Dreidimensionale Bewegungsanalysen bei Bewegungsstörungen der oberen Extremität nach Schlaganfällen
Beschreibung
vor 22 Jahren
Störungen der Funktion der oberen Extremität gehören zu den
häufigsten Folgen von Schlaganfällen. Die genaue Definition von
„motorischen Funktionen“ bereitet Schwierigkeiten, da keine
allgemein akzeptierte Taxonomie motorischer Leistungen existiert.
Alle bisherigen Ansätze zur Klassifikation von Bewegungen bedienen
sich theoretischer Konstrukte, die einer experimentellen
Überprüfung nur schwer zugänglich sind. Dank der technischen
Entwicklungen der letzten Jahre, ist es möglich geworden,
Bewegungen dreidimensional zu registrieren und kinematische Aspekte
zu analysieren. Dadurch können normale Bewegungen und gestörte
Bewegungen in bisher nicht untersuchten Teilaspekten der Kinematik
betrachtet werden. In der vorliegenden Arbeit wurden 26 Patienten
untersucht, die Störungen der oberen Extremität nach Schlaganfällen
hatten. Dabei gab es zwei Gruppen mit Paresen der oberen
Extremität, eine mit der Läsion in der rechten Hemisphäre und die
andere mit der Läsion in der linken Hemisphäre, sowie eine Gruppe
mit ataktischen Bewegungsstörungen, bei der die Läsion im
Stammhirn/Kleinhirn lag. Die Untersuchung bestand aus einem Set von
zwölf Aufgaben, das aus Gruppen mit unterschiedlichen
Bewegungstypen bestand. Dabei gab es den Aufgabentyp „elementare
Bewegungen“ mit Einzelgelenkbewegungen in Schulter, Ellbogen und
Handgelenk sowie die Pro- und Supination. Geprüft wurden der
maximale aktive Gelenkspielraum sowie repetitive Bewegungen, die
flüssig und mit einer natürlichen Geschwindigkeit ausgeführt werden
sollten. Die „schnellen Wechselbewegungen“ sollten mit
Maximalgeschwindigkeit durchgeführt werden, wobei die
Diadochokineseprüfung schnellstmögliche Pro- und Supination im
Unterarm, das Hand- und Zeigefingertapping schnelle Flexions- und
Extensionsbewegungen im Handgelenk bzw. MCP-Gelenk des Zeigefingers
erforderten. Bei den „Zielbewegungen“ gab es eine Grundaufgabe und
drei Variationen der Zielcharakteristika. Jeweils eine möglichst
genaue und flüssige Bewegung vom Startpunkt bis zum Erreichen des
Zieles wurde hier gefordert. Damit wurden viele unterschiedliche
Bewegungsaspekte abgedeckt, wie z.B. Genauigkeit, Schnelligkeit
oder Koordination. Durch die Analyse von unterschiedlichen
Bewegungsparametern konnten darüber hinaus auch innerhalb einer
Bewegung unterschiedliche Aspekte differenziert werden. Um die
Patientenleistung von der Leistung gesunder Kontrollen abzugrenzen,
wurden zum Vergleich die Ergebnisse einer Untersuchung gesunder
Probanden herangezogen, die unter identischen Bedingungen
durchgeführt worden war. Zur Abgrenzung zwischen normaler und
gestörter Leistung konnten dabei sogenannte Z-Werte berechnet
werden. Diese beschreiben den Abstand einer Patientenleistung (Y)
von dem Mittelwert (M) der Leistungen gesunder Kontrollpersonen
ausgedrückt in Standardabweichungen (SD) der Verteilung der
Kontrollen (Z = [Y-M]/SD). So können erstens der Abstand einer
pathologischen Leistung von normalen Leistungen quantifiziert und
anschaulich beschrieben werden, zweitens unterschiedliche
Aufgabentypen, für die sich ganz unterschiedliche Kennwerte
ergeben, verglichen werden und drittens kann innerhalb einer
Aufgabe der kinematische Parameter gefunden werden, der die
Leistung am sensitivsten beschreibt. Es wurde gezeigt, dass die
klinisch erkennbaren Defizite genauestens erfassbar waren und
anhand von kinematischen Parametern quantifiziert werden konnten.
