#6 - Wie fing das mit dem Tragen eigentlich an? Eine historische Zeitreise
4 Minuten
Beschreibung
vor 3 Jahren
Fangen wir in der Steinzeit an, wären Babys nicht getragen
worden, hätten sie schlichtweg einfach nicht überlebt. Sie
zurückzulassen, während der Arbeit, Jagd oder während die Horde,
bzw. der Stamm auf der Suche nach Nahrung weitergezogen ist, war
einfach zu gefährlich und hätte dem Baby keine Überlebenschance
gelassen. Es spricht also für sich, dass die Babys getragen
wurden. Vermutlich zunächst auf dem Arm, ähnlich wie bei unseren
Urahnen, den Affen.
Auch später, als vor knapp 10.000 Jahren die Menschen sesshaft
wurden, wurden Babys weiterhin getragen, sei es bei der
Feldarbeit, beim Tiere hüten oder generell unterwegs.
Damals nutzte man Felle oder Säcke zum transportieren der Kinder.
Es gibt einige Bilder aus dem Mittelalter, in denen getragene
Kinder dargestellt sind. Wer sich die Bilder ansehen möchte, wir
verlinken sie in der Beschreibung zu diesem Podcast!
http://www.bl.uk/manuscripts/Viewer.aspx?ref=royal_ms_2_a_xxii_fs001r
http://www.bl.uk/manuscripts/Viewer.aspx?ref=add_ms_10294!1_f001dr
http://www2.culture.gouv.fr/culture/medieval/francais/c127.htm
https://www.akg-images.de/archive/Drei-Reiter-vor-dem-Wirtshaus-2UMDHUWLEPXE.html
Der Kinderwagen hatte gegen Ende des 19. Jahrhunderts seinen
großen Durchbruch und zog in die wohlhabenderen Häuser in Europa
ein. Queen Victoria aus England machte ihn damals hoffähig und
schon bald war der Kinderwagen ein Zeichen des Wohlstands und zog
in viele Häuser ein. Aber auch davor war Tragen kulturell und
gesellschaftsschichtig unterschiedlich. Der Adel hat seine Kinder
immer mit einer gewissen Distanz erzogen, bzw. durch Ammen und
Kindermädchen betreuen lassen.
In den unteren Gesellschaftsschichten oder anderen Kulturkreisen
konnte man nicht auf Ammen zurückgreifen, und so war das Tragen
der Säuglinge schlichtweg eine Notwendigkeit.
Wenn die Frauen ihr Land bewirten mussten, arbeiten am Feld oder
bei der Ernte verrichteten, waren die Kinder einfach mit einem
Stofftuch, Flecht- oder Holzkorb am Rücken befestigt und dabei.
Mit der Zeit ist das Tragen in unseren Kulturkreisen durch
veränderte Lebensumstände aber mehr und mehr „aus der Mode“
gekommen. Es geriet immer mehr in den Hintergrund, da die
Befriedigung der kindlichen Bedürfnisse nach Nähe und Zuwendung
oftmals mit Verwöhnen gleichgesetzt wurde. Einen sehr großen
Beitrag dazu leistete dann auch die in der NS-Zeit propagandierte
bindungsarme Erziehungsmethode nach Johanna Haarer.
Einen Wandel gab es erst wieder seit den 70er Jahren. Nicht
zuletzt durch Erika Hoffmann, die als Gründerin des ersten
deutschen Tragelabels die Tragetücher wieder nach Europa gebracht
hat. Seitdem passiert so viel, immer mehr Mütter und Väter
erkennen die Vorteile des Tragens wieder, es wird wieder mehr
gestillt und der bedürfnisorientierte Umgang untereinander wird
immer wichtiger. Man hat erkannt, wie wichtig bindungs-wund
bedürfnisorientierte Erziehung für eine gesunde Entwicklung der
Kinder ist.
Das Tragen wird in der sogenannten Attachment Parenting Bewegung
als Zentrales Element des Bindungsaufbaus gesehen. Nicht zuletzt,
weil wir ja wissen, dass das getragen werden ein natürliches
Grundbedürfnis von Babys ist. Dies lässt sich sowohl an den noch
vorhandenen Reflexen erkennen, aber auch daran, dass Kinder seit
jeher getragen wurden. Es liegt seit Anbeginn der Menschheit in
unseren Genen, dass Kinder von ihren Eltern getragen werden und
auch, im Alltag stets integriert zu sein.
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