Mikromechanische Eigenschaften dünner Polymerfilme und lebender Zellen

Mikromechanische Eigenschaften dünner Polymerfilme und lebender Zellen

Beschreibung

vor 23 Jahren
In der Zellbiologie leisten Elastizitätsmessungen auf der
Submikrometerskala an lebenden Zellen wichtige Beiträge zur
Aufklärung von Fragen der Zellmechanik. Vor diesem Hintergrund
wurde in dieser Arbeit die Methode der Elastizitätsmessung mit dem
Rasterkraftmikroskop (AFM) erweitert, um quantitative
Elastizitätsuntersuchungen auch an äußerst weichen dünnen Proben
durchführen zu können. Die diskutierten Proben sind dabei mit einem
Elastizitätsmodul von einigen Kilopascal extrem weich und haben
gleichzeitig eine Dicke von lediglich einigen 100 Nanometern.
Bisherige Analysemethoden der Elastizitätsmessungen basierten meist
auf dem sogenannten Hertzmodell: einem theoretischen Modell, das
zum einen nur die Eindrückung in äußerst dicke Proben beschreibt
und zum anderen lediglich von der AFM-Spitze abweichende
Stempelgeometrien beinhaltet. Mit dem Hertzmodell berechnete
Elastizitätswerte mußten daher stets als Näherung verstanden
werden. Für die Analyse elastischer Eigenschaften mit dem AFM ist
die genaue Kenntnis der mechanischen Wechselwirkung zwischen
AFM-Spitze und Probe von zentraler Bedeutung. Diese wurde mit der
Finite-Elemente-Methode (FEM) untersucht, indem die vollkommen
elastische Eindrückung der AFM-Spitze in gummielastische Proben
simuliert wurde. Hierbei wurde insbesondere der Einfluß der
Probendicke und der Geometrie des eindrückenden Stempels auf das
Kraft-Eindrückungsverhalten charakterisiert. Mit Hilfe der FEM
konnte gezeigt werden, daß im Falle dünner Proben zwei
unterschiedliche Ursachen bei der Analyse der Elastizitätsmessungen
durch das Hertzmodell, zu einem systematischen Überschätzen des
berechneten Elastizitätsmoduls führen: Einerseits die vom
Hertzmodell abweichende Geometrie der AFM-Spitze und andererseits
die geringe Probendicke. Letzteres führt zur Detektion des harten
Substrates im Kraft-Eindrückungsprozeß. Erst bei einer Probendicke
von über 1,5 µm führt das Hertzmodell bei den untersuchten weichen
Proben und Auflagekräften von unter 1 nN nur noch zu geringen
Abweichungen in der Elastizitätsanalyse. Dagegen ist mit dem
Hertzmodell eine exakte Bestimmung der Topographie selbst extrem
weicher Proben mit geringer Dicke möglich. Dazu wird der
Kontaktpunkt im Kraft- Eindrückungsprozeß mittels Hertzmodell
berechnet. Die Höhe der Probe wird dabei geringfügig unterschätzt,
die Abweichung bewegt sich in der Größenordnung des Radius der
AFM-Spitze. Zur Verbesserung der Elastizitätsanalyse wurde mit
Hilfe simulierter Kraft-Eindrückungskurven eine parametrische
Erweiterung des Hertzmodells entwickelt, welche sowohl die
Geometrie der AFM-Spitze als auch die Dicke der Proben
berücksichtigt. Das Parametrische Modell wurde für Probendicken
unter 1 µm optimiert. Es ermöglicht nun die Bestimmung des
Elastizitätsmoduls unabhängig von der Dicke der Probe, wodurch die
Methode der Elastizitätsmessung mittels AFM deutlich verbessert
werden konnte. Im Falle von homogenen Materialien ermöglicht das
Parametrische Modell eine exakte Bestimmung der Dicke und des
Elastizitätsmoduls der Probe. Außerdem sind mit Hilfe des
Parametrischen Modells feinste Inhomogenitäten der Probe
detektierbar. So ist es gelungen in Gelatinekeilen von lediglich
einigen 100 nm Dicke noch tiefenabhängige Elastizitätsveränderungen
aufzuspüren. Die parallele Anwendung des Hertzmodells und des
Parametrischen Modells erlaubt nun auch bei inhomogenen Materialien
sowohl eine exakte Bestimmung von Topographie als auch der
Elastizität weicher Oberflächenschichten. Als Anwendungsbeispiel
von Zellelastizitätsmessungen wurde das Adhäsionsverhaltens von
Osteoblasten auf verschiedenen Substratmaterialien charakterisiert.
Das Adhäsionsverhalten einzelner Zellen auf den verschiedenen
Substraten wurde dabei aus den resultierenden Unterschieden in
Elastizität und Morphologie der Zellen beurteilt. Diese Methode
ermöglicht einen neuen Zugang zur Untersuchung der
Biokompatibilität der Substratmaterialien auf zellulärer Ebene in
vitro. An aktiven Herzmuskelzellen wurde das AFM zur Detektion der
mechanischen Kontraktion der Zellen verwendet. In einem konfluenten
Rasen synchronisiert pulsierender Zellen konnte die Veränderung der
Pulsamplitude mit der lateralen Verschiebung von
Kontraktionszentren korreliert werden. In den Kontraktionszentren
erfolgt dabei ein Anheben (positive Amplitude) in den passiven
Zwischenbereichen dagegen ein Absenken der Zelloberfläche (negative
Amplitude). An aktiven Einzelzellen ist es erstmalig gelungen die
Kontraktion als Funktion des Ortes zu messen. Als Parameter mit der
geringsten Schwankung und damit möglicherweise als charakteristisch
für die individuelle Zelle haben sich die Halbwertsbreite und
Anstiegszeit der Pulse erwiesen. Durch Variationen der Auflagekraft
konnten Einzelzellen gezielt belastet und deren Leistungsvermögen
abgeschätzt werden. Die Zellen konnten dabei Kräfte bis zu 300 nN
anheben und erreichten eine Mindestleistung von bis zu 0,5 pW.

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