EGL046 Berlinale 2024 Review: wie LaBruce mit »The Visitor« Pasolinis »Teorema« für das 21. Jahrhundert neu schreibt - sexuelle Befreiung statt bourgeoise Zerstörung
"Was mich wie die anderen gemacht hat, ist zerstört worden. Ich war
wie alle anderen mit vielen Fehlern. Du hast mich anders gemacht,
indem du mich aus der natürlichen Ordnung der Dinge herausgenommen
hast." Pietros Geständnis
1 Stunde 20 Minuten
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Beschreibung
vor 8 Monaten
Es ist Februar, es ist Berlinale Zeit. Auch in diesem Jahr wollen
wir einen Film von der Berlinale besprechen: "The Visitor" von
Bruce LaBruce. Eigentlich wollten Flo und Micz den gemeinsam sehen
und frisch mit den Eindrücken aus dem Kino den Film besprechen, das
hat aber nicht geklappt. Insofern treffen wir uns eine Woche später
vor dem Berlinale Palast, um die nicht mehr ganz so frischen
Eindrücke zu verarbeiten. Flo hat den Film auch ausgesucht, weil er
damit auch weiter über sein Lieblingsthema erzählen kann: über die
Nouvelle Vague. Denn "The Visitor" ist ein Remake des Filmes
"Teorema - Geometrie der Liebe" von 1968 von Pierre Paolo Pasolini.
Pasolini gilt wohl als einer der streitbarsten und konsequentesten
Regisseure des neuen italienischen Films. Pasolini ist 1975 nach
seinem Skandalauslösenden Film "Salo - die 120 Tage von Sodom"
ermordet worden. Pasolini war Autor, Kommunist und Filmemacher,
lebte offen seine schwule Sexualität aus und inszenierte
tabuisierte Themen in einer eigenen Filmsprache. Auch Bruce LaBruce
bricht mit seinen Filmen gerne gesellschaftliche Tabus, so auch in
seinem diesjährigen Berlinale Beitrag "The Visitor". Hier werden
explizite pornographische Szenen gezeigt. LaBruce gilt als Erfinder
und Vertreter des Queer Cinemas, dreht mit wenig Budget
genreübergreifende Low-Budget-Filme, die internationales Aufsehen
auslösen. Dabei steht auch seine politische Haltung im Vordergrund.
Mit "The Visitor" macht er auf die Situation und Zuschreibungen von
Flüchtlingen aufmerksam. Für ihn bedeutet Auslebung der Sexualität
eine Art von Befreiung aus den bürgerlichen Denkmustern. Bei
Pasolinis Film "Teorema" steht auch die Zerstörung der bürgerlichen
Familie im Vordergrund. Von der Struktur hat sich LaBruce sehr
dicht am Original orientiert: eine großbürgerliche Familie wird in
ihren konsumistischen Verhalten präsentiert, ein Gast trifft ein,
der eine unwiderstehliche sinnliche Anziehungskraft auf alle
Familienmitglieder ausübt. Modellhaft werden alle Stationen
absolviert und durchgespielt: Zunächst die Verführungen durch den
Gast, dann die Geständnisse oder Bekenntnisse und am Ende die
Transformationen der Protagonist:innen. Wir steigen in dieser
Episode am Berlinale-Palast mit "The Visitor" ein, schweifen im
Tierpark immer wieder in Richtung Pasolini ab, vergleichen die
beiden Filme und die politische Haltungen der Regisseure, sprechen
dann ausführlicher über Pasolinis Biografie und Filmsprache, über
die geheimnisvolle Figur des Gastes und den Schicksalen der
einzelnen Figuren in "Teorema".
wir einen Film von der Berlinale besprechen: "The Visitor" von
Bruce LaBruce. Eigentlich wollten Flo und Micz den gemeinsam sehen
und frisch mit den Eindrücken aus dem Kino den Film besprechen, das
hat aber nicht geklappt. Insofern treffen wir uns eine Woche später
vor dem Berlinale Palast, um die nicht mehr ganz so frischen
Eindrücke zu verarbeiten. Flo hat den Film auch ausgesucht, weil er
damit auch weiter über sein Lieblingsthema erzählen kann: über die
Nouvelle Vague. Denn "The Visitor" ist ein Remake des Filmes
"Teorema - Geometrie der Liebe" von 1968 von Pierre Paolo Pasolini.
Pasolini gilt wohl als einer der streitbarsten und konsequentesten
Regisseure des neuen italienischen Films. Pasolini ist 1975 nach
seinem Skandalauslösenden Film "Salo - die 120 Tage von Sodom"
ermordet worden. Pasolini war Autor, Kommunist und Filmemacher,
lebte offen seine schwule Sexualität aus und inszenierte
tabuisierte Themen in einer eigenen Filmsprache. Auch Bruce LaBruce
bricht mit seinen Filmen gerne gesellschaftliche Tabus, so auch in
seinem diesjährigen Berlinale Beitrag "The Visitor". Hier werden
explizite pornographische Szenen gezeigt. LaBruce gilt als Erfinder
und Vertreter des Queer Cinemas, dreht mit wenig Budget
genreübergreifende Low-Budget-Filme, die internationales Aufsehen
auslösen. Dabei steht auch seine politische Haltung im Vordergrund.
Mit "The Visitor" macht er auf die Situation und Zuschreibungen von
Flüchtlingen aufmerksam. Für ihn bedeutet Auslebung der Sexualität
eine Art von Befreiung aus den bürgerlichen Denkmustern. Bei
Pasolinis Film "Teorema" steht auch die Zerstörung der bürgerlichen
Familie im Vordergrund. Von der Struktur hat sich LaBruce sehr
dicht am Original orientiert: eine großbürgerliche Familie wird in
ihren konsumistischen Verhalten präsentiert, ein Gast trifft ein,
der eine unwiderstehliche sinnliche Anziehungskraft auf alle
Familienmitglieder ausübt. Modellhaft werden alle Stationen
absolviert und durchgespielt: Zunächst die Verführungen durch den
Gast, dann die Geständnisse oder Bekenntnisse und am Ende die
Transformationen der Protagonist:innen. Wir steigen in dieser
Episode am Berlinale-Palast mit "The Visitor" ein, schweifen im
Tierpark immer wieder in Richtung Pasolini ab, vergleichen die
beiden Filme und die politische Haltungen der Regisseure, sprechen
dann ausführlicher über Pasolinis Biografie und Filmsprache, über
die geheimnisvolle Figur des Gastes und den Schicksalen der
einzelnen Figuren in "Teorema".
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