Der ferne Klang in Prag
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Beschreibung
vor 2 Jahren
Die tschechisch-deutsche Initiative Musica non
grata bemüht sich, eben diese wieder auf die Spielpläne zu
bringen. Musica non grata, in der Vergangenheit unter anderem von
den Nationalsozialisten unerwünschte Musik. Gestern hatte in
diesem Zyklus am ehemals Neuen Deutschen Theater in
Prag Franz Schrekers Oper „Der ferne Klang“ Premiere.
Musikchefin Ursula Magnes hat sich mit dem Zug nach Prag
aufgemacht und berichtet über den gestrigen Abend.
Die Oper „Der ferne
Klang“ von Franz
Schreker ist eine Ikone der Musik des 20.
Jahrhunderts. Ein Meilenstein am Weg in die Moderne. Die
Uraufführung 1912 in Frankfurt/Main brachte Franz Schreker den
internationalen Durchbruch. Seine erfolgreiche Berliner Karriere
als Lehrer zahlreicher, heute prominenter Schüler, ist von den
Nationalsozialisten unterbunden worden. Im schleichend
totalitären System war Schreker unerwünscht. Eine schmerzliche
Lücke, die erst ein in den 1970er-Jahren abgehaltener
musikwissenschaftlicher Kongress in Graz, mit einer langsam
einsetzenden Schreker-Renaissance schloss. Zuletzt gab es 2015
den „Fernen Klang“ an der Grazer Oper zu erleben.
Am 20. Mai 1920 war es Alexander von Zemlinsky, der die Musik
seines Freundes Franz Schreker „Zum Besten des Deutschen
Theatervereins“ in Prag herausbrachte. Die aktuelle Fassung für
die gestrige Premiere stammt vom jungen russischen
Regisseur Timofey Kulyabin und dem
Dramaturgen Ilya Kuharenko. Die drei Akte
lassen mit zwei Pausen auch Zeit für genügend frische Luft.
Der Inhalt der Oper „Der ferne Klang“, für die Franz Schreker wie
für die meisten seiner Opern, das Libretto selbst verfasste,
dreht sich um den Komponisten Fritz und seine Geliebte Grete. Er
verlässt sie auf der Suche nach dem reinen, perfekten Klang.
Gretes Vater wiederum verspielt Grete im Rausch an den Wirt. Sie
flieht zutiefst gekränkt. Als berühmte Kurtisane begegnet Grete
Jahre später Fritz erneut. Er wirbt mit einem Lied um sie.
Als Fritz erkennt, was aus ihr geworden ist, wendet er sich mit
Schrecken ab. Im 3. Akt fällt seine Oper „Die Harfe“ durch. Grete
sucht ihn auf, doch ist es zu spät. Fritz stirbt aus Erschöpfung
in ihren Armen.
Regisseur Timofey Kulyabin lässt die
Oper in einer modernen europäischen Stadt spielen. Fritz ist ein
ambitionierter Kompositionsprofessor und Grete ein junges
Mädchen, seine Studentin und Geliebte. Es geht
dem Regisseur weniger um das Bild
des Fernen Klanges als vielmehr um das
Recht der Frau auf Selbstverwirklichung und das Recht ihre
Talente zu leben.
Franz Schrekers Musik ist so überbordend prall an Klängen, dass
sie auch ohne Worte auskommen würde. So findet in der Musik
statt, was sich auf der Bühne kaum als Erlebniszauber
wiederfindet. Die Kluft zwischen dem Unbewussten des „Fernen
Klanges“ und einer Geschichte der Geschlechter, die in ihren
gesellschaftlichen Rollenbildern stecken, schließt sich nicht.
Dafür sind Timofey Kulyabin keine entsprechenden Bilder
eingefallen. Lediglich das stumme Double der Grete lässt etwas an
innerer Bewegung aufkommen. Bis zum Schluss bleibt jegliches
Geschehen auf Distanz: ob im Wirtshaus, im Dark-Room des
Freudenhauses oder im Künstlerzimmer des Komponisten. Grete geht
relativ ungerührt wieder weg. Wäre spannend zu sehen, wohin sie
das Leben nach den Machenschaften des Vaters und Fritz
wiederholter Ablehnung führt.
Die Partien der Grete und des Fritz sind äußerst
fordernd. Svetlana Akse
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