Rassismus auf dem Fußballplatz: „Was macht der Bimbo-Junge da?“
HSV-Schiedsrichter Jamaine Arhin berichtet von seinen Erfahrungen
19 Minuten
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Beschreibung
vor 4 Jahren
Knapp drei Jahre ist der Vorfall bereits her, aber vergessen kann
Jamaine Arhin ihn nicht. „Irgendwann ist das alles ausgeartet“,
sagt der 35 Jahre alte Hamburger. „Das alles“ – damit sind die
Geschehnisse vom 25. August 2017 gemeint. An jenem Freitagabend
spielte der FC Quickborn gegen den FC Roland Wedel. Amateurfußball
vom Feinsten, Bezirksliga West. „Das Spiel lief zunächst sehr ruhig
und vernünftig“, sagt Arhin, der seinerzeit als
Schiedsrichterassistent an der Linie stand. „Als Quickborn dann
aber ein paar Gegentore kassierte, eskalierte die Lage.“ 32 Monate
nach Quickborns folgenreicher 2:5-Niederlage sitzt Jamaine Arhin in
seinem Zuhause in Poppenbüttel und spricht im Abendblatt-Podcast
„HSV – wir reden weiter“ über die damaligen Vorfälle. Der
dunkelhäutige Hamburger, der im Alter von zwei Jahren aus Ghana
nach Deutschland kam und seit fünf Jahren für den HSV Amateurspiele
als Leistungsschiedsrichter pfeift, erinnert sich noch ganz genau
an die Beschimpfungen, die ihm von den Zuschauern an den Kopf
geworfen wurden. „Was macht der Schwarze da? Der soll in die Küche
gehen und putzen!“, soll ein Zuschauer gerufen haben. Doch nachdem
Arhin zunächst nicht reagierte („Ich habe versucht, mich zu
beruhigen“) sollen die Zuschauer sogar seinen damals vier Jahre
alten Sohn, der ebenfalls beim Spiel dabei war, beleidigt haben.
„Was macht der Bimbo-Junge da?“, soll einer gerufen haben. „Nach
dem Abpfiff habe ich mir den jungen Mann vorgeknöpft und ihn
gefragt: Was soll so was? Da wurde er noch ausfallender“, sagt
Arhin, der es gewohnt war, aufgrund seiner Hautfarbe beleidigt zu
werden. „Aber selten so heftig.“ Arhin machte das, was man als
Schiedsrichter in so einer Situation machen kann: Er verfasste
einen Sonderbericht und stellte diesem dem Hamburger
Fußball-Verband zu. Das Sportgericht des HFV gab ihm recht und
verdonnerte den FC Quickborn in erster Instanz zu einer
Strafzahlung von 700 Euro. „Das ist viel für ein Amateurverein“,
sagt Arhin. „Aber ich dachte mir: endlich mal eine angemessene
Strafe.“ Ende gut, alles gut? Von wegen. In zweiter Instanz wurde
der FC Quickborn freigesprochen, „weil ich schon während des Spiels
einem Ordner hätte Bescheid sagen müssen“, sagt Arhin. Doch viel
schlimmer: Entschuldigt hat sich keiner der Verantwortlichen jemals
bei ihm. Trainer Jan Ketelsen, der gerade erst vom Verband für die
Fair-Play-Geste des Monats Oktober 2019 ausgezeichnet wurde, sprach
seinerzeit von einem „Freispruch erster Klasse“. Dass derartige
Geschichten keine Einzelfälle sind, kann man an diesem Sonntag
(23.15 Uhr) im NDR verfolgen. In der sehr sehenswerten
Sportclub-Story „Offensiv gegen Rassismus“ hat der Journalist
Patrick Halatsch neben Arhin auch den Ludwigsburger Basketballer
Konstantin Konga und Peter Fischer getroffen und porträtiert. Der
Präsident von Eintracht Frankfurt kämpft seit Jahren gegen rechte
Tendenzen im Fußball und die neue Stärke der AfD. Arhin, ein guter
Freund vom früheren HSV-Profi Otto Addo, musste nicht lange
überlegen, ob er bei der NDR-Reportage mitmacht. „Mich ärgert
extrem, dass die Leute auch im Deutschland von 2020 mit so etwas
immer noch so einfach davon kommen“, sagt der Referee. Mit Addo,
der derzeit als „Talente-Trainer“ bei Borussia Dortmund arbeitet,
spricht Arhin viel und oft über das Thema Rassismus im Fußball.
„Wir schicken uns häufiger gegenseitig Artikel“, sagt der
Vertriebsdirektor einer Versicherung, der sich zumindest beim HSV
bestens aufgehoben fühlt. „Man merkt, dass der Club in den
vergangenen Jahren viel gemacht hat“, sagt er. „Ich fand es auch
klasse, wie der HSV hinter Bakery Jatta stand.“ Auch Arhin soll als
Schiedsrichter beim HSV weiter gefördert werden, ist derzeit das
Gesicht einer Kampagne. Ein dunkelhäutiges Gesicht, das sich trotz
Anfeindungen aber nicht entmutigen lassen will. „Ich bleibe sehr,
sehr gerne Schiedsrichter“, sagt Arhin.