Unterschiedlichen Bewegungsaspekte waren durch verschiedene
Parameter voneinander zu unterscheiden und sie waren zum Teil
unabhängig verändert. Bei den beiden großen Patientengruppen
„Parese“ und „Ataxie“ waren die Bewegungsaspekte nicht
gleichermaßen betroffen und sie zeigten bei den verschiedenen
Aufgabentypen klare Unterschiede im Ausmaß der Störung. In den
Parametern, die eine Aufgabe jeweils am sensitivsten erfassten,
lagen die ZWerte meist weit jenseits der Grenze zur Norm. Im Mittel
waren also bei den Patienten in allen Aufgaben klare Defizite bei
der Bewegungsausführung vorhanden. Innerhalb eines Aufgabentyps
variierten dabei die kinematischen Parameter deutlich, d.h. dass
nicht alle Aspekte einer Aufgabe im gleichen Maß betroffen waren.
In den meisten Fällen besaßen zeitliche Kennwerte (z.B. Frequenz,
Bewegungsdauer) höhere ZWerte, d.h. sie waren sensitiver, als rein
räumliche Kennwerte (z.B. Amplitude). Zum zweiten wurde deutlich,
dass auch die Variabilitätsmaße hohe Z-Werte aufweisen, also dass
die Bewegungen nicht nur in Zeitdauer, Geschwindigkeit, Weglängen
etc. verändert waren, sondern dass auch die Wiederholgenauigkeit
deutlich eingeschränkt war. Auch in der Variabilität war der
zeitliche Aspekt meist mehr gestört als der räumliche. Manche der
Parameter (z.B. die Frequenz bei Tappingaufgaben, oder die
Bewegungsdauer bei Zeigeaufgaben) können auch durch andere
Verfahren erhoben werden, aber andere sind nur durch kinematische
Analysen berechenbar (wie die Variabilitätsmaße oder die Direktheit
bei den „Zielbewegungen“) und diese zeigten sich als sensitiver als
die bisher gebräuchlichen. Es lässt sich also festhalten, dass
durch die kinematischen Analysen neue Parameter betrachtet werden
können, die zudem eine höhere Sensitivität in der Erfassung
pathologisch gestörter Bewegungen haben. Beim Vergleich der
Aufgabentypen waren die „„elementaren Bewegungen““ zwar am
wenigsten betroffen, aber auch hier traten deutliche Defizite auf.
In der Gruppe der Patienten mit Hemisphärenläsionen (Paresen) waren
die „Zielbewegungen" etwa gleich stark betroffen wie die „schnellen
Wechselbewegungen". Ein ganz anderes Bild ergab sich allerdings für
die Gruppe der Patienten mit Läsionen des Stamm- und Kleinhirns
(Ataxien). Hier waren die „Zielbewegungen“ um ein Vielfaches
stärker betroffen als die anderen Bewegungstypen. Es wurde geprüft,
ob Patienten mit vergleichbarer Ätiologie auch ähnliche
Störungsmuster in den verschiedenen Aufgaben hatten. Die Ergebnisse
zeigten, dass nicht von einer Homogenität innerhalb der Gruppe
ausgegangen werden darf. Gleichzeitig gab es jedoch Hinweise, dass
sich Untergruppen mit vergleichbaren Störungscharakteristika bilden
lassen. Für die grobe klinische Klassifikation der Hemiparese wurde
in dieser Arbeit gezeigt, dass sich die individuellen
Störungsmuster gravierend unterscheiden können. Die kinematischen
Analysen der Bewegungen der oberen Extremität sind eine einfach
anzuwendende Methode, die eine Vielfalt neuer Aspekte in der
Untersuchung von motorischen Defiziten erbringen. Sie sind ein
gutes Instrument, um diese Leistungen zu dokumentieren und in ihren
Teilaspekten zu analysieren. Sie können vielfältig eingesetzt
werden: im Rahmen wissenschaftlicher Fragestellungen, zur
Verlaufskontrolle während der Therapie und damit zur Überprüfung
unterschiedlicher Therapieformen. Es wäre also wünschenswert, dass
die kinematischen Analysen einen festen Stellenwert in der
Diagnostik, Therapie und wissenschaftlichen Untersuchung
motorischer Störungen erlangen.
häufigsten Folgen von Schlaganfällen. Die genaue Definition von
„motorischen Funktionen“ bereitet Schwierigkeiten, da keine
allgemein akzeptierte Taxonomie motorischer Leistungen existiert.
