Methods for Seismic Wave Propagation on Local and Global Scales with Finite Differences

Methods for Seismic Wave Propagation on Local and Global Scales with Finite Differences

Beschreibung

vor 15 Jahren
Die vorliegende Arbeit behandelt zwei unterschiedliche Anwendungen
aus dem Bereich der numerischen Seismologie: Das erste Thema
umfasst die Entwicklung und Anwendung eines Programms zur
Berechnung der lokalen Wellenausbreitung in seismischen
Störungszonen (Fault Zones) mit spezieller Fokussierung auf
geführte Wellen (Trapped Waves). Dieser Wellentyp wird an vielen
Störungszonen beobachtet und aus seinen Eigenschaften können
Informationen über die jeweilige Tiefenstruktur abgeleitet werden.
Das zweite Thema dieser Arbeit behandelt die Entwicklung und
Anwendung zweier Verfahren zur Berechnung der globalen
Wellenausbreitung, also der Ausbreitung seismischer Wellen durch
die gesamte Erde einschließlich des äußeren und inneren Erdkerns.
Die verwendeten Methoden ermöglichen es, kleinräumige Strukturen in
großen Tiefen wie zum Beispiel die Streueigenschaften des
Erdmantels oder die kleinskalige Geschwindigkeitsstruktur an der
Kern-Mantelgrenze in knapp 2900 km Tiefe zu untersuchen.
Wellenausbreitung in seismischen Störungszonen: Seismische
Störungszonen, wie zum Beispiel der San Andreas Fault in
Kalifornien, zeigen auf beeindruckende Weise, wie die Gestalt der
Erdoberfläche durch seismische Aktivität als Folge tektonischer
Prozesse geprägt wird. Die genaue Kenntnis der Tiefenstruktur einer
Störungszone hingegen bietet zusätzlich einen Einblick in die
vergangene Seismizität, die die Struktur der jeweiligen Störung
geprägt hat. Neben den tektonischen Eigenschaften einer Region
lassen sich aus der Tiefenstruktur auch Voraussagen über Häufigkeit
und zu erwartende Stärke zukünftiger Erdbeben ableiten. Da Erdbeben
vorzugsweise in solchen Störungszonen auftreten, ist eine möglichst
genaue Kenntnis der Geometrie einer Schwächezone wichtig, um
Regionen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial zu erkennen. Für die
Untersuchung der Tiefenstruktur einer Störungszone stehen in vielen
Fällen ausschließlich Messungen von der Erdoberfläche zur
Verfügung, etwa von seismischen Netzen, die in unmittelbarer
Umgebung oder direkt auf einer Störung platziert wurden. Ereignet
sich nun ein Erdbeben in einigen Kilometern Tiefe innerhalb der
Störungszone, breitet sich ein Teil der angeregten seismischen
Wellen durch die gesamte Störungszone bis zur Erdoberfläche aus, wo
sie registriert werden. Die aufgezeichneten Signale werden somit
entlang ihres gesamten Laufweges durch die Struktur der
Störungszone beeinflusst, was die Ableitung der tiefenabhängigen
Struktur aus den Messdaten erschwert. Um trotzdem ein genaues
seismisches Abbild einer Störungszone zu bekommen, analysiert man
unterschiedliche Wellentypen im Seismogramm, wodurch ein Maximum an
Strukturinformation abgeleitet werden kann. Einer dieser
Wellentypen, der sich durch besondere Eigenschaften auszeichnet,
ist die geführte Welle (Trapped Wave). Diese entsteht, wenn eine
Störungszone einen ausgeprägten vertikal ausgedehnten Bereich
drastisch reduzierter seismischer Ausbreitungsgeschwindigkeit (Low
Velocity Layer) und nicht zu komplexer Geometrie besitzt, der als
seismischer Wellenleiter wirkt. In einem solchen Wellenleiter kann
sich eine geführte Welle ausbreiten, die als mit Abstand stärkstes
Signal an der Erdoberfläche registriert wird, also deutlich
stärkere Bodenbewegungen hervorruft als etwa die direkte Welle.
Dieser Verstärkungseffekt hat unter anderem Konsequenzen für die
Abschätzung der seismischen Gefährdung in der Nähe einer
Störungszone, zum Beispiel wenn die Störungszone durch dicht
besiedeltes Gebiet verläuft. Geführte Wellen beinhalten aufgrund
ihrer hohen Sensitivität bezüglich der Eigenschaften von
Niedergeschwindigkeitszonen Strukturinformationen, die aus anderen
Wellentypen nicht abgeleitet werden können. Daher leistet das
Verständnis dieses Wellentyps einen wichtigen Beitrag für die
Ableitung möglichst vollständiger Modelle von Störungszonen.
Ausbreitung von SH- und P-SV Wellen in Erdmantel und der ganzen
Erde: Das allgemeine Verständnis der Struktur und Dynamik des
tiefen Erdinneren basiert zu einem großen Teil auf den Ergebnissen
der globalen Seismologie. Im Gegensatz zum ersten Teil dieser
Arbeit haben diese Erkenntnisse keine unmittelbare Auswirkung auf
unser tägliches Leben. Jedoch liefert die Kenntnis des inneren
Aufbaus der Erde wichtige Erkenntnisse für die geophysikalische
Grundlagenforschung bis hin zum Verständnis der
Entstehungsgeschichte der Erde und unseres Planetensystems. Die
Modellierung der globalen seismischen Wellenausbreitung
unterscheidet sich von der lokalen Modellierungen in zwei
wesentlichen Punkten: (1) die wesentlich größere Ausdehnung
globaler Modelle, welche die gesamte Erde oder zumindest große