Jamaine Arhin ihn nicht. „Irgendwann ist das alles ausgeartet“,
sagt der 35 Jahre alte Hamburger. „Das alles“ – damit sind die
Geschehnisse vom 25. August 2017 gemeint. An jenem Freitagabend
spielte der FC Quickborn gegen den FC Roland Wedel. Amateurfußball
vom Feinsten, Bezirksliga West. „Das Spiel lief zunächst sehr ruhig
und vernünftig“, sagt Arhin, der seinerzeit als
Schiedsrichterassistent an der Linie stand. „Als Quickborn dann
aber ein paar Gegentore kassierte, eskalierte die Lage.“ 32 Monate
nach Quickborns folgenreicher 2:5-Niederlage sitzt Jamaine Arhin in
seinem Zuhause in Poppenbüttel und spricht im Abendblatt-Podcast
„HSV – wir reden weiter“ über die damaligen Vorfälle. Der
dunkelhäutige Hamburger, der im Alter von zwei Jahren aus Ghana
nach Deutschland kam und seit fünf Jahren für den HSV Amateurspiele
als Leistungsschiedsrichter pfeift, erinnert sich noch ganz genau
an die Beschimpfungen, die ihm von den Zuschauern an den Kopf
geworfen wurden. „Was macht der Schwarze da? Der soll in die Küche
gehen und putzen!“, soll ein Zuschauer gerufen haben. Doch nachdem
Arhin zunächst nicht reagierte („Ich habe versucht, mich zu
beruhigen“) sollen die Zuschauer sogar seinen damals vier Jahre
alten Sohn, der ebenfalls beim Spiel dabei war, beleidigt haben.
„Was macht der Bimbo-Junge da?“, soll einer gerufen haben. „Nach
dem Abpfiff habe ich mir den jungen Mann vorgeknöpft und ihn
gefragt: Was soll so was? Da wurde er noch ausfallender“, sagt
Arhin, der es gewohnt war, aufgrund seiner Hautfarbe beleidigt zu
werden. „Aber selten so heftig.“ Arhin machte das, was man als
Schiedsrichter in so einer Situation machen kann: Er verfasste
einen Sonderbericht und stellte diesem dem Hamburger
Fußball-Verband zu. Das Sportgericht des HFV gab ihm recht und
verdonnerte den FC Quickborn in erster Instanz zu einer
Strafzahlung von 700 Euro. „Das ist viel für ein Amateurverein“,
sagt Arhin. „Aber ich dachte mir: endlich mal eine angemessene
Strafe.“ Ende gut, alles gut? Von wegen. In zweiter Instanz wurde
der FC Quickborn freigesprochen, „weil ich schon während des Spiels
einem Ordner hätte Bescheid sagen müssen“, sagt Arhin. Doch viel
schlimmer: Entschuldigt hat sich keiner der Verantwortlichen jemals
bei ihm. Trainer Jan Ketelsen, der gerade erst vom Verband für die
Fair-Play-Geste des Monats Oktober 2019 ausgezeichnet wurde, sprach
seinerzeit von einem „Freispruch erster Klasse“. Dass derartige
Geschichten keine Einzelfälle sind, kann man an diesem Sonntag
(23.15 Uhr) im NDR verfolgen. In der sehr sehenswerten
Sportclub-Story „Offensiv gegen Rassismus“ hat der Journalist
Patrick Halatsch neben Arhin auch den Ludwigsburger Basketballer
Konstantin Konga und Peter Fischer getroffen und porträtiert. Der
Präsident von Eintracht Frankfurt kämpft seit Jahren gegen rechte
Tendenzen im Fußball und die neue Stärke der AfD. Arhin, ein guter
Freund vom früheren HSV-Profi Otto Addo, musste nicht lange
überlegen, ob er bei der NDR-Reportage mitmacht. „Mich ärgert
extrem, dass die Leute auch im Deutschland von 2020 mit so etwas
immer noch so einfach davon kommen“, sagt der Referee. Mit Addo,
der derzeit als „Talente-Trainer“ bei Borussia Dortmund arbeitet,
spricht Arhin viel und oft über das Thema Rassismus im Fußball.
„Wir schicken uns häufiger gegenseitig Artikel“, sagt der
Vertriebsdirektor einer Versicherung, der sich zumindest beim HSV
bestens aufgehoben fühlt. „Man merkt, dass der Club in den
vergangenen Jahren viel gemacht hat“, sagt er. „Ich fand es auch
klasse, wie der HSV hinter Bakery Jatta stand.“ Auch Arhin soll als
Schiedsrichter beim HSV weiter gefördert werden, ist derzeit das
Gesicht einer Kampagne. Ein dunkelhäutiges Gesicht, das sich trotz
Anfeindungen aber nicht entmutigen lassen will. „Ich bleibe sehr,
sehr gerne Schiedsrichter“, sagt Arhin.
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