Beschreibung

vor 14 Jahren
Die vorliegende Arbeit stellt die erste wissenschaftliche
Untersuchung des in der Donation’63 fast vollständig dem
französischen Staat übereigneten malerischen Nachlasses von Georges
Rouault (1871 – 1958) dar. Schon ein Jahr nach der Schenkung durch
die Erben des Künstlers wurde die Werkgruppe 1964 bei einer
Ausstellung im Louvre als „révélation de l’atelier“ gefeiert,
jedoch in der Folge keiner eingehenden Analyse unterzogen. Heute
gehören die insgesamt 891 Skizzen, Studien und unvollendeten
Arbeiten zu den umfangreichsten und interessantesten Schenkungen im
Bestand des Centre Pompidou. Mit der Frage nach ihrer Aussagekraft
hinsichtlich des Werkprozesses wurde bei den Untersuchungen nicht
nur dem ausdrücklichen Anliegen der Donatoren, sondern auch dem
besonderen Charakter der Gruppe Rechnung getragen. So gibt jener
einzigartige Fonds in seiner Gesamtheit wie im einzelnen Werk
reiche Aufschlüsse über zentrale, bisher ungeklärte Aspekte des
Werkprozesses Rouaults: vom allgegenwärtigen Phänomen des Inachevé
über die grundlegende Wechselbeziehung zwischen der Arbeit des
Malers und des Grafikers bis hin zu explizit stilbildenden
poietischen Strategien. Letztere bieten unter anderem den Schlüssel
zum Verständnis des eng umrissenen Formenkanons Rouaults, der
bemerkenswerten haptischen Materialität seiner Bilder oder des
bleibenden Dualismus der Elemente von Farbe und Zeichnung in der
ihm eigenen Form des „Cloisonnisme“. Zugleich zeigt sich im
Werkprozess des innerhalb der Klassischen Moderne oft als Solitär
bezeichneten Künstlers exemplarisch und nicht selten in letzter
Radikalität Charakteristisches der künstlerischen Arbeit einer
ganzen Epoche.

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