Teile des Erdinnern beinhalten, und (2) der Eigenschaft seismischer
Wellen, sich im globalen Maßstab hauptsächlich in der Ebene
auszubreiten, die durch den Großkreis zwischen Quelle und Empfänger
aufgespannt wird. Beide Punkte legen nahe, zur Verringerung des
Rechenaufwands eine Symmetriebedingung einzuführen. In dieser
Arbeit wird durch die Formulierung von Wellengleichung und Modell
in einem sphärisch-achsensymmetrischen Koordinatensystem der – im
globalen Maßstab im Allgemeinen geringe – Anteil von Variationen
der seismischen Parameter und von Wellenfeldanteilen orthogonal zur
Großkreisebene vernachlässigt. Diese Beschränkung führt zu einer
enormen Einsparung an Rechenressourcen, da das zu berechnende
seismische Wellenfeld nur noch zwei Dimensionen aufspannt. Eine
Folge der Achsensymmetrie ist die Aufspaltung des seismischen
Wellenfeldes in einen SH- und einen P-SV Anteil. Beide
Wellenfeldanteile sind voneinander entkoppelt und breiten sich in
unterschiedlichen Regionen des Erdinneren aus. Zur Berechnung des
SH- und des P-SV Wellenfeldes wurden daher in dieser Arbeit zwei
separate Programme SHaxi und PSVaxi entwickelt. Kapitel 3 behandelt
die Berechnung des globalen SH Wellenfeldes für Achsensymmetrische
Geometrien mit dem im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Programm
SHaxi. Das SH Wellenfeld besteht aus horizontal polarisierten
Scherwellen, die sich in guter Näherung ausschließlich im
Erdmantel, also zwischen Erdoberfläche und Kern-Mantelgrenze
ausbreiten. Somit muss nur der Erdmantel als Modellraum abgebildet
werden, was die Diskretisierung des Modells und die Implementierung
der Wellengleichung deutlich vereinfacht. Um eine Anwendung auf
modernen Parallelcomputern mit verteilter Speicherarchitektur zu
ermöglichen, wurde der Modellraum durch vertikale Schnitte in
gleichgroße Segmente geteilt, die von den einzelnen Elementen
(Knoten) eines Parallelrechners getrennt bearbeitet werden können.
Das Wellenfeld in den Randbereichen dieser Segmente muss dabei nach
jedem Zeitschritt explizit zwischen benachbarten Knoten
ausgetauscht werden, um die Ausbreitung durch das gesamte Modell zu
ermöglichen. Ein wesentlicher Aspekt des Kapitels ist die
Verifikation des Verfahrens unter besonderer Berücksichtigung der
implementierten Ringquelle. Durch einen Vergleich mit analytisch
berechneten Seismogrammen werden die Eigenschaften der
implementierten achsensymmetrischen Ringquelle diskutiert und es
wird gezeigt, dass das Programm korrekte Seismogramme berechnet,
die mit einer realistischen Double-Couple Quelle vergleichbar sind.
Abschließend werden bisherige Anwendungen des Programms gezeigt:
(1) die Modellierung von Streuung im gesamten Erdmantel und (2) die
Untersuchung von kleinskaliger Topographie der D“ Schicht im
untersten Erdmantel. Kapitel 4 behandelt das Gegenstück des im
vorherigen Kapitel behandelten Verfahrens: Das Programm PSVaxi zur
Berechnung des globalen P-SV Wellenfeldes für achsensymmetrische
Geometrien. Im Gegensatz zum SH Wellenfeld breitet sich das P-SV
Wellenfeld nicht nur im Erdmantel sondern auch im äußeren und
inneren Erdkern aus. Dies erforderte eine Erweiterung des
Modellraums bis praktisch zum Erdmittelpunkt, die sich mit dem im
SH Fall verwendeten gleichförmigen Gitter aufgrund von
Grundsätzlichen Stabilitätsproblemen des verwendeten Finite
Differenzen Verfahrens nicht durchführen lässt. Um diesen
zusätzlichen Modellraum zu erschließen wurde eine
Mehrgebietsmethode (Multi-Domain Method) implementiert. Diese füllt
zusätzliche Tiefenbereiche mit neuen, jeweils gleichförmigen
Gittern (Domains) aus, deren Gitterabstände an den jeweiligen
Tiefenbereich angepasst sind, was für die notwendige Stabilität des
Verfahrens sorgt. Zusätzlich zur tiefenabhängigen Aufteilung des
Modellraumes in gleichförmige Gitter wurde eine Parallelisierung
vorgenommen, um das Programm auf Parallelcomputern nutzen zu
können. Dazu wurde der Modellraum durch horizontale Schnitte in
einzelne Segmente zerlegt, die – analog zu den vertikalen Schnitten
bei der SHaxi Parallelisierung – von den einzelnen Knoten eines
Parallelrechners bearbeitet werden können. Die Kombination von
Mehrgebietsmethode und Segmentierung führt zu einem recht
aufwendigen Algorithmus, erlaubt jedoch die Berechnung des
hochfrequenten globalen Wellenfeldes durch die ganze Erde auf
Parallelrechnern mit vergleichsweise geringem Rechenaufwand. Erste
Anwendungen des PSVaxi Programms werden am Ende des Kapitels
diskutiert: (1) eine exemplarische Modellierung der
Wellenausbreitung in einer angenommenen D“ Schicht mit Topographie
(2) eine Studie des Einflusses von Niedergeschwindigkeitszonen mit
Topographie auf seismische Phasen, die durch den untersten Mantel
und den äußeren Kern verlaufen und (3) eine Arbeit, die die
Streueigenschaften des Mantels aus an der Kern-Mantelgrenze
diffraktieren Wellen ableitet.

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