Journalistischer Mindestabstand | Von Marcus Klöckner
11 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Jahren
Den vollständigen Standpunkte-Text (inkl ggf. Quellenhinweisen
und Links) findet ihr hier:
https://apolut.de/journalistischer-mindestabstand-von-marcus-kloeckner/
In Deutschland herrscht eine klebrige Nähe zwischen Medien und
Politik, die unabhängige Berichterstattung unmöglicht macht.
Hinweis zum Beitrag: Der vorliegende Text erschien zuerst
im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen
Beirat unter anderem Daniele Ganser und Hans-Joachim Maaz aktiv
sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative
Commons) erfolgte, übernimmt KenFM diesen Text in der
Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der
Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir
brauchen viele alternative Medien!
Ein Standpunkt von Marcus Klöckner.
Die erste Macht im Lande sollte durch die vierte kontrolliert
werden. Jedenfalls ist das in einem demokratisch verfassten Staat
ursprünglich so vorgesehen. Doch anstatt ihre Wächterfunktion
wahrzunehmen, macht sich die Presse mit denen gemein, vor denen
eigentlich gewarnt werden müsste. Die Medien gehen auf
Kuschelkurs und degradieren sich selbst eher zu Herolden
obrigkeitlicher Verlautbarungen. Exklusive, diskrete Gespräche
finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Chefredakteure
und Büroleiter von Sendeanstalten werden auf einen bestimmten
Kurs eingeschworen. All das ist in der Presselandschaft
Deutschlands normal. Für die Machtkontrolle erweist es sich
jedoch als fatal. Ein Kommentar von Marcus Klöckner, Autor des
Buches „Zombie-Journalismus: Was kommt nach dem Tod der
Meinungsfreiheit?“, dem sechsten Teil der
Corona-Aufklärungsoffensive des Rubikon-Verlages, das am 24.
August erscheint.
„Am Tag vor wichtigen Bund-Länder-Corona-Schalten wurde
wiederholt einer zusammengerufenen Journalistengruppe die
Sichtweise des Kanzleramts, dass strenge Lockdown-Maßnahmen nötig
sind, so eindringlich dargestellt, dass es zum Gipfeltag in
Zeitungen und Onlineportalen stand. Und Druck auf die Länder
aufbaute.“
Diese Zeilen stehen in einem aktuellen Porträt des Tagesspiegels
über Steffen Seibert, den Regierungssprecher von Bundeskanzlerin
Angela Merkel.
Sie geben Einblick in eine Realität, die Kritiker der Medien
erahnen, die aber viele Journalisten gerne immer wieder als
absurd abtun. Eine gelenkte Berichterstattung? Unsinn! lautet der
Tenor. Wäre es nur so einfach.
Die Vorwürfe von Medienkritikern sind allseits bekannt:
Journalisten und Politiker stecken unter einer Decke und die
Berichterstattung ist politisch gesteuert. Vorwürfe dieser Art
gehören mit zu den härtesten Vorwürfen, die man der Presse machen
kann. Medien und Journalisten, die politisch „embedded“, also:
eingebettet sind, passen nicht zum Bild einer freien Presse, die
die Herrschenden kontrolliert, anstatt mit ihnen ins Bett zu
gehen.
Genau so bekannt sind auch die immer wieder zu hörenden
Reaktionen von Medienvertretern, wonach die enge Verbindung
zwischen Journalisten und Politik ein Phantasma sei.
Man kann es sich, möchte man anmerken, auch arg einfach machen
und die berechtigte Medienkritik als substanzlos abtun.
Gewiss: Für die Uniformität in der Berichterstattung gibt es
viele Ursachen. Für den Eindruck, dass die Medien wie von außen
gesteuert wirken, gibt es viele Erklärungen. Wer sich mit den
Medien und dem journalistischen Feld näher auseinandersetzt, kann
verstehen, dass eine „Berichterstattung“, die wie aus einem Guss
wirkt, vor allem auch damit zu tun hat, dass das journalistische
Feld sozial geschlossen ist und die in den Köpfen vieler
Journalisten vorherrschenden Weltbilder und
Wirklichkeitsvorstellungen bereits so „einheitlich“ sind, dass
letztlich das, was nach außen als „Berichterstattung“ verkauft
wird, genauso einheitlich ist. Doch das ist ein anderes Thema.
Richtig ist allerdings, dass Journalismus und Politik viel enger
miteinander verbunden sind, als es für eine gesunde Demokratie
gut ist. Selbstverständlich gibt es reale Einflüsse vonseiten der
Politik auf Medien. Diese Einflussversuche mögen mal mehr, mal
weniger erfolgreich sein, aber es gibt sie. Und das ist ein
Problem.
Für Medienkritiker ist es ein mühseliges Unterfangen, diese
Einflüsse, ja: diese Verbindungen zwischen Politikern und
Journalisten darzulegen. Es hat etwas Detektivisches: Es gilt,
einzelnen Hinweisen und Äußerungen nachzuspüren,
Informationsteile zusammenzutragen und nach und nach zu
versuchen, ein Bild zu zeichnen, das Auskunft darüber gibt, wie
diese Verquickungen aussehen. Doch die größte Hürde ist kaum zu
überwinden: Mit eigenen Augen direkt diese Einflussversuche zu
beobachten, festzuhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu
machen.
Das Problem ist: Die Einflüsse sind oft nicht direkt sichtbar.
Sie laufen eben nicht vor laufender Kamera ab. Sie werden
ausgeübt in diskreten Runden, in Hinterzimmern und fernab vom
Lichte der Öffentlichkeit. Und diejenigen, die Zutritt zu
derartigen Treffen unter dem Einflussbereich der Politik haben,
hängen ihre Erfahrungen natürlich nicht an die große Glocke.
Vermutlich sehen sie sogar noch nicht einmal eine Notwendigkeit
daran. Vermutlich erkennen sie nicht einmal eine
Grenzüberschreitung, wenn sie bei einem diskreten Treffen von
hochrangigen Vertretern der Politik mit exklusiven Informationen
gefüttert werden. Und dieses Verhalten ist nicht einmal schwer zu
erklären.
Weltanschauliche Verbundenhei…weiterlesen hier:
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