Roda Verheyen: Wo keine Klägerin - da keine Richterin? Warum sind Klimaklagen ein wichtiges Mittel gegen die Klimakatastrophe?
Roda Verheyen ist seit 1,5 Jahrzehnten als Juristin erfolgreich für
Klimaschutz tätig. Aktuell klagt sie gegen VW, der Konzern soll ab
2030 keine Verbrenner mehr bauen und den CO2-Ausstoß drastisch
senken. Denn: VW emittiert mehr CO2 als manche Staaten.
48 Minuten
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On the way to new mobility: Katja Diehl spricht alle 14 Tage mit Gästen über Mobilität statt Verkehr, Diversität, New Work, Inklusion, kindergerechte Stadt und das Mobilisieren auf dem Land.
Beschreibung
vor 2 Jahren
Auf meiner Lesereise für Autokorrektur bin ich vielen verzweifelten
Menschen begegnet: "Die wollen hier allen Ernstes eine neue
Umgehungstraße bauen!" "Hier soll bald eine Autobahn lang führen,
wo heute noch ein gesunder Mischwald steht!" Und - für mich vor
fünf Jahren noch undenkbar - ich habe dazu geraten, zu klagen. Die
Mühlen der fossilen Maschinen durch deutsche Gerichte zu stoppen.
Hoffentlich so lange, bis die Vernunft auch in die Köpfe und
Handlungen Jener gedrungen ist, die heute noch die fossile Maschine
am Laufen halten. In den vergangenen Jahren haben Gerichte die
Kahlschläge im polnischen Białowieża-Nationalpark untersagt, sie
ordneten einen Stopp der Rodungen im Hambacher Forst an, sie
setzten Fahrverbote in deutschen Innenstädten aufgrund von Klagen
der Deutschen Umwelthilfe durch. In den USA verklagen Jugendliche
die Regierung, weil ihnen deren Tatenlosigkeit die Chance nimmt,
ein glückliches Leben in der Zukunft zu führen. In der Schweiz sind
es Senior:innen, die klagen, weil nachweislich vor allem Frauen
über 60 Jahre sehr gefährdet durch die Klimakatastrophe sind. Im
März 2021 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Klimapolitik
der Bundesregierung für verfassungswidrig. Im Sinne des Handelns
für zukünftige Generationen, denen aktuelles politisches Handeln
stets verpflichtet sein wollte. Auch an diesem Erfolg hatte Roda
Verheyen großen Anteil. Die ZEIT schreibt: "Ein Urteil, das viele
überrascht hat. Es ist deshalb so eine Sensation, weil es erstmals
festhält, dass Klimaschutz ein Grundrecht ist – und einklagbar.
Dieser Verweis auf die Grund- und Menschenrechte eröffnet Anwälten
wie Verheyen nun viele Möglichkeiten für erfolgreiche Verfahren."
Wenig später entschied ein niederländisches Gericht, dass der Shell
seine CO₂-Emissionen bis 2030 um 45 Prozent senken muss. Damit
begann die Sicht auf Konzerne, die wie Staaten zu behandeln seien.
Es war das erste Mal, dass ein Gericht einen privaten Konzern
verpflichtete, Klimafolgen abzuwenden. An Gerichten hat eine
Zeitenwende begonnen: Umweltrecht ist zu einer überzeugenden Waffe
im Kampf gegen die Klimakrise geworden. "Sehr geehrter Herr Dr.
Diess", schreibt sie Anfang September an den Chef von VW. Im
Auftrag von Greenpeace fordert Verheyen den zweitgrößten Autobauer
der Welt dazu auf, spätestens ab dem Jahr 2030 keine
Verbrennerautos mehr zu verkaufen und seinen CO₂-Ausstoß um 65
Prozent gegenüber 2018 zu senken. Sollte sich der Konzern nicht
dazu bereit erklären, werde man "zur Klage raten". Zeitgleich haben
BMW und Daimler Schreiben bekommen, von Verheyens Kollegen Remo
Klinger im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe. Es ist - so aus einem
Artikel der ZEIT entnommen, "ein koordinierter Angriff auf breiter
Front. Auch Klinger ist ein von der Wirtschaft gefürchteter
Umweltanwalt, der 2018 die Dieselfahrverbote erstritt." Wir
sprechen über die Klage gegen Volkswagen, die Klage gegen RWE -
beide sind flankiert von Bauern in Peru und Deutschland, die hohe
Einbußen aufgrund der Klimakatastrophe erleiden. Bei der Klage
gegen VW kommt zudem hinzu, dass es ein Ausstiegsdatum aus dem
Verbrenner-Auto geben muss, das weit vor dem anvisierten 2035 liegt
- und 65 Prozent weniger Emissionen. Sie erklärt mir und damit euch
Zuhörenden die unterschiedlichen Ebenen von Gesetzgebung in der EU,
in Deutschland, dem Lobbyismus, aber auch den Möglichkeiten, die
manche Urteile eröffnen. So zum Beispiel das Recht auf Gesundheit.
