Von Kathedralen der Moderne, Skihallen und Fischfabriken

Von Kathedralen der Moderne, Skihallen und Fischfabriken

Der Wiener Nordwestbahnhof und die Brigittenau
48 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr
Bahnhöfe waren und sind besondere Orte. Als Kathedralen der Moderne
zogen sie früher alle möglichen Menschen an: Reisende,
Arbeiter*innen, Randexistenzen, Glücksritter und Demagog*innen.
Heute müssen ganz oder teilweise großen Wohn- und
Geschäftsprojekten weichen. Der Nordwest-Bahnhof war der wichtigste
Wiener Bahnhof der Doppelmonarchie. In den 1870er Jahren errichtet
war er eines der größten infrastrukturellen Projekte der
Kaiserstadt und sollte die Metropole mit den wichtigen Industrie-
und Agrargebieten in Böhmen und Mähren verbinden. Das über 40ha
große Gelände teilte den Bezirk Brigittenau für über 150 Jahre in
zwei Teile. Der größte Bahnhof der Kaiserstadt durchlief eine
äußerste wechselhafte Geschichte. Von der Hauptanlaufstelle für
Waren und Menschen aus der Monarchie hin zu einem wirtschaftlichen
und infrastrukturellen Problemkind der Ersten Republik bis zur
Neuerfindung als Bahn-LKW Umschlagterminal in den 1960er Jahren,
der als Verkehrsknotenpunkt für eine Wirtschaftslinie agierte, die
von der Nordsee bis in den Iran reichte. Er war Filmkulisse,
Schrottplatz, Skipiste, Fischfabrik, Aufmarschplatz der
Austrofaschisten und Nazis und Ausstellungsort für Anti-Semitische
Ausstellungen der schlimmsten Ausprägung. Mit der endgültigen
Stilllegung in den 2010er Jahren findet das Areal eine neue Nutzung
durch intensive Wohnraumbewirtschaftung. In den nächsten Jahren
sollen dort 17.000 NeubewohnerInnen des Bezirks ansässig werden,
was eine massive Veränderung des gesamten Bezirks mit sich bringen
wird.

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