Klimawandel und Werbeausgaben | Von Christian Kreiß

Klimawandel und Werbeausgaben | Von Christian Kreiß

10 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren

Wie Marketing unserem Planeten einheizt. Wie wir durch Abbau von
Werbeausgaben dem Klima dramatisch helfen können


Ein Standpunkt von Christian Kreiß.


Fragestellung


Werbung und Marketing verschlingen große Mengen an Ressourcen:
Kraft, Geld, Zeit, Brain, Energie und sind einer der größten
Treiber der menschenverursachten Klimakrise. Werbung steht meines
Erachtens im Zentrum unserer Klimakrise. Denn ohne das permanente
Werbe-Sperrfeuer würde unser ganzes Wachstumsmodell, das uns
ständig in mehr und neue Produkte und Dienstleistungen treibt, in
„Haben“ statt „Sein“, in Gier statt Zufriedenheit, nicht
funktionieren. Deshalb ist jeder Euro Werbeersparnis ein realer
Gewinn nicht nur für unsere Umwelt und unser Klima, sondern auch
für uns Menschen und macht unsere Welt lebenswerter.


Warum Werbung maßgeblich für die Klimakrise verantwortlich ist


Werbung ist einer der stärksten Treiber unseres
umweltzerstörenden und umweltverachtenden Verhaltens, und zwar
auf folgenden Ebenen.


1.) Direkte Ressourcenverschwendung


Die Werbeausgaben in Deutschland werden vom Zentralverband der
deutschen Werbewirtschaft (ZAW) für 2020 mit 45 Milliarden Euro
bzw. 1,3 Prozent vom BIP angegeben, die von etwa 900.000
Beschäftigten erbracht wurden (1). Diese Zahlen dürften aber
deutlich zu niedrig sein, da viele Werbe- und
Marketingaktivitäten beispielsweise von Führungskräften nicht
oder nur teilweise in diese Berechnung einfließen. Außerdem sind
in diesen Zahlen keine Vertriebsmitarbeiter enthalten. Eine
realistischere Größenordnung für Werbeaufwand liegt bei
mindestens zwei Prozent vom BIP, das entspräche derzeit etwa 66
Milliarden Euro (2). Verwendet man das Konzept des gesamten
Marketing-Rucksackes, also das Maß für „die Differenz zwischen
Herstellungskosten und Verkaufspreis“, das auf Günter Faltin
zurückgeht (3), so kommt man gar auf Schätzungen von 10 bis 20
Prozent unserer Konsumausgaben, also auf 160 bis 330 Milliarden
Euro pro Jahr (4).


2014 waren im deutschen Druckgewerbe über 60 Prozent aller
Arbeitnehmer mit Printwerbung beschäftigt, also gut drei von fünf
Beschäftigten unserer Druckindustrie (5). Das sind riesige
Papierberge, von denen die Mehrheit ungelesen im Müll landet.
Allein in deutschen Briefkästen landeten 2014 jährlich 1,3
Millionen Tonnen Werbesendungen, pro Haushalt zweieinhalb Kilo
jeden Monat. Das entspricht etwa 2,7 Millionen gefällten Bäumen,
um das Werbematerial für Deutschland zu produzieren. Die
Werbesendungen erzeugten so viel Kohlendioxid wie 840.000 Autos,
verbrauchten 1.157 Millionen kWh Strom und verschmutzten 4,62
Milliarden Liter Wasser (6). Kurz: Die Werbeindustrie verbraucht
direkt und unmittelbar eine stattliche Menge von Ressourcen.


Diesen hohen gesamtwirtschaftlichen Kosten steht de facto kein
realer Nutzen gegenüber: Werbung nährt uns nicht, kleidet uns
nicht, schafft uns kein Dach über den Kopf. David Graeber nennt
sie daher bullshit jobs, die im Wesentlichen nur
gesamtgesellschaftliche Kosten und für die Betroffenen
Frustration bringen (7). Werbung liefert uns flotte Sprüche und
bunte Bilder von schönen Dingen statt die Dinge selbst. Werbung
verteuert daher unmittelbar die beworbenen Gegenstände. Werbung
informiert meistens nicht über Produkte, - und soll laut
Werbeprofis auch nicht informieren -, sondern ist im Normalfall
strukturell irreführend. Werbung soll verkaufen, sonst nichts
(8).


Führende Volkswirte sagen daher schon seit über 100 Jahren, dass
kompetitive Werbung, also Werbung, bei der es lediglich um
Marktanteile geht, sinnlos ist. Deutlich über 90 Prozent aller
kommerziellen Werbung durch gewinnorientierte Unternehmen gilt
als kompetitiv (9). So sprach bereits Alfred Marshal bei Werbung
von sozialer Verschwendung und bezeichnete sie als „social waste“
(10). Auch Arthur Pigou hielt kompetitive Werbung einfach für
Ressourcenverschwendung (11). Für Kenneth Galbraith schaffen die
Unternehmen durch Werbung erst künstlich die Bedürfnisse, die sie
dann befriedigen. Die Unternehmen füllten daher eine Leere aus,
die sie erst selbst hervorgebracht hätten (12). Kurz: Werbung ist
aus gesamtwirtschaftlicher Sicht eine Ressourcenverschwendung und
sollte daher so stark wie möglich reduziert werden.


2.) Treiber von Wirtschaftswachstum, Umweltzerstörung und
Klimaaufheizung


Sehr viel schlimmer als der unmittelbare Ressourcenverbrauch ist
jedoch die Auswirkung von Werbung auf unseren gesamten Umgang mit
Mensch und Natur. Werbung hämmert uns 3000 bis 10000
Werbebotschaften pro Tag ein. Und praktisch alle haben eine
einzige Aussage: Kauft. Werbung treibt uns in Gier und
Wirtschaftswachstum. Die Frage Haben oder Sein, die Erich Fromm
vor über drei Jahrzehnten gestellt hat (13), wird durch Werbung
eindeutig und täglich mit hunderten Milliarden von Botschaften
beantwortet: Haben statt Sein.


Unsere omnipräsente Werbekultur schickt uns in eine
materialistische Kultur des „Mehr und Mehr“. Ununterbrochen wird
Gier statt Zufriedenheit oder gar Bescheidenheit gepredigt. Diese
materialistische, egoistische Sicht auf die Welt bewirkt
beispielsweise auch geplanten Verschleiß. Werbung hämmert uns
ein, dass das Alte nicht mehr gut genug ist, sondern dass wir das
Neue, Modische brauchen. Alle Spielarten von psychologischem
geplanten Verschleiß funktionieren nur wegen der massiven
Werbetrommel, die ständig schlägt. Allein wegen geplantem
Verschleiß arbeiten wir drei Wochen im Jahr vollkommen sinn- und
nutzlos, aber extrem ressourcenverschwendend (14).


Am Rande sei bemerkt, dass die systematische Unehrlichkeit von
Werbung unter ethischen Gesichtspunkten fragwürdig ist, dass
Werbung gezielt die Gesundheit unserer Kinder untergräbt, indem
fast nur ungesunde Lebensmittel beworben werden und dass sie
unsere Pressefreiheit unterminiert, weil die Medien versuchen
müssen, möglichst positiv statt objektiv über ihre Werbegeldgeber
zu berichten (15).


Gesellschaftliche Gegenmaßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels:
Werbung so stark abbauen, wie irgend möglich…weiterlesen hier:
https://apolut.net/klimawandel-und-werbeausgaben-von-christian-kreiss


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