Das habe ich in vielen der Städte, die ich grad auf meiner
Interrailtour besuche, nicht umgesetzt gesehen. Es gab Warnungen
vor schlechter Luftqualität, ich hatte Atemprobleme und war wenig
belastbar - aus einer Kombination von großer Hitze und Abgasen
heraus. "Natürlich können Menschen klagen, dass ihre Gesundheit
geschützt wird!", so Roda Verheyen. Am 9. September geht es in
Detmold um die nächste Entscheidung gegen Volkswagen. Roda ist es
dabei nicht so wichtig, zu siegen - auch wenn sie bis in die letzte
Instanz gehen wird.
Menschen begegnet: "Die wollen hier allen Ernstes eine neue
Umgehungstraße bauen!" "Hier soll bald eine Autobahn lang führen,
wo heute noch ein gesunder Mischwald steht!" Und - für mich vor
fünf Jahren noch undenkbar - ich habe dazu geraten, zu klagen. Die
Mühlen der fossilen Maschinen durch deutsche Gerichte zu stoppen.
Hoffentlich so lange, bis die Vernunft auch in die Köpfe und
Handlungen Jener gedrungen ist, die heute noch die fossile Maschine
am Laufen halten. In den vergangenen Jahren haben Gerichte die
Kahlschläge im polnischen Białowieża-Nationalpark untersagt, sie
ordneten einen Stopp der Rodungen im Hambacher Forst an, sie
setzten Fahrverbote in deutschen Innenstädten aufgrund von Klagen
der Deutschen Umwelthilfe durch. In den USA verklagen Jugendliche
die Regierung, weil ihnen deren Tatenlosigkeit die Chance nimmt,
ein glückliches Leben in der Zukunft zu führen. In der Schweiz sind
es Senior:innen, die klagen, weil nachweislich vor allem Frauen
über 60 Jahre sehr gefährdet durch die Klimakatastrophe sind. Im
März 2021 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Klimapolitik
der Bundesregierung für verfassungswidrig. Im Sinne des Handelns
für zukünftige Generationen, denen aktuelles politisches Handeln
stets verpflichtet sein wollte. Auch an diesem Erfolg hatte Roda
Verheyen großen Anteil. Die ZEIT schreibt: "Ein Urteil, das viele
überrascht hat. Es ist deshalb so eine Sensation, weil es erstmals
festhält, dass Klimaschutz ein Grundrecht ist – und einklagbar.
Dieser Verweis auf die Grund- und Menschenrechte eröffnet Anwälten
wie Verheyen nun viele Möglichkeiten für erfolgreiche Verfahren."
Wenig später entschied ein niederländisches Gericht, dass der Shell
seine CO₂-Emissionen bis 2030 um 45 Prozent senken muss. Damit
begann die Sicht auf Konzerne, die wie Staaten zu behandeln seien.
Es war das erste Mal, dass ein Gericht einen privaten Konzern
verpflichtete, Klimafolgen abzuwenden. An Gerichten hat eine
Zeitenwende begonnen: Umweltrecht ist zu einer überzeugenden Waffe
im Kampf gegen die Klimakrise geworden. "Sehr geehrter Herr Dr.
Diess", schreibt sie Anfang September an den Chef von VW. Im
Auftrag von Greenpeace fordert Verheyen den zweitgrößten Autobauer
der Welt dazu auf, spätestens ab dem Jahr 2030 keine
Verbrennerautos mehr zu verkaufen und seinen CO₂-Ausstoß um 65
Prozent gegenüber 2018 zu senken. Sollte sich der Konzern nicht
dazu bereit erklären, werde man "zur Klage raten". Zeitgleich haben
BMW und Daimler Schreiben bekommen, von Verheyens Kollegen Remo
Klinger im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe. Es ist - so aus einem
Artikel der ZEIT entnommen, "ein koordinierter Angriff auf breiter
Front. Auch Klinger ist ein von der Wirtschaft gefürchteter
Umweltanwalt, der 2018 die Dieselfahrverbote erstritt." Wir
sprechen über die Klage gegen Volkswagen, die Klage gegen RWE -
beide sind flankiert von Bauern in Peru und Deutschland, die hohe
Einbußen aufgrund der Klimakatastrophe erleiden. Bei der Klage
gegen VW kommt zudem hinzu, dass es ein Ausstiegsdatum aus dem
Verbrenner-Auto geben muss, das weit vor dem anvisierten 2035 liegt
- und 65 Prozent weniger Emissionen. Sie erklärt mir und damit euch
Zuhörenden die unterschiedlichen Ebenen von Gesetzgebung in der EU,
in Deutschland, dem Lobbyismus, aber auch den Möglichkeiten, die
manche Urteile eröffnen. So zum Beispiel das Recht auf Gesundheit.
Das habe ich in vielen der Städte, die ich grad auf meiner
Interrailtour besuche, nicht umgesetzt gesehen. Es gab Warnungen
vor schlechter Luftqualität, ich hatte Atemprobleme und war wenig
belastbar - aus einer Kombination von großer Hitze und Abgasen
heraus. "Natürlich können Menschen klagen, dass ihre Gesundheit
geschützt wird!", so Roda Verheyen. Am 9. September geht es in
Detmold um die nächste Entscheidung gegen Volkswagen. Roda ist es
dabei nicht so wichtig, zu siegen - auch wenn sie bis in die letzte
Instanz gehen wird.
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