Verfassungsrechtliche Anforderungen an die parlamentarische Willensbildung – mit Prof. Florian Meinel | Wurde das Gebäudeenergiegesetz zu kurzfristig beschlossen? | BVerfG, Beschluss vom 05. Juli 2023 – 2 BvE 4/23
52 Minuten
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Kontext und Hintergründe aktueller Gerichtsentscheidungen & juristischer Debatten
Beschreibung
vor 11 Monaten
Im Frühsommer 2023 stritt das ganze Land über das
Gebäudeenergiegesetz der Ampel-Koalition (aka
Robert Habecks „Heizungsgesetz“). Nach schweren Angriffen der
politischen Opposition und der Bild-Zeitung sowie nach öffentlich
ausgetragenem Streit zwischen FDP und Grünen entschied sich die
Ampel-Koalition, das Gesetzesvorhaben umfassend zu ändern. Da war
aber der alte Gesetzesentwurf bereits in den Bundestag
eingebracht worden. Kurzfristig wurde über den nunmehr
umfangreich geänderten Gesetzesentwurf beraten und im
federführenden Ausschuss entschieden. Aus politischen Gründen
sollte das Gesetz noch vor der Sommerpause 2023 beschlossen
werden. Doch dazu kam es nicht.
In einer Eilentscheidung untersagte das
Bundesverfassungsgericht es der
Parlamentsmehrheit, noch vor der Sommerpause über die Änderungen
am Gebäudeenergiegesetz in zweiter und dritter Lesung zu
entscheiden und das Gesetz zu verabschieden. Denn den
Abgeordneten des
Bundestags habe zwischen dem Beschluss des
Ausschusses über die umfangreichen Änderungen am Gesetzesentwurf
und der vorgesehenen Beschlussfassung im Parlament nicht genug
Zeit zur Verfügung gestanden. Nach Ansicht des Gerichts konnte
nicht ausgeschlossen werden, dass dadurch das
Recht der
Abgeordneten auf
gleichberechtigte Teilhabe
an der parlamentarischen
Willensbildung aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG
verletzt worden ist (Beschluss vom 05.07.2023 – 2 BvE
4/23).
Die Entscheidung hat es in sich. Hinter ihr stehen grundlegende
Fragen zu den rechtlichen Anforderungen an das
Gesetzgebungsverfahren und den parlamentarischen
Meinungsbildungsprozess.
Professor Florian
Meinel, Inhaber des Lehrstuhls für
Staatstheorie, Politische Wissenschaften und Vergleichendes
Staatsrecht an der Georg-August-Universität Göttingen, erläutert
diese politisch brisante Entscheidung, ihre Hintergründe und
Folgen:
Warum war das Gesetzgebungsverfahren zum Gebäudenergiegesetz
untypisch?- Wie läuft das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren
normalerweise ab?
Warum werden wesentliche Fragen des
Gesetzgebungsverfahren – wie etwa Fristen – durch die
Geschäftsordnung des Bundestages – und nicht etwa durch das
Grundgesetz – geregelt?
Woher kommt die Erkenntnis des Gerichts, dem einzelnen
Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG weitreichende
Teilhaberechte zuzuerkennen?
Was genau umfasst das Recht der Abgeordneten auf
gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen
Willensbildung?
Warum hält das Bundesverfassungsgericht den Beratungszeitraum
zum Gebäudeenergiegesetz nicht für ausreichend, obwohl die dafür
vorgesehenen Fristen in der Geschäftsordnung des Bundestages
eingehalten wurden?
Droht in Folge der Entscheidung eine eingeschränkte
Handlungsfähigkeit des Parlaments?
Welche Anpassungen für den parlamentarischen Alltag ergeben
sich aus der Entscheidung?
Eine detaillierte Aufbereitung der Entscheidung zum
Gebäudeenergiegesetz findet ihr auf der
Jurafuchs Lernplattform (hier). Jurafuchs ist
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