Sven Hillenkamp: Was tun mit der Letzten Generation? Ein Versuch der Einordnung.
Sven Hillenkamp hat Straßenkämpfe mit der Polizei als Teil der
radikalen linken Bewegung ausgefochten, sich entradikalisiert und
begleitet als Teil der Klimabewegung diese nun analysierend. Ich
habe mit ihm über den Status Quo der Proteste gesprochen.
1 Stunde 29 Minuten
Podcast
Podcaster
On the way to new mobility: Katja Diehl spricht alle 14 Tage mit Gästen über Mobilität statt Verkehr, Diversität, New Work, Inklusion, kindergerechte Stadt und das Mobilisieren auf dem Land.
Beschreibung
vor 1 Jahr
Sven Hillenkamp hat sich entradikalisiert. Als der Genuss an der
Gewalt in der linksradikalen Szene überhand nahm, verließ Sven
diese. Um ohne Übergang in die Bewegungsforschung einzusteigen. Als
einstmals Beteiligter aus der Distanz heraus zu beobachten und
Studien auszuwerten, die sich radikalen Strömungen der Linken
beschäftigen. Sind diese erfolgreich – und wenn ja: Wie kam es zum
Erfolg, also der eingeforderten gesellschaftlichen Transformation?
Sven lebt mittlerweile mit seiner Familie in Stockholm, er hat
mehrere Bücher veröffentlicht und arbeitet an einem Roman. Die
vielen Facetten, die seine Arbeit hat, erlauben ihm die so
wichtigen kleinen Fluchten, denn auch Sven kennt die Verzweiflung
und die Hilflosigkeit, die auch er als Aktivist empfindet, wenn wir
Statistiken beweisen, dass gerade mal die Hälfte der Bevölkerung
die Klimakatastrophe als eine der drängenden Katastrophen ansieht –
während uns die Zeit davonläuft. Sven formuliert seine Gedanken in
den Essays der ZEIT, auf Twitter, in Podcasts und Interviews.
Hilflosigkeit führt gerade Gruppen wie „Just stop oil“ und die
„letzte Geneartion“ zu Protestformen, die von der Gesellschaft
massiv abgelehnt zu werden scheinen – und von der Politik genutzt
werden, diese zu kriminalisieren und bis hin zu Hausdurchsuchungen
und Gefängnisstrafen mit aller Härte zu behandeln. • Sven hat ein
Bild, das er nutzt, um zu verdeutlichen, was innerhalb der linken
Bewegung in den letzten Jahren passierte. Es kamen immer neue
„Kinder“ in diese Familie, neben dem ersten Kind, der großen Nähe
zur Arbeiterschaft Jene, die heute durch den Begriff „Wokeness“ von
Konservativen belächelt werden. Trans-, Antirassismus-,
Antisexismus- und viele weitere -aktivismen, die in ihrer
Dringlichkeit den Kern der linken Bewegung so verbreiterten, dass
eben Jene, die sich bisher durch die Bewegung gespiegelt sahen,
sich gegen sie wandten. So wird auch bei den Aktionen der „Letzten
Generation“ stets der Arbeiter adressiert, der nicht zur Arbeit
kommt, oder die Krankenpflegerin, die im Stau stehen muss.
Konservative Kräfte nutzen diese vom Aktivismus scheinbar am
tiefsten negativ Betroffenen, um Narrative gegen die
Protestierenden auf der Straße zu finden – die so gar nicht zu
IHREN Kerngruppen passen. Aber für ein emotionales Narrativ
geeignet sind. Um das Bild zu erzeugen (das natürlich inhaltlich
nicht stimmt): Die linke Bewegung ist „gegen das Volk“. • Der tiefe
Wunsch der Klimabewegung, mit Aufklärung zur Veränderung
beizutragen. • Das Tabu der Kritik innerhalb der Bewegung. Zweifel
an bestimmten Details des Protests sind gefühlt unerwünscht, wer
innerhalb der Bewegung kritisch schauen möchte, ob Erfolge erzielt
werden konnten, gerät manchmal in die „Out-Group“. • Das
Herabwürdigen „wir haben nichts erreicht“ gegenüber Fridays For
Future und anderen Bewegungen ist ein Problem. Ja, es wurde nicht
genug erreicht im Sinne politischen Handelns, aber ohne FFF wäre
die Klimakatastrophe heute NICHT so präsent, wie sie es ist.
Anerkennung des Erreichten ist wichtig. • Sven tauscht sich aus mit
Fridays for future, Greenpeace, Extinction Rebellion und der
Letzten Generation. Diese Offenheit für Austausch und kritische
Reflektion macht Sven Hoffnung. • Svens Fazit: Der Kampf gegen die
Klimakatastrophe wird wohl nicht mit den Fakten über die
Klimakatastrophe gewonnen. Was heißt das nun? Wir sind weit
gekommen. Wir haben mehr aufgeklärt als jedwede Politik oder
Industrie oder Fossillobby. Aus der ersten Phase der Aufklärung,
die noch weiterlaufen muss, weil wir noch nicht alle erreichten,
muss jetzt die zweite Phase erfolgen: Die Lösungen sichtbar machen.
