Abschied mit Jenůfa
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vor 2 Jahren
Gestern fand im Theater an der
Wien endlich die verschobene Premiere von Leoš
Janáčeks Oper „Jenůfa“ statt. Der radio klassik Stephansdom
Opernexperte Richard
Schmitz berichtet.
An diesem Abend war die Neugier zweifach gegeben. Einerseits war
da die Frage: Wie gelingt Nina
Stemme der Übergang ins Charakterfach ?
Andererseits: Was bringt die Regie von Lotte de
Beer? Sie wird ja ab Herbst die Geschicke
der Wiener Volksoper leiten. Vorweg
sei verraten: Das Publikum jubelte sowohl Nina Stemme als auch
Lotte de Beer und ihrem Team ausgiebig zu.
Das Theater an der Wien spielt die Brünner
Fassung aus dem Jahr 1908. Das ist gut so. Unsere
Hörgewohnheiten haben sich geändert. Wir brauchen keine
romantisch-harmonische Glättung
mehr. „Jenůfa“ ist nicht zu Unrecht
eine Tschechische Nationaloper, auch wenn sie eigentlich Mährisch
ist. Aber diese Unterscheidung ist ohnehin verloren gegangen.
Diese Oper ist eine der bedeutendsten des 20. Jahrhunderts. Das
brachten das RSO Wien und
der Arnold Schoenberg Chor prächtig
zur Geltung. Dirigent Marc
Albrecht hat Janáčeks Musik dramatisch und sensibel
interpretiert. Die Feinheiten der Instrumentierung, das
Violinsolo und die Bläser-Attacken wurden genau
herausmodelliert. Nina Stemme hat den
schwierigen Charakter der Kostolnička, der Küsterin, mit vollem
stimmlichen Einsatz gestaltet. Das war wirklich ein gelungener
Übergang in das Charakterfach. Die Küsterin diesmal nicht als
Altersrollle. Erfreulicherweise wird Nina Stemme aber auch
weiterhin in ihrem angestammten Repertoire zu hören
sein. Svetlana Aksenova bestand neben
dieser Urgewalt bravourös. Ihre Jenůfa zeigt die Entwicklung von
der leichtlebigen jungen Frau zu einer gereiften Liebenden. Den
beiden Liebhabern macht es Janáček nicht leicht. Sie haben kaum
Gelegenheit zu stimmlicher Bravour. Pavol
Breslik ist der überhebliche, egoistische Števa
und Pavel Černoch der anfangs
unterdrückte brutale, am Ende hingebend liebender Laca.
Großmutter Stařenka war bei Hanna
Schwarz gut aufgehoben. Das übrige Ensemble war
bestens disponiert. Da gab es keine Schwachstelle.
Doch nun zur Regie von Lotte de Beer. Sie
stellt das Stück in eine Rahmenhandlung. Die Küsterin träumt im
Gefängnis die Handlung. Spätestens am Schluss der Oper wird
dieser Trick zum
Ereignis. Jenůfa verzeiht ihrer
Stiefmutter den Kindesmord bei einem Besuch im Gefängnis. Auch
das Erwachen der Liebe zu Laca danach wirkt viel logischer und
nachvollziehbarer. Bisher war man immer etwas überrumpelt von
diesen Entschlüssen vor versammelter Hochzeitsgesellschaft. Das
wirkte immer aufgesetzt. Diese Inszenierung ist ein schönes
Versprechen für die Volksoper und ein gelungener Abschied
vom Theater an der Wien, bevor es renoviert wird.
Wertnote: 9,0/10 Punkten
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