Diana Damrau als Anna Bolena
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Beschreibung
vor 2 Jahren
Bei der gestrigen Wiederaufnahme von Gaetano
Donizettis „Anna Bolena“ an
der Wiener Staatsoper war unser radio klassik
Stephansdom Opernexperte Richard Schmitz vor Ort.
Die Oper „Anna Bolena“ war das erste große Erfolgsstück
Donizettis. Da ist noch nicht alles so ausgefeilt wie in der
„Lucia“. Die Rezitative sind wenig anregend, die Arien
wirkungsvoll aber ohne die zwingende Linie und das Werk hat
Längen, gegen die Evelino Pidò vor elf
Jahren noch erfolglos angekämpft hat. Damals stand die erste
gemeinsame Bühnenproduktion von Anna
Netrebko und Elīna
Garanča im Mittelpunkt des Interesses. Gestern
befanden sich zwei Bühnenpersönlichkeiten am Höhepunkt ihres
Könnens nebeneinander. Diana
Damrau gestaltete die Titelrolle auch mit
schauspielerischen Einsatz und ihrer geschmeidigen Stimme aus.
Anfangs noch hektisch und kapriziös reift sie zu einem Menschen,
der um die Aufrechterhaltung seiner Ehe und sein Leben kämpft und
dem man am Ende sein Mitleid nicht versagen
kann. Ekaterina Semenchuk geht es
statischer an, kann aber durch Ausdruck und Stimmkraft die
Bandbreite der Giovanna Seymour von Liebe, Leidenschaft, Treue
und Gewissensbissen verständlich machen. Zwei Charakterstudien
erster Klasse. Die Überraschung des Abends war für
mich Nicholas Brownlee als Henry
VIII., der für Erwin Schrott eingesprungen ist. Genau so habe ich
mir den rücksichtslosen englischen König vorgestellt, mit
herrischer Stimme und entsprechendem Auftreten. Kaum zu glauben,
dass er mit dem Colline im Jänner in der „Bohème“ seinen ersten
Auftritt an der Wiener Staatsoper gefeiert hat. Medial groß
angekündigt war auch Pene Pati als
Percy, vor allem weil er aus Samoa kommt. Er hat eine schöne,
große, gut geführte Stimme, die er geschmackvoll einsetzt. Mehr
kann er ja in dieser Rolle als dümmlicher, verzweifelter
Liebender nicht zeigen. Dan Paul
Dumitrescu, Szilvia
Vörös und Carlos
Osuna erfüllen ihre Aufgaben mit Hingabe. Der
Dirigent Giacomo Sagripanti machte
keine Anstrengung die Längen des Werkes vergessen zu machen. Da
zerfallen die Rezitative und die Arienschlüsse treiben den
Applaus nicht an. Durchdachte Tempoverschiebungen und präzisere
Zeichengebung könnten so manche verwackelte Stelle
vermeiden. Erfreulicherweise hat die
Damrau ihre Wahnsinnsszene ohne
Rücksicht auf den Dirigenten gestaltet; das war dann auch ein
echter Höhepunkt.
Über die nicht vorhandene Regie und das hässliche Bühnenbild
breite ich den Mantel des Schweigens. Wenigstens konnten alle
ungeniert an der Rampe agieren. Für den Einspringer Nicholas
Brownlee war das sicher ein Vorteil. Auch die Kostüme sind wenig
liebevoll auf die Sänger zugeschnitten.
Fazit: Ein Abend mit zwei großen Sängerinnen und zwei positiven
Überraschungen. Das fast volle Haus war begeistert.
Wertnote: 8,5/10 Punkten.
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