Alle bisherigen Ansätze zur Klassifikation von Bewegungen bedienen
sich theoretischer Konstrukte, die einer experimentellen
Überprüfung nur schwer zugänglich sind. Dank der technischen
Entwicklungen der letzten Jahre, ist es möglich geworden,
Bewegungen dreidimensional zu registrieren und kinematische Aspekte
zu analysieren. Dadurch können normale Bewegungen und gestörte
Bewegungen in bisher nicht untersuchten Teilaspekten der Kinematik
betrachtet werden. In der vorliegenden Arbeit wurden 26 Patienten
untersucht, die Störungen der oberen Extremität nach Schlaganfällen
hatten. Dabei gab es zwei Gruppen mit Paresen der oberen
Extremität, eine mit der Läsion in der rechten Hemisphäre und die
andere mit der Läsion in der linken Hemisphäre, sowie eine Gruppe
mit ataktischen Bewegungsstörungen, bei der die Läsion im
Stammhirn/Kleinhirn lag. Die Untersuchung bestand aus einem Set von
zwölf Aufgaben, das aus Gruppen mit unterschiedlichen
Bewegungstypen bestand. Dabei gab es den Aufgabentyp „elementare
Bewegungen“ mit Einzelgelenkbewegungen in Schulter, Ellbogen und
Handgelenk sowie die Pro- und Supination. Geprüft wurden der
maximale aktive Gelenkspielraum sowie repetitive Bewegungen, die
flüssig und mit einer natürlichen Geschwindigkeit ausgeführt werden
sollten. Die „schnellen Wechselbewegungen“ sollten mit
Maximalgeschwindigkeit durchgeführt werden, wobei die
Diadochokineseprüfung schnellstmögliche Pro- und Supination im
Unterarm, das Hand- und Zeigefingertapping schnelle Flexions- und
Extensionsbewegungen im Handgelenk bzw. MCP-Gelenk des Zeigefingers
erforderten. Bei den „Zielbewegungen“ gab es eine Grundaufgabe und
drei Variationen der Zielcharakteristika. Jeweils eine möglichst
genaue und flüssige Bewegung vom Startpunkt bis zum Erreichen des
Zieles wurde hier gefordert. Damit wurden viele unterschiedliche
Bewegungsaspekte abgedeckt, wie z.B. Genauigkeit, Schnelligkeit
oder Koordination. Durch die Analyse von unterschiedlichen
Bewegungsparametern konnten darüber hinaus auch innerhalb einer
Bewegung unterschiedliche Aspekte differenziert werden. Um die
Patientenleistung von der Leistung gesunder Kontrollen abzugrenzen,
wurden zum Vergleich die Ergebnisse einer Untersuchung gesunder
Probanden herangezogen, die unter identischen Bedingungen
durchgeführt worden war. Zur Abgrenzung zwischen normaler und
gestörter Leistung konnten dabei sogenannte Z-Werte berechnet
werden. Diese beschreiben den Abstand einer Patientenleistung (Y)
von dem Mittelwert (M) der Leistungen gesunder Kontrollpersonen
ausgedrückt in Standardabweichungen (SD) der Verteilung der
Kontrollen (Z = [Y-M]/SD). So können erstens der Abstand einer
pathologischen Leistung von normalen Leistungen quantifiziert und
anschaulich beschrieben werden, zweitens unterschiedliche
Aufgabentypen, für die sich ganz unterschiedliche Kennwerte
ergeben, verglichen werden und drittens kann innerhalb einer
Aufgabe der kinematische Parameter gefunden werden, der die
Leistung am sensitivsten beschreibt. Es wurde gezeigt, dass die
klinisch erkennbaren Defizite genauestens erfassbar waren und
anhand von kinematischen Parametern quantifiziert werden konnten.
