Zur Biomechanik des traumatischen diffusen Axonschadens
Beschreibung
vor 21 Jahren
Der diffuse Axonschaden (DAI) ist Thema der vorliegenden Arbeit.
Diese spezielle Form des Schädelhirntraumas wurde biomechanisch im
Hinblick auf die Entstehungsmechanismen analysiert, mit dem Ziel
Toleranzgrenzen zu ermitteln. Eine insbesondere dafür entwickelte,
bisher in der Literatur nicht beschriebene, neuropathologische
Darstellung des DAI wurde erstmals zugrunde gelegt, womit vor allem
traumatische Läsionen in den Bahnsystemen sowohl qualitativ als
auch quantitativ aufgezeigt werden können. Aus dem Sektionsgut des
Instituts für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität
München wurden 16 Fälle analysiert, für die am Institut für
Neuropathologie zusätzlich auch eine neuropathologische
Untersuchung des Gehirns durchgeführt wurde. Es handelt sich um
tödliche Unfälle unterschiedlicher Art, bei denen es möglich war,
z.B. anhand der Ermittlungsakten der Polizei und der
Staatsanwaltschaft, eine hinreichend genaue Unfallrekonstruktion
vorzunehmen und die biomechanisch relevanten Belastungsparameter
für das Gehirn zu bestimmen. Kürzlich entwickelte Computerverfahren
zur Unfallrekonstruktion wurden dabei angewandt, z.B. PC-CRASH mit
integrierten MKSSystemen und dem MADYMO - Verfahren. Zwei Fälle mit
schwersten Kopfverletzungen, wo entgegen den Erwartungen kein DAI
eingetreten ist, wurden in das Untersuchungsgut einbezogen. Sie
dienen als Beispiele dafür, daß bei hoher Stoßbelastung des Gehirns
nicht in jedem Fall DAI auftreten muß. Um festzustellen ob DAI auch
als primärer Schaden auftritt, wurden mehrere Fälle ohne
Überlebenszeit betrachtet. Entgegen bisher vorherrschender
Auffassungen, konnte gezeigt werden, daß sich DAI auch als primäre
Erscheinung, d.h. bei sofortigem Todeseintritt, manifestiert. Eine
längere Überlebenszeit, z.B. von 6 Stunden wie verschiedentlich
genannt, ist zur Ausbildung von DAI nicht unbedingt notwendig. Die
Einzelfallanalyse zeigt, daß DAI im Hirnstamm bei hoher axialer
Krafteinwirkung in z- Richtung, vor allem bei Zugkräften,
wahrscheinlich ist. Für Stoßbelastungen ohne relevante axiale
Kraftkomponente, wie z.B. bei einem frontalen Aufprall in der
Gesichtsregion, scheint DAI im Hirnstamm nicht aufzutreten. DAI im
Balken (Corpus callosum) erscheint charakteristisch für
aufgetretene höhere Rotationsbeschleunigungen um die Vertikalachse
(z- Achse). DAI in den Hemisphären kann im Falle einer starken
Deformation und Fraktur des knöchernen Schädels den dabei wirksamen
Scherkräften zugeschrieben werden, womöglich auch, besonders
parietal, durch lokale „interne“ Zugkräfte infolge Lageänderung des
Gehirns in der Schädelkapsel. Weiter zeigt sich, daß DAI selbst bei
extremer Stoßbelastung des Kopfes mit der Folge von ausgedehnten
Schädelbrüchen (z.B. einem Scharnierbruch) und Hirnläsionen nicht
zwingend auftreten muß. Die quantitative Auswertung relevanter
biomechanischer Belastungsparameter des Gehirns ermöglichte die
Ableitung erster Annäherungen der bisher nur unzulänglich bzw. zum
Teil überhaupt nicht bekannten unteren Toleranzgrenzen für den DAI.
Im Hinblick auf die lineare (translatorische) Kopfbeschleunigung
läßt sich ein ähnlicher Verlauf erkennen, wie für die bekannte
Grenzkurve für die Gehirnerschütterung (Wayne State University
Tolerance Curve WSTC). Im Vergleich zur WSTC wird die Toleranzkurve
für den DAI, abhängig von der Stoßzeit, von etwa 20 – 50 g höheren
Belastungswerten gekennzeichnet. Beispielsweise entspricht dann dem
häufig zitierten Grenzwert für die Gehirnerschütterung von 80 g aus
der WSTC bei 10 ms Einwirkzeit eine Toleranzgrenze für den DAI von
130 g. Für die Rotationsgeschwindigkeit kann ein unterer Grenzwert
von 38 rad/s bei einer Rotationsbeschleunigung um 7.500 rad/s
abgeleitet werden, welcher in etwa mit nur sehr vereinzelt
verfügbaren Literaturdaten übereinstimmt. Für die
Rotationsbeschleunigung wurde ein erster Vorschlag für die untere
Toleranzkurve des DAI in Abhängigkeit von der Einwirkzeit
aufgezeigt, welche z.B. auf einen Grenzwert von 5.500 rad/s bei 10
ms Einwirkzeit hinweist. Bislang gänzlich unbekannt sind dazu
Vergleichsdaten aus der Literatur, so daß weitere Untersuchungen
zur Bestätigung oder Präzisierung speziell dieser neuen
Toleranzkurve angezeigt sind. Generell sollten die in der
vorliegenden Arbeit erstellten ersten Annäherungen von
Toleranzkurven für den DAI als Grundlage für notwendige weitere
Untersuchungen verwendet werden. Ähnlich wie die WSTC die in einem
langjährigen Prozeß durch unterschiedliche Beiträge immer weiter
präzisiert wurde, sollten auch die Toleranzgrenzen für den DAI
durch weitere Daten ergänzt werden.
