Das ewige Leben | Von Roland Rottenfußer

Das ewige Leben | Von Roland Rottenfußer

9 Minuten

Beschreibung

vor 11 Monaten

Transhumanisten sehen den Tod des menschlichen Körpers als
technisch lösbares Problem an — spirituelle Lehrer halten
Unsterblichkeit schon lange für möglich.


Ein Standpunkt von Roland Rottenfußer.


„Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe“, soll
Jesus gesagt haben. Gemeint ist aber wohl ein Leben in einem neu
erschaffenen Körper auf einer „neuen Erde“. Andere Religionen
verkünden die „Seelenwanderung“, also die Unsterblichkeit unseres
individuellen Bewusstseins, nicht des physischen Körpers. Was
unsere reale physische Hülle betrifft, so sind deren
Zukunftsaussichten durchweg düster — speziell, wenn man die Zeit
erster jugendlicher Frische schon eine Zeit lang hinter sich hat.
80, 90 Jahre sind uns zugeteilt, wenn wir nicht gerade die Queen
Mum oder Henry Kissinger sind. So manchem auch weniger. Die
Folgen sind ein gewisser Zeitdruck, die Melancholie der
Vergänglichkeit, hektische Betriebsamkeit zum Zweck der
Verdrängung. Die Fantasie des Menschen hat viel geleistet beim
Versuch, den Tod wenigstens in der Vorstellung auszutricksen. Vom
Vampirroman bis zum Jenseits-Channeling gibt es genügend
kurzweiligen Lesestoff. Hier sind wir assoziativ schon bei Ray
Kurzweil und anderen Transhumanisten angelangt, die die
Möglichkeit menschlicher Unsterblichkeit schon ab 2030 ansetzen.
Da könnten die meisten von uns dem Tod noch mal von der Schippe
springen. Aber wird dies eine Option für alle Menschen sein —
oder doch nur wieder für die „Eliten“? Und ist es überhaupt
wünschenswert, nicht zu sterben? So mancher Visionär scheint sich
die Konsequenzen eines solchen Szenarios nicht sorgfältig
überlegt zu haben.


„Ich lebe seit viereinhalb Jahrhunderten, und ich kann nicht
sterben“, sagte Connor McLeod. „Naja, wir haben alle unsere
Probleme“, erwiderte seine Gefährtin Brenda. Im Fantasy-Epos
„Highlander“, einem Film von Russell Mulcahy aus dem Jahr 1986,
kann der von Christopher Lambert dargestellte Protagonist nicht
sterben. Nicht einmal, wenn er bei Schwertkämpfen auf eine Weise
verwundet wird, die für jeden anderen tödlich wäre. Eine
spannende und etwas rätselhafte Handlung. Was aber ist an diesem
„Nicht-sterben-Können“ ein „Problem“? Wäre es nicht vielmehr eine
Gnade — das, was sich alle Menschen wünschen: Unsterblichkeit?
Ist nicht vielmehr unsere Sterblichkeit das Problem, der Terror
des unausweichlichen Verfalls unseres Körpers, der Druck der
begrenzten Zeit, die absehbaren, schmerzlichen Abschiede und die
Ungewissheit des „Wohin”?...


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Bildquelle: Cristina Conti /shutterstock


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