(51) „Zurück nach Hause in die EU“ – Ukraine, Moldau, Georgien und Armenien

(51) „Zurück nach Hause in die EU“ – Ukraine, Moldau, Georgien und Armenien

43 Minuten
Podcast
Podcaster
Sicherheits- und außenpolitische Analysen, Strategien und diplomatische Optionen

Beschreibung

vor 1 Jahr
Mehrere post-sowjetische Staaten wollen in die Europäische Union:
neben der Ukraine die drei kleineren Staaten Georgien, Moldau und
Armenien. Die Europäische Kommission hat Anfang November 2023 für
die Ukraine und Moldau Beitrittsgespräche empfohlen, Georgien soll
Beitrittskandidat werden. Die EU sei durch den russischen
Angriffskrieg auf die Ukraine „geopolitisch erwacht“, sagt Dr.
Khatia Kikalishvili. Sie stammt selbst aus Georgien und ist seit
2019 Programmdirektorin Östliche Partnerschaft im Berliner Zentrum
Liberale Moderne (LIBMOD). Im Atlantic Talk Podcast beschreibt sie,
welche Euphorie in Georgien nach der Empfehlung der EU-Kommission
herrschte, die dort gewissermaßen auch als Empfehlung an die
Bevölkerung empfunden worden sei, denn 80 % der Bevölkerung seien
dort seit den 1990er-Jahren durchgängig pro-europäisch. Die
Ukraine, Georgien, Moldau und Armenien verbinden zwei Dinge:
erstens teilten sie die europäischen Ideen von Freiheit, Frieden
und Sicherheit und zweitens seien sie alle von Russland bedroht. So
stünden Georgiens Teilrepubliken Abchasien und Südossetien seit
Jahren unter starkem Einfluss Moskaus. Kikalishvili betont,
Russland gehe es dabei schlussendlich nicht nur um Besatzung,
sondern um Annexion. Wie groß ist die Gefahr, dass Russland aus dem
besetzen Abchasien Drohnen in Richtung Ukraine schickt und damit
möglicherweise Georgien in den Krieg hineingezogen wird? Und wie
groß ist das geopolitische Potenzial eines geplanten Tiefseehafens
im georgischen Kurort Anaklia? Für China wie für die USA und die EU
hochinteressant, würde der geplante Hafen China und die EU auf dem
„mittleren Korridor“ der neuen Seidenstraße verbinden, ohne
russisches Territorium zu berühren. Im Atlantic Talk Podcast
spricht Moderator Oliver Weilandt mit Kikalishvili auch über die
europäischen Programme in der Republik Moldau. Die EU hatte
erkannt, wie unvorbereitet Moldau auch in Hinblick auf
Cyberattacken und Destabilisierungsstrategien insbesondere auch von
Russland ist. Im April 2022 hat die EU daher eine zivile Mission in
der Republik Moldau eingerichtet mit dem Ziel, die
Widerstandsfähigkeit des Sicherheitssektors des Landes zu stärken.
Erhebliche Auswirkungen hat der Krieg gegen die Ukraine auch im
südlichen Kaukasus. In der ehemaligen Sowjetrepublik Armenien
spitzt sich die Situation zu; auch weil Russlands Krieg in der
Ukraine in der Region ein erhebliches Vakuum hinterlassen hat.
Armenien hat dem von der Türkei unterstützten Aserbaidschan am 18.
November auf der OSZE-Tagung vorgeworfen, einen neuen Krieg
vorzubereiten. Dabei geht es nicht nur um Bergkarabach, sondern um
die Region Nachitschewan. Droht dort, an der Grenze zur Türkei, der
nächste Krieg? Damit sich strukturelle Probleme wie bei der
früheren EU-Osterweiterung nicht wiederholen, seien eine Reihe von
Reformen in der Europäischen Union nötig. Kikalishvili betont,
Reformprozess und Erweiterung sollten parallel stattfinden. Dass
diese EU-Reformen schmerzhaft sein könnten, habe
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wie kein deutscher
Außenminister zuvor bemerkenswert offen angesprochen. Dabei geht es
unter anderem um Änderung des Einstimmigkeitsprinzips und Finanz-
und Beitrittsfragen. Für die Staaten zwischen Europa und Asien, die
ums Überleben kämpfen, bleibe neben allen militärischen Fragen ein
Hauptthema: „Sie wollen zurück in die Europäische Familie“, sagt
Kikalishvili. Sie versprächen sich Sicherheit von der EU, ja, aber
umgekehrt bedeute die Sicherheit dieser Staaten auch Sicherheit für
Europa. Wenn Freiheit und Frieden dort Bestand haben, so
Kikalishvili, macht das Europa stark.

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