Den Druck auf Umsetzungen dieser Lösungen erhöhen. Vielleicht geht
es daher 2023 nicht mehr um den „Alarm“, sondern um Sichtbarmachung
und Stärkung jener kleinen Ansätze, die zwar um Längen weniger
Budget haben als die Fossillobby, die aber zur Lösung des Problems
beitragen.
Gewalt in der linksradikalen Szene überhand nahm, verließ Sven
diese. Um ohne Übergang in die Bewegungsforschung einzusteigen. Als
einstmals Beteiligter aus der Distanz heraus zu beobachten und
Studien auszuwerten, die sich radikalen Strömungen der Linken
beschäftigen. Sind diese erfolgreich – und wenn ja: Wie kam es zum
Erfolg, also der eingeforderten gesellschaftlichen Transformation?
Sven lebt mittlerweile mit seiner Familie in Stockholm, er hat
mehrere Bücher veröffentlicht und arbeitet an einem Roman. Die
vielen Facetten, die seine Arbeit hat, erlauben ihm die so
wichtigen kleinen Fluchten, denn auch Sven kennt die Verzweiflung
und die Hilflosigkeit, die auch er als Aktivist empfindet, wenn wir
Statistiken beweisen, dass gerade mal die Hälfte der Bevölkerung
die Klimakatastrophe als eine der drängenden Katastrophen ansieht –
während uns die Zeit davonläuft. Sven formuliert seine Gedanken in
den Essays der ZEIT, auf Twitter, in Podcasts und Interviews.
Hilflosigkeit führt gerade Gruppen wie „Just stop oil“ und die
„letzte Geneartion“ zu Protestformen, die von der Gesellschaft
massiv abgelehnt zu werden scheinen – und von der Politik genutzt
werden, diese zu kriminalisieren und bis hin zu Hausdurchsuchungen
und Gefängnisstrafen mit aller Härte zu behandeln. • Sven hat ein
Bild, das er nutzt, um zu verdeutlichen, was innerhalb der linken
Bewegung in den letzten Jahren passierte. Es kamen immer neue
„Kinder“ in diese Familie, neben dem ersten Kind, der großen Nähe
zur Arbeiterschaft Jene, die heute durch den Begriff „Wokeness“ von
Konservativen belächelt werden. Trans-, Antirassismus-,
Antisexismus- und viele weitere -aktivismen, die in ihrer
Dringlichkeit den Kern der linken Bewegung so verbreiterten, dass
eben Jene, die sich bisher durch die Bewegung gespiegelt sahen,
sich gegen sie wandten. So wird auch bei den Aktionen der „Letzten
Generation“ stets der Arbeiter adressiert, der nicht zur Arbeit
kommt, oder die Krankenpflegerin, die im Stau stehen muss.
Konservative Kräfte nutzen diese vom Aktivismus scheinbar am
tiefsten negativ Betroffenen, um Narrative gegen die
Protestierenden auf der Straße zu finden – die so gar nicht zu
IHREN Kerngruppen passen. Aber für ein emotionales Narrativ
geeignet sind. Um das Bild zu erzeugen (das natürlich inhaltlich
nicht stimmt): Die linke Bewegung ist „gegen das Volk“. • Der tiefe
Wunsch der Klimabewegung, mit Aufklärung zur Veränderung
beizutragen. • Das Tabu der Kritik innerhalb der Bewegung. Zweifel
an bestimmten Details des Protests sind gefühlt unerwünscht, wer
innerhalb der Bewegung kritisch schauen möchte, ob Erfolge erzielt
werden konnten, gerät manchmal in die „Out-Group“. • Das
Herabwürdigen „wir haben nichts erreicht“ gegenüber Fridays For
Future und anderen Bewegungen ist ein Problem. Ja, es wurde nicht
genug erreicht im Sinne politischen Handelns, aber ohne FFF wäre
die Klimakatastrophe heute NICHT so präsent, wie sie es ist.
Anerkennung des Erreichten ist wichtig. • Sven tauscht sich aus mit
Fridays for future, Greenpeace, Extinction Rebellion und der
Letzten Generation. Diese Offenheit für Austausch und kritische
Reflektion macht Sven Hoffnung. • Svens Fazit: Der Kampf gegen die
Klimakatastrophe wird wohl nicht mit den Fakten über die
Klimakatastrophe gewonnen. Was heißt das nun? Wir sind weit
gekommen. Wir haben mehr aufgeklärt als jedwede Politik oder
Industrie oder Fossillobby. Aus der ersten Phase der Aufklärung,
die noch weiterlaufen muss, weil wir noch nicht alle erreichten,
muss jetzt die zweite Phase erfolgen: Die Lösungen sichtbar machen.
Den Druck auf Umsetzungen dieser Lösungen erhöhen. Vielleicht geht
es daher 2023 nicht mehr um den „Alarm“, sondern um Sichtbarmachung
und Stärkung jener kleinen Ansätze, die zwar um Längen weniger
Budget haben als die Fossillobby, die aber zur Lösung des Problems
beitragen.
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