Dissens und Kritik im Globalen Süden und bei uns | Von Jochen Mitschka
22 Minuten
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Beschreibung
vor 1 Jahr
Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Ich möchte heute zwei Themen ansprechen, die scheinbar nichts
miteinander zu tun haben. Da ist einmal das Problem von
kritischen Wissenschaftlern und Journalisten, besonders wenn sie
in weniger entwickelten Gesellschaften leben, ihren
Lebensunterhalt zu bestreiten. Und dann, wie einflussreiche
westliche Organisationen dabei helfen, eine „teile und herrsche“
Situation zu erzeugen, mit der die regionale Selbstermächtigung
behindert wird. Beides hängt insofern zusammen, da staatliche und
nichtstaatliche Akteure im Westen durch ihre Finanzierung von
„Dissidenten“, welche die westliche Agenda verfolgen, die Lücke
der kritischen Begleitung von Politik füllen. Eine Lücke, welche
mangels Finanzierbarkeit von originären lokalen Dissidenten offen
gelassen werden muss.
Überleben oder Schreiben
Die Anregung aufgreifend, nicht zu oft die gleichen Vertreter des
globalen Südens zu Wort kommen zu lassen, habe ich Kontakt mit
einem jungen Wissenschaftler, Dr. Jay Tharappel aufgenommen. Er
promovierte in Australien und mit seinen Artikeln hatte der
Verein „Der Politikchronist e.V.“ ein Buch über den Jemenkrieg
verfasst(1). Als ich ihn nun fragte, warum er keinen
Hintergrundartikel über die neuesten Entwicklungen in der
Jemen-Krise, nach der Wiederannäherung von Saudi-Arabien und dem
Iran geschrieben habe, erklärte er mir das Grundproblem der
alternativen Medienschaffenden: Durch das Schreiben von Texten
mit einer alternativen Sichtweise auf Politik und Gesellschaft
ist man nicht in der Lage, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Es
gibt einige wenige Ausnahmen, sicher auch einzelne Stars der
Szene, wie Daniele Ganser zum Beispiel. Aber ansonsten hält man
sich als alternativer Medienschaffender mit anderen Arbeiten über
Wasser, welche keine Zeit für alternative Texte lassen, oder
erfreut sich an Altersbezügen, die man durch „ehrenwerte“ Arbeit
erwarb. Was eine „Vergreisung“ der Dissens verursacht.
Natürlich gibt es finanziell selbst tragende Projekte mit
auskömmlichen Einnahmen für die beteiligten Journalisten, meist
jedoch in den USA. Genannt sei hier das Grayzone-Projekt(2). Auch
hier werden Sichtweisen des Globalen Südens verbreitet, aber
durch Journalisten oder Wissenschaftler, die selbst nicht dort
sozialisiert wurden. Aber alle solche Projekte stehen mit einem
Bein im Aus, wenn Spenden wegbrechen. Aber noch einmal einen
Schritt zurück:
Beispiele
Jay Tharappel ist ein junger kommunistischer Schriftsteller und
Wissenschaftler. Er wurde wegen eines Israel gegenüber kritischem
Aufnäher aus der australischen „Labour Party“ ausgestoßen. Und
wird wegen seiner Kritik an westlicher Kriegsführung gegen Syrien
als „Diktator-Freund“ ausgegrenzt. Sein Forschungsinteresse gilt
Themen wie der Natur der Währungshegemonie, postkolonialen
Kritiken der marxistischen Theorie und der Lehren, die man aus
der Politik Chinas ziehen kann. Aber wie Tim Anderson ist er kein
Historiker, der in der Vergangenheit schwelgt, sondern ein
Analytiker der Gegenwart. Und so erklärt sich, dass seine
Analysen zwar begehrt sind, aber nur von Medien, welche keine
lebenserhaltenden Honorare zahlen können. Auf seiner eigenen
Internetseite(3) finden sich daher auch nur noch wenige Artikel,
ebenso nur noch ganz selten Artikel in alternativen Medien...
... hier weiterlesen:
https://apolut.net/dissens-und-kritik-im-globalen-sueden-und-bei-uns-von-jochen-mitschka
+++
Bildquelle: Stock City / shutterstock
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