#132 Dieses kleine Licht

Dieses kleine Licht





Immer wenn ich etwas in die Zukunft plane, fällt mir abrupt ein,
dass es nicht mehr nötig ist so weit zu planen. Weil ich diese
Zukunft höchstwahrscheinlich gar nicht mehr erlebe.





Dieser kleine Gedanke frisst viele Ideen, Überlegungen, Pläne,
und Vorhaben auf noch bevor sie überhaupt zu Ende gesponnen
worden sind.


Somit bleiben diese Netze, entstanden aus purer Einbildungskraft
, oftmals nur ein einzäunender Rahmen.


Einzäunend, weil - Freiheitsberaubend;


Einzäunend, weil – Platznehmend;


Platz für den Strom an Möglichkeiten.


Möglichkeiten die es eben nicht mehr gibt.





Das was man Gott nennt hat mir sehr viele Wünsche erfüllt.


Ich wollte wissen wie es ist zu ertrinken.


Dieses „Gott“ hat Nachblutungen nach meiner Mandel-OP entstehen
lassen, worauf das Blut ungehemmt die Luftröhre nieder gesickert
ist. Ich somit an meinen Blut ertrunken wäre – wenn ich vor der
OP nicht bereits auf diese Möglichkeit vorbereitet worden wäre.
Somit wusste, was in dieser Situation zu tun war.


Dennoch hat mir der kurze Einblick gezeigt, wie es wäre wenn….





Und jetzt denk ich dran, dass ich dieses „Gott“ mal gefragt habe,
wie es ist, wenn man so ungefähr weiß wann man sterben wird.





Bisher wurden mir meine Fragen und Wünsche immer so beantwortet
und erfüllt, dass ich keinen großen Schaden davon getragen habe.


Aber jetzt……?


Hm,…..


Oder wird es auch hier wieder so ganz kurz vorher noch die
Erlösung geben? Ein Wundermittel, neue Therapie – Möglichkeit die
das vermeintliche Ende plötzlich als langjährige Lüge enttarnt?


Eine Lüge die Aufrecht erhalten werden musste - um eben die
Erfahrung auch ausgeprägt zu erleben? Eine Lüge die eben die
Frage „Wie ist es wenn man weiß wann man sterben wird…“ klar
beantwortet?





Da ist es einmal mehr, dieses kleine Licht – das immer wieder in
den verwinkelten Gassen von einer mysteriösen Gestalt wie eine
alte, metallerne Laterne durch die Nacht getragen wird. Man sieht
es immer nur ganz kurz zwischen den eng anliegenden Häusern
aufblitzen. Irgendwo am Ende einer Straße von der Einen, zur
Anderen Seite vorbeihuschen.


Das letzte Quäntchen Hoffnung,


Hoffnung, dessen Schein durch die laternernen Kristallscheiben
versucht jedes Dunkel zu vertreiben.


Un-er-müdlich.


Und doch von allen Seiten in der Nacht gefangen. Selbst sogar
eigene Schatten wirft, die das Obskure scheinbar noch schwärzer –
einfärbt.





Das Obsukre – ein gelecktes Autorensynonym für ein zweifelhaftes
Mysterium. Unklar. Dunkel. Versteckt.


Dabei sind Krankheiten im Verlauf meist exakt das Gegenteil.


Sie verstecken sich nicht. Nein, sie zeigen sich immer
deutlicher. Haare fallen aus, ein rasseln schleicht sich in die
Atmung ein, Muskelabbau, die Ausdauer schwindet – man schwitzt
nach ein paar wenigen Schritten.


Wechselwirkungen der nötigen Medikamente die zu weiteren
medikamentösen Einnahmen führt.





Und da ist es wieder, dieses kleines Licht….


… es schwebt so vor mir her.


Eine kleine Perle aus…..Gott – oder was auch immer es ist.





Bitte lasst mich gehen, wenn ich mich dazu entschieden habe.


Zwingt mich nicht in einen falschen Kampfeswillen.


Ich bitte Euch, wenn es soweit ist – lasst mich einfach gehen.


Die letzten Schritte über diese wackelige, Hängebrücke gehe ich
auch vollkommen alleine. Keiner von Euch muss dabei sein. Ihr
müsst nicht zuschauen.


Nur bitte, lasst mich gehen. Ruft mir nicht nach – lenkt mich
nicht ab – bindet mich nicht fest, an Euch…


… lasst mich einfach gehen.





Und dann – dann freut Euch für mich.


Denn dann wird endlich – eeendlich – meine über so viele Jahre
gewachsene Sehnsucht gestillt werden – oder nein, sie wird
einfach - gestillt sein.





In dem Moment müsst Ihr auch nicht stark für mich sein. Ich
verbiete Euch nicht zu trauern, verbiete Euch nicht zu weinen.





Und wer weiß, vielleicht streichelt meine - Seele Euch einmal
zärtlich über die Wange….


…. bevor….. hem…..


….. da ist es wieder…… dieses kleine Licht…..