AP #2004 – Autorenporträt Wilhelm Genazino – Moderation: Maike Albath
1 Stunde 32 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Jahren
Wilhelm Genazino
Wilhelm Genazino, 1943 in Mannheim geboren, lebte in Frankfurt a.
M. und ist dort im Dezember 2018 gestorben. Sein Werk wurde
vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Georg-Büchner-Preis und dem
Kleist-Preis. Zuletzt erschienen die Romane „Bei Regen im Saal“
(2014), „Außer uns spricht niemand über uns“ (2016) und „Kein
Geld, keine Uhr, keine Mütze“ (2018). Er war zuvor bereits 1990
und 1994 zu Gast beim Erlanger Poetenfest.
Auszug aus dem Programmhefttext von 2004:
Seit den 1970er Jahren kultiviert Wilhelm Genazino, 1943 in
Mannheim geboren und diesjähriger Büchner-Preisträger, sein
Interesse für Schattengestalten: „Abschaffel“, Angestellter einer
Speditionsfirma und Protagonist einer ganzen Trilogie, ist
derartig randständig, dass er sich fortwährend aufzulösen
scheint. Das dreibändige Protokoll seiner Existenz ist zugleich
eine Schilderung der bundesrepublikanischen Wirklichkeit jener
Jahre mit ihrem lähmenden Normalitätswahn.
Verschwinden und Scheitern zählen zu den Grunderfahrungen von
Genazinos Figuren, aber sie bewahren dabei eine große Würde. Der
Einläufer von Luxusschuhen aus „Ein Regenschirm für diesen Tag“
(2001) etwa, der gerade von seiner Freundin verlassen wurde, kann
sich aus seiner inneren Haltlosigkeit durch die Betrachtung von
Gestrüpp, das neben einer Bank wächst, retten. Es scheint ihm das
treffende Wort für die Gesamtmerkwürdigkeit des Lebens zu sein.
Augenblicke von Freiheit oder kleine Epiphanien sind auch dem
Helden aus dem wunderbaren Buch „Eine Frau, eine Wohnung, ein
Roman“ vergönnt, der als Lehrling einer Firma und Lokalreporter
eine Doppelexistenz führt. „Literatur ist ein Versuch, mit dem
Schmerz zu sprechen“ erläutert Wilhelm Genazino in seinem
neuesten Essayband „Der gedehnte Blick“ das Unerklärliche des
Schreibens. Dass der Frankfurter Schriftsteller endlich die
verdiente Beachtung findet und dieses Jahr mit dem wichtigsten
deutschen Literaturpreis geehrt wird, ist eines der schönsten
Ereignisse im deutschen Kulturbetrieb. (Maike Albath)
Foto Peter-Andreas Hassiepen
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