Irrelohe in Lyon
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Beschreibung
vor 2 Jahren
Gestern Abend hat die zweite Premiere des diesjährigen
Opernfestivals in Lyon stattgefunden. Einer jener Opernabende,
mit denen sich Michael Gmasz als Rezensent ein wenig schwergetan
hat. Irrelohe, eine Oper von Franz Schreker aus den frühen 20er
Jahren des 20. Jahrhunderts, mit einer spannenden Geschichte, die
Schreker selbst innerhalb weniger Tage zu Papier gebracht hat.
Und einer saftigen Musik, die der Hollywood Ära jener Zeit auch
alle Ehre gemacht hätte. Mehr dazu wieder frisch aus
Lyon.
Thema des diesjährigen Opernfestivals in Lyon ist ja
Familiengeheimnisse, und auch in Irrelohe dreht es sich, wie
schon bei Rigoletto, um einen Familienfluch. Dieser lastet
nämlich auf den Männern des Adelsgeschlechts auf Schloss
Irrelohe. Jeder Mann hat einmal den Drang eine Frau zu
vergewaltigen, und zwar direkt nach deren Hochzeit. Quasi als vom
Fluch auferlegtes Jus primae noctis… Heinrich allerdings kämpft,
von Familiendämonen verfolgt, dagegen an, vertieft sich in Bücher
und offenbar auch in die Pflanzenzucht. Mit Peter stellt sich
allerdings ein weiterer Nachfahre heraus, der als Sohn der
„ehemals feschen“ Lola aus einer früheren Vergewaltigung
hervorgegangen ist. Dazu kommt Christobald der eigentliche
Bräutigam Lolas, der nach der Vergewaltigung verschwunden ist und
nun 30 Jahre später plötzlich wieder auftaucht. 30 Jahre, in
denen er sich zum Feuerteufel entwickelt hhat, denn nur durch das
Feuer sind Reinheit und Ordnung wieder zu erreichen. Und dann ist
da noch die junge Förstertochter Eva, die unschudige Reine. Sie
will, all den überlieferten Irreloher Geschichten zum Trotz
Heinrich heiraten. Es ist eine vertrackte Geschichte, die damit
endet, dass das Schloss in Flammen steht, als in irrer Lohe (!).
An sich würde das, durch die kathartische Wirkung des Feuers den
Weg für eine gemeinsame Zukunft Evas und Heinrichs ebnen, doch
nimmt sich Eva überraschend das Leben und lässt so das, trotz
aller Tragik erwartete, happy end nicht zu.
Doch warum habe ich mir mit dem Opernabend schwergetan? Es liegt
nicht an der Regie von David Bösch (bis auf den überraschenden
Selbstmord Evas am Ende). Die Inszenierung ist düster, mit
Dauernebel auf der Bühne, aber seine Personenführung ist
gelungen, die Handlung wird, auch mithilfe von stummfilmartigen
schwarzweiß Videoprojektionen, klar erzählt. Auf explizite Sex-
und Gewaltdarstellungen verzichtet Bösch, auch wenn diese ob der
Vergewaltigungsthematik naheliegen würden. Anders ist die Sache
auf musikalischer Ebene. Altmeister Bernhard Kontarsky lässt sich
von der saftigen und klanglich herausfordernden Partitur
Schrekers zu sehr mitreißen. So groß sind manche Stimmen auf der
Bühne nicht, dass sie auch nur annähernd eine Chance hätten, über
den Graben zu kommen. Die Stimme von Lioba Braun als alte Lola
z.B. trägt nicht mehr genug für eine solche Wucht an
Orchestermusik. Auch unter den Männerstimmen sind einige für
diese Art der Interpretation zu schwach. Positiv zu erwähnen ist
allerdings Julian Orlishausen, der sowohl stimmlich als auch
darstellerisch einen überzeugenden Peter gibt und der Tenor
Tobias Hächler, der als gealterter „Draco Malfoy“ seinen Mann
steht. Großer und strahlender Lichtblick des Abends ist aber die
kanadische Sopranistin Ambur Braid, die als Förstertochter Eva in
allen Belangen überzeugt. Sie hat eine große Stimme, die wir in
Zukunft sicher des Öfteren hören werden. Eine erste Salome an
ihrem Stammhaus in Frankfurt hat sie schon sehr erfolgreich
abgeliefert. Im Großen und Ganzen ein Abend mit Längen, aber
einer spätromantischen Musik, die gut und gerne, mit einigen
Kürzungen, auch ohne die Gesangsstimmen auskommen würde. Dem
Lyoner Publikum hats aber gefallen. (mg)
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