Forschung zum Sachunterricht in der Grundschule: statistische Empirie und/oder phänomenologisch orientierte Hermeneutik

Forschung zum Sachunterricht in der Grundschule: statistische Empirie und/oder phänomenologisch orientierte Hermeneutik

Beschreibung

vor 31 Jahren
Die heute viel diskutierte Wahrnehmungskrise am Ausgang der Moderne
ist eine Herausforderung an die Pädagogik, wenn sie im
Bildungsgeschehen einen Beitrag zur Verwirklichung des Menschen und
zur Deutung von Mensch und Welt leisten will. Sachunterrichtliche
Bildungsprozesse müssen sich dabei auf ein neues Verständnis von
"Sachen" gründen, in dem sowohl Gegenstandsmerkmale von Sachen wie
auch Erfahrungsmerkmale der die Sachen erkundenden Menschen adäquat
berücksichtigt werden. Nach klassischer Betrachtungsweise gab es
eine feststellbare Grenze zwischen den sog. "harten" und "weichen"
Wissenschaften, wie sie in den Naturwissenschaften (z.B. Physik,
Chemie) und in den Humanwissenschaften (z.B. Philosophie,
Soziologie) studiert werden. Diese Unterscheidung schrumpft
wissenschaftstheoretisch immer mehr zusammen. Jede menschliche
Erkenntnis - auch die naturwissenschaftliche - hat ein
"Leibapriori" (K. O. Apel), das die subjektiven Anteile auch des
sog. objektiv-empirischen Erkenntnisprozesses mitbestimmt. Jedes
"wissenschaftlich" gewonnene Wissen steht mit dem Alltagswissen in
einem engen Implikationszusammenhang. In den sachunterrichtlichen
Bildungsprozessen in unseren Schulen können wissenschaftliche
Modellvorstellungen und Fachbegriffe erst dann pädagogisch sinnvoll
vermittelt werden, wenn sie auf phänomenal-ganzheitlichen
Erfahrungen der Kinder aufbauen. Der sachunterrichtliche
Erkenntnisweg hat sich zwischen den alltäglichen Phänomenen und den
fachwissenschaftlich gesicherten Erkenntnisdaten zu bewegen. In den
letzten Jahrzehnten ist in der sachunterrichtsdidaktischen
Forschung und Lehre eine extreme Akzentuierung von sog.
"Wissenschaftsorientierung" und "Kindorientierung" vollzogen
worden. Dabei hat man "Wissenschaftsgemäßheit" oft einseitig
bestimmt oder falsch verstanden; aber auch ein reduziertes
Verständnis von "Kindgemäßheit" ist im Zuge neuerer
grundschulpädagogischer Plädoyers erkennbar. Aufgabe gegenwärtiger
sachunterrichtsdidaktischer Forschung ist die Erarbeitung eines
neuen Verständnisses von (kindlicher) Sacherfahrung, in der
analytische und ganzheitliche Elemente, objektive und subjektive
Dimensionen adäquat berücksichtigt werden. Intuition und Logik
werden heute in Forschungsprozessen als beiderseits bedeutsam
anerkannt. Das impliziert intensive Bemühungen um einen neuen,
nicht einseitig analytisch festgemachten Rationalitätsbegriff -
auch in der pädagogischen Forschung.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: