Japans Ästhetik der Schatten
39 Minuten
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Beschreibung
vor 4 Jahren
Wir haben uns unweit des Literaturhauses getroffen. In kurzer
Entfernung zum Fluss mit den Silberweiden, die am Rand des Ufers
im Wind stehen, gleich bei den Gleisen und der alten
Bahnschranke, deren rot-weiße Streifen vollständig ausgeblichen
sind. Abgeblätterte Farbe liegt im Sand. Wir haben über
Schönheit, Licht und Dunkel gesprochen. Über die makellosen
Oberflächen hierzulande, die lichtdurchfluteten Räume, die alles
offenlegen, und über Japans Ästhetik der Schatten, die Teile des
Lebens bewusst im Verborgenen belassen, über die Schönheit des
Halbdunkels und des Gebrauchten gegenüber dem Taghellen und
Tadellosen. Wir haben über eine japanische Porzellanschale
nachgedacht, die zerbrochen und erst repariert ihren wahren Wert
erhält, durch ihre einmalig verlaufenden Risse, die mit Gold
aufgefüllt werden. Eine einzigartige Zeichnung, entstanden im
Bruch. Im Zwielicht erhascht der Gast einen kurzen Schimmer der
vergoldeten Risse am Boden der Schale, die nur dadurch nicht
protzig wirkt, dass sie nicht im vollen Sonnenlicht steht. Die in
der Suppe schwimmenden Gemüsesorten werden nicht den Augen,
sondern einzig dem Geschmackssinn überantwortet. Im alten Japan
wird im schummrigen Kerzenschein serviert, während dustere
Restauranträume hier bereits Geschichte sind. Warum
könnten wir in Sachen Schönheit nach Japan blicken? Wir haben
darüber gesprochen, wie man in Japan in der Welt ist. Oh ja, ich
habe ganz vergessen zu erwähnen, wer wir sind. Das ist Katrin M.
und ich bin Dr. B.
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