Kalenderpredigt Erntedankfest
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vor 2 Jahren
Heute, am ersten Sonntag nach Michaelis, steht im Kalender das
„Erntedankfest“.
Dazu lesen wir in Psalm 126, 5.6 Folgendes:
„Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.
Sie gehen hin und weinen und streuen ihren Samen
und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.“
In der Zeit und der Umwelt, in der dieser Psalm entstand, war die
Zeit der Aussaat verbunden mit dem Gefühl der Trauer. Das muss
man sich ein Stück weit vergegenwärtigen, denn das entspricht
sicher nicht unserem heutigen Lebensgefühl. Wer einen Acker zu
bestellen hat, fiebert im Frühjahr vermutlich der Aussaatszeit
eher entgegen; endlich stimmen Temperatur und Wetter! Auf geht’s!
Über der Aussaat liegt bei uns eher so etwas wie eine
Aufbruchsstimmung – so vermute ich zumindest.
Dass in biblischen Zeiten dagegen „unter Tränen gesät“ wurde, mag
damit zusammenhängen, dass das ausgestreute Korn nun endgültig
als Nahrung nicht mehr zur Verfügung stand. Vielleicht war es der
letzte Sack Weizen, den man extra als Saatgut aufgehoben hatte.
Nun war alles ausgestreut, der letzte Sack gelehrt und die
Scheune leer. Das Gefühl der „leeren Hände“ überwog
vermutlich die gespannte Hoffnung und Vorfreude. Die Sorge darum,
was und wieviel denn nun auch aufgehen würde, überwog. In seinem
bekannten Gleichnis vom „4-fachen Ackerfeld“ beschreibt Jesus ja
sehr anschaulich die „Gefährdung der Saat“: Da sind die Vögel und
das Ungeziefer, ungünstige Bodenverhältnisse, fehlender Regen und
schließlich das allgegenwärtige Unkraut. Dass am Ende überhaupt
etwas aufgeht, ist ja eher die große Überraschung im Gleichnis!
Aussäen – d.h. also zunächst: Aus der Hand geben; loslassen;
nicht mehr kontrollieren und steuern können; jetzt nichts
mehr tun und eigentlich nur noch abwarten können. Ich vermute,
dass dir dieses Gefühl und diese Erfahrung vertraut sind.
Vielleicht denkst du an deine Kinder, die langsam flügge werden
und an deinem Rat oder gar an deiner Kontrolle eher weniger
interessiert sind. Oder an eine Beziehung, in die du so viel
investiert hast und an einen Menschen, dem du so viel Vertrauen
entgegengebracht hast. Bei Licht betrachtet sind es ungezählte
kleine und große Lebensbereiche, in denen wir zunächst
investieren und uns engagieren und dann spüren: Wie’s ausgeht und
ob’s gelingt, liegt jetzt nicht mehr bei uns.
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