Diese spezielle Form des Schädelhirntraumas wurde biomechanisch im
Hinblick auf die Entstehungsmechanismen analysiert, mit dem Ziel
Toleranzgrenzen zu ermitteln. Eine insbesondere dafür entwickelte,
bisher in der Literatur nicht beschriebene, neuropathologische
Darstellung des DAI wurde erstmals zugrunde gelegt, womit vor allem
traumatische Läsionen in den Bahnsystemen sowohl qualitativ als
auch quantitativ aufgezeigt werden können. Aus dem Sektionsgut des
Instituts für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität
München wurden 16 Fälle analysiert, für die am Institut für
Neuropathologie zusätzlich auch eine neuropathologische
Untersuchung des Gehirns durchgeführt wurde. Es handelt sich um
tödliche Unfälle unterschiedlicher Art, bei denen es möglich war,
z.B. anhand der Ermittlungsakten der Polizei und der
Staatsanwaltschaft, eine hinreichend genaue Unfallrekonstruktion
vorzunehmen und die biomechanisch relevanten Belastungsparameter
für das Gehirn zu bestimmen. Kürzlich entwickelte Computerverfahren
zur Unfallrekonstruktion wurden dabei angewandt, z.B. PC-CRASH mit
integrierten MKSSystemen und dem MADYMO - Verfahren. Zwei Fälle mit
schwersten Kopfverletzungen, wo entgegen den Erwartungen kein DAI
eingetreten ist, wurden in das Untersuchungsgut einbezogen. Sie
dienen als Beispiele dafür, daß bei hoher Stoßbelastung des Gehirns
nicht in jedem Fall DAI auftreten muß. Um festzustellen ob DAI auch
als primärer Schaden auftritt, wurden mehrere Fälle ohne
Überlebenszeit betrachtet. Entgegen bisher vorherrschender
Auffassungen, konnte gezeigt werden, daß sich DAI auch als primäre
Erscheinung, d.h. bei sofortigem Todeseintritt, manifestiert. Eine
längere Überlebenszeit, z.B. von 6 Stunden wie verschiedentlich
genannt, ist zur Ausbildung von DAI nicht unbedingt notwendig. Die
Einzelfallanalyse zeigt, daß DAI im Hirnstamm bei hoher axialer
Krafteinwirkung in z- Richtung, vor allem bei Zugkräften,
wahrscheinlich ist. Für Stoßbelastungen ohne relevante axiale
Kraftkomponente, wie z.B. bei einem frontalen Aufprall in der
Gesichtsregion, scheint DAI im Hirnstamm nicht aufzutreten. DAI im
Balken (Corpus callosum) erscheint charakteristisch für
aufgetretene höhere Rotationsbeschleunigungen um die Vertikalachse
(z- Achse). DAI in den Hemisphären kann im Falle einer starken
Deformation und Fraktur des knöchernen Schädels den dabei wirksamen
Scherkräften zugeschrieben werden, womöglich auch, besonders
parietal, durch lokale „interne“ Zugkräfte infolge Lageänderung des
Gehirns in der Schädelkapsel. Weiter zeigt sich, daß DAI selbst bei
extremer Stoßbelastung des Kopfes mit der Folge von ausgedehnten
Schädelbrüchen (z.B. einem Scharnierbruch) und Hirnläsionen nicht
zwingend auftreten muß. Die quantitative Auswertung relevanter
biomechanischer Belastungsparameter des Gehirns ermöglichte die
Ableitung erster Annäherungen der bisher nur unzulänglich bzw. zum
Teil überhaupt nicht bekannten unteren Toleranzgrenzen für den DAI.
Im Hinblick auf die lineare (translatorische) Kopfbeschleunigung
läßt sich ein ähnlicher Verlauf erkennen, wie für die bekannte
Grenzkurve für die Gehirnerschütterung (Wayne State University
Tolerance Curve WSTC). Im Vergleich zur WSTC wird die Toleranzkurve
für den DAI, abhängig von der Stoßzeit, von etwa 20 – 50 g höheren
Belastungswerten gekennzeichnet. Beispielsweise entspricht dann dem
häufig zitierten Grenzwert für die Gehirnerschütterung von 80 g aus
der WSTC bei 10 ms Einwirkzeit eine Toleranzgrenze für den DAI von
130 g. Für die Rotationsgeschwindigkeit kann ein unterer Grenzwert
von 38 rad/s bei einer Rotationsbeschleunigung um 7.500 rad/s
abgeleitet werden, welcher in etwa mit nur sehr vereinzelt
verfügbaren Literaturdaten übereinstimmt. Für die
Rotationsbeschleunigung wurde ein erster Vorschlag für die untere
Toleranzkurve des DAI in Abhängigkeit von der Einwirkzeit
aufgezeigt, welche z.B. auf einen Grenzwert von 5.500 rad/s bei 10
ms Einwirkzeit hinweist. Bislang gänzlich unbekannt sind dazu
Vergleichsdaten aus der Literatur, so daß weitere Untersuchungen
zur Bestätigung oder Präzisierung speziell dieser neuen
Toleranzkurve angezeigt sind. Generell sollten die in der
vorliegenden Arbeit erstellten ersten Annäherungen von
Toleranzkurven für den DAI als Grundlage für notwendige weitere
Untersuchungen verwendet werden. Ähnlich wie die WSTC die in einem
langjährigen Prozeß durch unterschiedliche Beiträge immer weiter
präzisiert wurde, sollten auch die Toleranzgrenzen für den DAI
durch weitere Daten ergänzt werden.
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