft das Verhältnis beider Knappheiten.
Da mit Geld „alles“ käuflich erscheint, erzeugt es eine
Zukunftssicherheit, die in Warenform unmöglich wäre. Diese Aussicht
normiert Verhaltenserwartungen. Alle Operationen werden dem Ziel
der Geldvermehrung untergeordnet. Das zweite funktionale Äquivalent
besteht in der politischen Regulierung von Risiken. Was für die
Wirtschaft nur eine Chance mit finanziellen Risiken darstellt – wie
die Atomkraft –, kann für die Gesamtgesellschaft zur Gefahr werden,
falls es zum Schaden kommt. Eine Risikoregelung erzeugt das Schema
Entscheider/Betroffene. Auch hier normiert die zeitliche Bindung
beidseitig Verhaltenserwartungen. Eine Befürchtung von Schäden
verursacht soziale Spannungen. Aktuelles Beispiel dafür ist Fridays
For Future. Wie dieser politische Problemtypus gelöst werden
könnte, ist noch nicht absehbar.
Sitten, Gewohnheiten und Moral. Doch damit lässt sich keine
Rechtsnorm begründen. Die Argumentation wäre von beliebigen
Standpunkten abhängig, die sich jederzeit ändern können – und vor
allem: mit im Recht geltenden Normen nicht herzuleiten. Ob eine
Norm eine rechtliche Norm ist, lässt sich feststellen, indem man
das Kommunikationsnetzwerk beobachtet, in dem diese Erwartung
entstand. Ein System wie das Recht unterscheidet permanent zwischen
normativen und kognitiven Erwartungen. Letztere gelangen durch
Beobachtung der Umwelt als externe Fakten ins System und werden
dort nach internen Normen bearbeitet. Eine Rechtsnorm kennzeichnet
sich entsprechend dadurch, dass die Kommunikation diese
Unterscheidung vollzieht und die normative Seite präferiert. Neben
normativen Erwartungen gibt es auch solche, die sich auf Normalität
berufen. Beide Formen mischen sich: Eine Norm kann sich nur aus
etwas heraus entwickeln, das bereits zuvor als „normal“ erscheint.
Normalität ist jedoch nur gleiches Verhalten in gleichen Fällen.
Ein Verhalten erscheint vertraut. Sicherheit, ob sich die Erwartung
erfüllt, kann jedoch nur eine Rechtsnorm (samt Aussicht auf
Sanktionen) bringen. Einen Anfang von Recht im Sinne eines
Gründungsaktes gibt es darum nicht. Die Historie verweist immer auf
einen Mischmodus. Normalität reift zu Normativität heran. Der
Zeitpunkt, zu dem eine Rechtsnorm entsteht, ist willkürlich. Die
gesellschaftliche Funktion des Rechts geht damit weit über
Konfliktregulierung hinaus. Recht stabilisiert normative
Erwartungen. Darin liegt seine soziale Funktion. Konflikte werden
sogar überwiegend außerhalb des Rechts reguliert. Dass ein Konflikt
zum Rechtsstreit wird, ist ein Sonderfall. Ein Konflikt liegt z.B.
bereits vor, wenn jemand unfähig ist, eine vertragliche Leistung zu
erfüllen. Das Recht entwickelt sich also nicht allein aus Streit
über einen Sachverhalt, sondern aus Streit über das Recht in dem
Sachverhalt. Erst die Unterscheidung, ob man über eine enttäuschte
Erwartung rechtlich streiten kann, treibt die Evolution des Systems
voran. Es reguliert rechtliche Konflikte – und erzeugt neue. Bei
all dem geht das Recht logisch davon, dass ein von der normativen
Erwartung abweichendes Verhalten möglich ist. Normen erzeugen das
Schema konform/abweichend. Das Rechtssystem ist jedoch nicht der
einzige Player, der normative Erwartungen durch Zeitbindung
stabilisiert. Funktionale Äquivalente gibt es auch in Wirtschaft
und Politik. Erstens: Knappheit. Das ökonomische Problem bezog sich
ursprünglich auf die Knappheit von Gütern, Grundeigentum und
Arbeitsleistungen. Die Umstellung auf Geldgebrauch hatte zur Folge,
dass eine zweite, artifizielle Knappheit von Geld entstand. Über
Preise reguliert die Wirtschaft das Verhältnis beider Knappheiten.
Da mit Geld „alles“ käuflich erscheint, erzeugt es eine
Zukunftssicherheit, die in Warenform unmöglich wäre. Diese Aussicht
normiert Verhaltenserwartungen. Alle Operationen werden dem Ziel
der Geldvermehrung untergeordnet. Das zweite funktionale Äquivalent
besteht in der politischen Regulierung von Risiken. Was für die
Wirtschaft nur eine Chance mit finanziellen Risiken darstellt – wie
die Atomkraft –, kann für die Gesamtgesellschaft zur Gefahr werden,
falls es zum Schaden kommt. Eine Risikoregelung erzeugt das Schema
Entscheider/Betroffene. Auch hier normiert die zeitliche Bindung
beidseitig Verhaltenserwartungen. Eine Befürchtung von Schäden
verursacht soziale Spannungen. Aktuelles Beispiel dafür ist Fridays
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könnte, ist noch nicht absehbar.
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