(27) Afghanistan steht vor geostrategischem Umbruch

(27) Afghanistan steht vor geostrategischem Umbruch

39 Minuten
Podcast
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Sicherheits- und außenpolitische Analysen, Strategien und diplomatische Optionen

Beschreibung

vor 3 Jahren
„Wir haben 20 Jahre afghanische Eigenverantwortung gepredigt, aber
gleichzeitig den Afghanen gesagt, wie sie’s machen sollen“ – So
fasst Dr. Ellinor Zeino den wohl grundlegenden Fehler der
Afghanistan-Politik zusammen. Zeino leitet das Auslandsbüro
Afghanistan der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kabul. Sie initiiert
und moderiert Religions- und Menschenrechts-Dialoge im
Track‑1.5‑Format, vor allem zwischen den verschiedenen afghanischen
Konfliktparteien und afghanischen Frauen. Im Atlantic Talk Podcast
beschreibt die Expertin für Bedrohungslagen, wie die Menschen in
völlig abgeschotteten Blasen nebeneinanderher leben. Um das
aufzubrechen, sei ihr eigener Anspruch: „Wir wollen nicht mit
gleichgesinnten Leuten reden“. Die vom ehemaligen US-Präsidenten
Donald Trump erzwungenen Friedensgespräche zwischen der
afghanischen Regierung und den Taliban in Doha will Zeino nicht für
gescheitert erklären, „denn die Alternative wäre Bürgerkrieg“. Und
auch wenn die Taliban die Regierung künftig übernehmen sollten,
gehe von dem sogenannten „Islamischen Staat Karahasan-Provinz“
(ISKP) eine besorgniserregende Bedrohung aus: „Gerade auch in den
großen Städten unter der urbanen Mittelschicht sind salafistische
Gruppen aktiv, auch der ISKP“. Es gehe deshalb vor allem darum, der
jungen Bevölkerung, die ja die Mehrheit der afghanischen
Bevölkerung darstellt, echte Perspektiven zu bieten, zumal für
diese Menschen auch die Taliban nicht mehr wirklich attraktiv
seien. Im Atlantic Talk Podcast mit Moderator Oliver Weilandt
spricht Dr. Ellinor Zeino auch über das Interesse Chinas an einem
stabilen Afghanistan, um das Land an die neue Seidenstraße
anzuschließen, und inwieweit dies dazu führen könnte, dass auch die
Nachbarstaaten stabilisierend auf Afghanistan einwirken könnten.
Auch die Türkei habe Ambitionen, in dem Konflikt Verantwortung zu
übernehmen. Deutschland würden die Taliban nicht nur als Teil der
NATO sondern auch als interessanten und wichtigen
Wirtschaftspartner betrachten, verbitten sich jedoch jegliche
Einmischung in innere Angelegenheiten im Hinblick auf Menschen- und
Frauenrechte in einem vom Islam geprägten Staat. Aus Afghanistan,
in dem bereits jetzt ein Drittel der Bevölkerung Binnenflüchtlinge
sind, wird es in naher Zukunft auch große Fluchtbewegungen in
Richtung Europa geben. Das liegt für Dr. Zeino auf der Hand,
„insbesondere auch nach Deutschland“. Sie macht auch deutlich, wie
schwierig das Thema Asyl für frühere und heutige afghanische Helfer
der Bundeswehr, Geheimdienste und NGOs ist, und warum sie für diese
eine sorgfältige individuelle Einzelfall-Entscheidung ebenso als
notwendig erachtet, wie für Afghanen, die aus Deutschland
abgeschoben werden sollen. Nicht nur unter diesem Aspekt geht es
deshalb bei Afghanistan auch um die Verantwortung
Deutschlands. 

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