(47) Wie weiter mit Erdogan: EU-Status, Flüchtlingsdeal, „Schaukelpolitik“ zwischen Russland und NATO
31 Minuten
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Sicherheits- und außenpolitische Analysen, Strategien und diplomatische Optionen
Beschreibung
vor 1 Jahr
Als „Fata Morgana“ bezeichnet der ehemalige Botschafter Martin
Erdmann das Ziel eines Beitritts der Türkei in die Europäische
Union. Nachdem der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan, am
28. Mai 2023 die „bedingt freien Wahlen“ mit „totaler mangelnder
Fairness“ gewonnen habe, sei nicht davon auszugehen, dass sich
etwas daran ändere, wie die Beitrittsverhandlungen laufen: „Sie
treten seit 18 Jahren auf der Stelle“, sagt Erdmann. Mehr noch: Die
Türkei habe sich in dieser Zeit so grundlegend verändert, dass die
Startbedingungen für eine Aufnahme in die EU in weite Ferne gerückt
seien. Im Atlantic Talk Podcast analysiert Moderator Dario Weilandt
zunächst mit seinem Gast Martin Erdmann die Wahlen in der Türkei
und ihren Ausgang. Angefangen bei dem Missstand, dass die
Opposition nur äußerst eingeschränkten Zugang zu den großen
öffentlichen Medien hatte, bis hin zum großen Wahlkampfthema
Flüchtlinge, bei dem auch Erdoğans Herausforderer Kemal
Kılıçdaroğlu vor der Stichwahl äußerst nationalistische Töne
anstimmte. Was bedeutet das für das Flüchtlingsabkommen mit der
Europäischen Union, das in den nächsten Monaten neu verhandelt
werden muss? Können die EU-Staaten nun noch länger (zugunsten des
Flüchtlingsdeals) aktiv wegschauen, während die Türkei seit Jahren
Menschenrechte aushebelt und Erdoğan bereits weitere Beschränkungen
unter anderem für Frauen und LGBTQI angekündigt hat? Martin Erdmann
sagt: Nein. In seiner Zeit als deutscher Botschafter in der Türkei
von 2015 bis 2020 sei er bei der Eröffnung vieler Infrastruktur-
und anderer Projekte dabei gewesen – finanziert durch die
sogenannten Vorbeitrittshilfen der EU an die Türkei. Diese
Zahlungen in Milliardenhöhe seien nicht länger vertretbar. Es müsse
nun ernsthaft über Alternativen nachgedacht werden. Erdmann spricht
von einem „transaktionalen Zustand“, der zwischen der EU und der
Türkei hergestellt werden müsse. Doch auch dieser müsse sich in
einem Rahmen bewegen, bei dem unter anderem die Menschenrechte
eingehalten werden. Wie könnte dieser Zustand also gestaltet
werden? Erdoğan hat es geschafft, sich, innenpolitisch als
scheinbarer Macher, auch in der internationalen Politik zu
präsentieren. Einen Masterplan der Außenpolitik der Türkei sieht
Erdmann dabei jedoch nicht. Vielmehr betreibe der Präsident
gegenüber Russland eine „Schaukelpolitik“ und treffe
außenpolitische Entscheidungen in erster Linie „ad hoc“. Beispiel:
die Verweigerung der Türkei für Schwedens NATO-Beitritt.
Ausgerechnet in einer Zeit, in der es zum ersten Mal seit Bestehen
der NATO einen „Vernichtungsfeldzug“ Russlands gibt, untergrabe
Erdoğans Blockadepolitik die Kohäsion der NATO. Wird die Türkei
dennoch in fünf Jahren noch Teil des politischen Westens sein?
Erdmann berichtet auch sehr persönlich von seiner Zeit als
Botschafter der Bundesrepublik in der Türkei, in der er, so häufig
wie sonst kein deutscher Botschafter, von der türkischen Regierung
einberufen wurde. Er schildert, was für ihn der schlimmste
Arbeitstag in Ankara war, wie er sich als Botschafter für Frauen-
und LGBTQI-Rechte eingesetzt hat und schließlich, welche Rolle die
besondere Verbindung zwischen Deutschland und der Türkei spielt.
