Diaspora Dialogues: Elisa Klapheck
49 Minuten
Beschreibung
vor 2 Jahren
„Seit Adam und Eva leben wir alle im Exil“
Die Rabbinerin Prof. Dr. Elisa Klapheck im Gespräch mit Dr.
Gesine Palmer (Berlin Center for Intellectual Diaspora der
Katholischen Akademie in Berlin e.V.)
Elisa Klapheck, geboren 1962, ordinierte Rabbinerin seit 2004,
ist als ein bekanntes Gesicht des liberalen Judentums zugleich
auf vielen anderen Gebieten in der Öffentlichkeit präsent. Sie
studierte Politik, Rechtswissenschaft und Judaistik in Nijmegen,
Hamburg und war anschließend als Journalistin für Funk und
Fernsehen sowie den Tagesspiegel und die Taz tätig. 1998 wurde
sie Pressesprecherin für die Jüdische Gemeinde zu Berlin. Sie ist
Mitbegründerin der Liberalen Synagoge in der Oranienburger
Straße, in der, ebenfalls seit 1998, egalitäre Gottesdienste
stattfinden. In jenen Jahren studierte sie und bildete sich
fortwährend weiter. 2005 übernahm sie ihr erstes Rabbinat als
erste Frau auf diesem Posten in Amsterdam. Seit 2009 ist sie
Rabbinerin des Egalitären Minyan in Frankfurt am Main. Im Jahr
2012 promovierte sie summa cum laude mit einer Arbeit über
Margarete Susman und ihren Beitrag zur politischen Philosophie.
Seit 2016 ist sie neben ihrer Arbeit als Rabbinerin Professorin
für Jüdische Studien am Zentrum für Komparative Theologie der
Universität Paderborn. Damit sind nur die markantesten Stationen
dieser hochaktiven Frau benannt. Zum Glück führt Elisa Klapheck
eine sehr übersichtliche Website, auf der man sich über ihre
Mitgliedschaft in der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, über die von
ihr herausgegebene Streitschrift Machloket, über die Vereinigung
Torat Hakalkala (Verein zur Förderung der angewandten jüdischen
Wirtschafts- und Sozialethik) und vieles mehr informieren kann.
In unserem Interview spricht Elisa Klapheck über die Situation
einer jüdischen Theologie in der Diaspora, über die Gewohnheit,
auch fast zeitgenössische Texte wie das Werk von Margarete Susman
so zu lesen wie biblische und andere Traditionstexte, und über
eine Welt, in der es nur noch Minderheitsreligionen geben kann.
Shownotes
Es ging Margarete Susmann und anderen jüdischen Autoren ihrer
Zeit weniger um Religion als Glaube als vielmehr um das Judentum
als eine Religion der Tat, politisch verstanden: die Verbesserung
der Gesellschaft.
Das Judentum muss anders als die anderen Religionen, die
dominante Mehrheitsreligionen sind, lernen, aus seiner Deckung
herauszukommen und die Brücken zu schlagen, wie man mit den
anderen diskutieren kann. Das ist in den letzten Jahrhunderten,
ja Jahrtausenden wenig passiert. Aber zur Zeit von Margarete
Susmann und auch heute gibt es Stimmen, die sagen, wir wollen
einen vom Judentum her gebauten interreligiösen Dialog.
Wir haben die Shoah noch in der DNA. Das ist noch gar nicht so
lange her und es ist noch heute die Frage: War das das Opfer für
die Gründung des Staates Israel?
In dieser Welt ist das Judentum geopfert worden, ist preisgegeben
worden. Es ist ein großes Opfer passiert, und ich trauere jeden
Tag, wenn ich feststelle, dass es überhaupt keine kritische Masse
mehr an jüdischem Denken in Deutschland gibt, an jüdischer
Realität.
Wir müssen, wenn wir Religion im 21. Jahrhundert glaubhaft
weiterdenken wollen, mit der Shoah umgehen.
Die große Frage ist, wo ist das Böse einzuordnen? Das ist nicht
nur eine Frage an die großen Religionen.
Wenn Religion zur Kuschelecke wird, wenn wir so mit unserem
Gottesverständnis umgehen, haben Religionen nichts zu sagen, denn
wir brauchen auch Antworten auf die Wirkmächte des Bösen.
Ich sehe aber trotz allem, was passiert ist, ein europäisches
Judentum im Werden, das aus dem Schatten der Shoah heraustritt.
Es wird sehr lange dauern, bis es sich als solches versteht, aber
es ist auf jeden Fall im Werden. Das sieht man auch an der
jüngeren Generation.
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