Unterschiedlichen Bewegungsaspekte waren durch verschiedene
Parameter voneinander zu unterscheiden und sie waren zum Teil
unabhängig verändert. Bei den beiden großen Patientengruppen
„Parese“ und „Ataxie“ waren die Bewegungsaspekte nicht
gleichermaßen betroffen und sie zeigten bei den verschiedenen
Aufgabentypen klare Unterschiede im Ausmaß der Störung. In den
Parametern, die eine Aufgabe jeweils am sensitivsten erfassten,
lagen die ZWerte meist weit jenseits der Grenze zur Norm. Im Mittel
waren also bei den Patienten in allen Aufgaben klare Defizite bei
der Bewegungsausführung vorhanden. Innerhalb eines Aufgabentyps
variierten dabei die kinematischen Parameter deutlich, d.h. dass
nicht alle Aspekte einer Aufgabe im gleichen Maß betroffen waren.
In den meisten Fällen besaßen zeitliche Kennwerte (z.B. Frequenz,
Bewegungsdauer) höhere ZWerte, d.h. sie waren sensitiver, als rein
räumliche Kennwerte (z.B. Amplitude). Zum zweiten wurde deutlich,
dass auch die Variabilitätsmaße hohe Z-Werte aufweisen, also dass
die Bewegungen nicht nur in Zeitdauer, Geschwindigkeit, Weglängen
etc. verändert waren, sondern dass auch die Wiederholgenauigkeit
deutlich eingeschränkt war. Auch in der Variabilität war der
zeitliche Aspekt meist mehr gestört als der räumliche. Manche der
Parameter (z.B. die Frequenz bei Tappingaufgaben, oder die
Bewegungsdauer bei Zeigeaufgaben) können auch durch andere
Verfahren erhoben werden, aber andere sind nur durch kinematische
Analysen berechenbar (wie die Variabilitätsmaße oder die Direktheit
bei den „Zielbewegungen“) und diese zeigten sich als sensitiver als
die bisher gebräuchlichen. Es lässt sich also festhalten, dass
durch die kinematischen Analysen neue Parameter betrachtet werden
können, die zudem eine höhere Sensitivität in der Erfassung
pathologisch gestörter Bewegungen haben. Beim Vergleich der
Aufgabentypen waren die „„elementaren Bewegungen““ zwar am
wenigsten betroffen, aber auch hier traten deutliche Defizite auf.
In der Gruppe der Patienten mit Hemisphärenläsionen (Paresen) waren
die „Zielbewegungen" etwa gleich stark betroffen wie die „schnellen
Wechselbewegungen". Ein ganz anderes Bild ergab sich allerdings für
die Gruppe der Patienten mit Läsionen des Stamm- und Kleinhirns
(Ataxien). Hier waren die „Zielbewegungen“ um ein Vielfaches
stärker betroffen als die anderen Bewegungstypen. Es wurde geprüft,
ob Patienten mit vergleichbarer Ätiologie auch ähnliche
Störungsmuster in den verschiedenen Aufgaben hatten. Die Ergebnisse
zeigten, dass nicht von einer Homogenität innerhalb der Gruppe
ausgegangen werden darf. Gleichzeitig gab es jedoch Hinweise, dass
sich Untergruppen mit vergleichbaren Störungscharakteristika bilden
lassen. Für die grobe klinische Klassifikation der Hemiparese wurde
in dieser Arbeit gezeigt, dass sich die individuellen
Störungsmuster gravierend unterscheiden können. Die kinematischen
Analysen der Bewegungen der oberen Extremität sind eine einfach
anzuwendende Methode, die eine Vielfalt neuer Aspekte in der
Untersuchung von motorischen Defiziten erbringen. Sie sind ein
gutes Instrument, um diese Leistungen zu dokumentieren und in ihren
Teilaspekten zu analysieren. Sie können vielfältig eingesetzt
werden: im Rahmen wissenschaftlicher Fragestellungen, zur
Verlaufskontrolle während der Therapie und damit zur Überprüfung
unterschiedlicher Therapieformen. Es wäre also wünschenswert, dass
die kinematischen Analysen einen festen Stellenwert in der
Diagnostik, Therapie und wissenschaftlichen Untersuchung
motorischer Störungen erlangen.
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