Boris Godunow am Gürtel
3 Minuten
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Beschreibung
vor 2 Jahren
Im Dezember des Vorjahres hat
Volksopern-Direktor Robert
Meyer beschlossen, auf die szenische Realisation
des „Boris Godunow von Modest Mussorgsky zu
verzichten. Deshalb war die gestrige Premiere rein konzertant.
Unser Opernexperte Richard Schmitz war
dabei.
Die vorgesehene Wiedergabe der Urfassung enthält keinen Polenakt
und keinen Triumph des falschen Dimitri. Zuletzt ist
coronabedingt auch die Szene des Gottesnarren ausgefallen, weil
der Kinderchor nicht eingesetzt werden konnte. Zu hören waren 105
Minuten intensiver Mussorgsky. Ohne Pause. Gesungen wurde in
deutscher Sprache mit Übertiteln. So konnte man dem Geschehen
noch konzentrierter folgen. Dirigent Jac van
Steen arbeitete die harmonische Originalität der
Partitur bestens heraus. Die Glättung durch Nikolai
Rimski-Korsakov ist zurecht vergessen. Da hört man, dass
Mussorgskys Werk mit Richard Wagners Tristan und
Isolde zu vergleichen ist; so kühn und
abwechslungsreich ist die Musik.
Die Wiener Volksoper war gestern vom Orchester bis zum letzten
Choristen im Frack, die Damen im schwarzen Abendkleid zu
bewundern. Bei aller Intensität der Gestaltung hätten Kostüme die
unterschiedlichen Funktionen des Chores – Volk, Mönche, Bojaren –
doch klarer gemacht. Das traf auch auf die Protagonistinnen und
Protagonisten zu. Albert
Pesendorfer beeindruckt als Boris mit schöner
kerniger Stimme. Makellos als liebender Vater bis zuletzt. Der
Umschwung zum Wahnsinn gelingt weniger gut. Der Sieg des
schlechten Gewissens erschüttert kaum. Carsten
Süss geht das Schmierige des hinterlistigen
Schuiskij ab. Herausragend Ghazal
Kazemi als Fjodor. Der junge Yasushi
Hirano kann das Gebrechliche des alten Mönchs Pimen
im Frack wenig glaubhaft machen. Marco di
Sapia singt das Trinklied des Warlaam
ordentlich. Vincent Schirrmacher kann
sich nur in den ersten beiden Bildern als falscher Dimitri
beweisen.
Die aufgestellten Mikrofone lassen auf ein interessantes
Tondokument hoffen. Liebhaber des Boris Godunow sollten sich die
Wiederholungen an der Volksoper nicht entgehen lassen.
Wortdeutlich und auf Deutsch wird man das Werk nicht so bald
wieder zu hören bekommen. Das coronabedingt ausgedünnte
Auditorium war sehr zufrieden.
Wertnote: 7,2/10 Punkten
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