Erdmann das Ziel eines Beitritts der Türkei in die Europäische
Union. Nachdem der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan, am
28. Mai 2023 die „bedingt freien Wahlen“ mit „totaler mangelnder
Fairness“ gewonnen habe, sei nicht davon auszugehen, dass sich
etwas daran ändere, wie die Beitrittsverhandlungen laufen: „Sie
treten seit 18 Jahren auf der Stelle“, sagt Erdmann. Mehr noch: Die
Türkei habe sich in dieser Zeit so grundlegend verändert, dass die
Startbedingungen für eine Aufnahme in die EU in weite Ferne gerückt
seien. Im Atlantic Talk Podcast analysiert Moderator Dario Weilandt
zunächst mit seinem Gast Martin Erdmann die Wahlen in der Türkei
und ihren Ausgang. Angefangen bei dem Missstand, dass die
Opposition nur äußerst eingeschränkten Zugang zu den großen
öffentlichen Medien hatte, bis hin zum großen Wahlkampfthema
Flüchtlinge, bei dem auch Erdoğans Herausforderer Kemal
Kılıçdaroğlu vor der Stichwahl äußerst nationalistische Töne
anstimmte. Was bedeutet das für das Flüchtlingsabkommen mit der
Europäischen Union, das in den nächsten Monaten neu verhandelt
werden muss? Können die EU-Staaten nun noch länger (zugunsten des
Flüchtlingsdeals) aktiv wegschauen, während die Türkei seit Jahren
Menschenrechte aushebelt und Erdoğan bereits weitere Beschränkungen
unter anderem für Frauen und LGBTQI angekündigt hat? Martin Erdmann
sagt: Nein. In seiner Zeit als deutscher Botschafter in der Türkei
von 2015 bis 2020 sei er bei der Eröffnung vieler Infrastruktur-
und anderer Projekte dabei gewesen – finanziert durch die
sogenannten Vorbeitrittshilfen der EU an die Türkei. Diese
Zahlungen in Milliardenhöhe seien nicht länger vertretbar. Es müsse
nun ernsthaft über Alternativen nachgedacht werden. Erdmann spricht
von einem „transaktionalen Zustand“, der zwischen der EU und der
Türkei hergestellt werden müsse. Doch auch dieser müsse sich in
einem Rahmen bewegen, bei dem unter anderem die Menschenrechte
eingehalten werden. Wie könnte dieser Zustand also gestaltet
werden? Erdoğan hat es geschafft, sich, innenpolitisch als
scheinbarer Macher, auch in der internationalen Politik zu
präsentieren. Einen Masterplan der Außenpolitik der Türkei sieht
Erdmann dabei jedoch nicht. Vielmehr betreibe der Präsident
gegenüber Russland eine „Schaukelpolitik“ und treffe
außenpolitische Entscheidungen in erster Linie „ad hoc“. Beispiel:
die Verweigerung der Türkei für Schwedens NATO-Beitritt.
Ausgerechnet in einer Zeit, in der es zum ersten Mal seit Bestehen
der NATO einen „Vernichtungsfeldzug“ Russlands gibt, untergrabe
Erdoğans Blockadepolitik die Kohäsion der NATO. Wird die Türkei
dennoch in fünf Jahren noch Teil des politischen Westens sein?
Erdmann berichtet auch sehr persönlich von seiner Zeit als
Botschafter der Bundesrepublik in der Türkei, in der er, so häufig
wie sonst kein deutscher Botschafter, von der türkischen Regierung
einberufen wurde. Er schildert, was für ihn der schlimmste
Arbeitstag in Ankara war, wie er sich als Botschafter für Frauen-
und LGBTQI-Rechte eingesetzt hat und schließlich, welche Rolle die
besondere Verbindung zwischen Deutschland und der Türkei spielt.
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