„Bild“-Chef Reichelt: „Ich verachte die Führung der AfD“

„Bild“-Chef Reichelt: „Ich verachte die Führung der AfD“

Er ist mit erst 39 Jahren einer der mächtigsten Medienmacher Deutschlands – und ein Freund klarer Ansagen.
1 Stunde 26 Minuten
Podcast
Podcaster
Erfolgreiche Menschen aus Hamburg erzählen, wie sie geworden sind, was sie geworden sind.

Beschreibung

vor 5 Jahren
„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt spricht im Podcast
„Entscheider treffen Haider“ mit Abendblatt-Chefredakteur Lars
Haider nicht nur über die frühe Liebe zu seiner Zeitung („Ich habe
mit sieben Jahren angefangen, „Bild“ zu lesen“), sondern bezieht
auch Stellung gegen die AfD: „Ich kann durchaus sagen, dass ich die
politische Führung der AfD verachte. Wenn Björn Höcke auftritt,
schafft er es, in Habitus und Mimik an das Dritte Reich zu
erinnern. Das ist ein Spiel, das mich abstößt.“ „Bild“ sei die
einzige Marke, „in der man keine AfD-Interviews finden wird“, so
Reichelt, der es „absurd findet, wieviel Air-time die Partei in
deutschen Talkshows bekommt“. Dabei habe die „AfD alles verlassen,
was es in Deutschland an gesellschaftlichem Konsens gibt“. Stimmen,
die die „Bild“-Zeitung als „verlängerten Arm der AfD bezeichnen“,
nennt Reichelt eine Unverschämtheit: „Man kann das nur behaupten,
wenn man bereit ist, Fakten zu ignorieren.“ Der „Bild“-Chef spricht
im Podcast auch über die schwindende Macht von traditionellen
Medien und die Reaktion von Politikern darauf: „Die Politiker
realisieren immer mehr, dass soziale Medien ihnen die Möglichkeit
geben, an traditionellen Medien vorbei zu kommunizieren. Und
klammheimlich freuen sie sich auch darüber. Sie sehen nicht, dass
wir Journalisten am Ende auch das Fundament bilden, auf dem
Demokratie funktioniert. Eine Übernahme der Medienlandschaft durch
soziale Medien würde nach meiner Überzeugung die Demokratie nicht
überstehen.“ Klare Worte findet Reichelt zu Konkurrenten, die
Bezahlangebote von „Bild“ oder anderen Medien übernehmen und auf
ihren Plattformen kostenlos verbreiten: „Das ist nichts anderes als
Organisierte Kriminalität beim Thema geistiges Eigentum.“
Journalismus müsse etwas wert sein: „Wir wären sonst die einzige
Branche, die für ihre Arbeit kein Geld verlangt.“ Ausführlich
spricht der „Bild“-Chef auch über Emotionen, die für Massenmedien
genauso wie für die Politik wichtig seien: „Es ist gut, wenn
verantwortungsvolle Parteien Vernunft und Fakten in den Mittelpunkt
stellen. Aber zu sagen, wir bedienen Instinkte und Gefühle gar
nicht mehr, führt in den Untergang. Viele Wähler haben die Schnauze
davon voll, dass die Themen, die sie bewegen, von den Volksparteien
nicht angenommen werden.“ Zu dem Vorwurf, dass „Bild“ unter ihm als
Chefredakteur härter und radikaler geworden sei, sagt Reichelt:
„Ich bin radikal freiheitlich und radikal an Fakten orientiert. Und
in den Konsequenzen, die sich daraus ergeben, bin ich vermutlich
sehr radikal.“ Er habe im vergangenen Jahr viel Zeit mit der
„Bild“-Zeitung auf Papier verbracht, „weil ich das Gefühl hatte,
dass wir die Zeitung ein stückweit neu ausrichten müssen,
tatsächlich auch politisch“. „Bild“ sei nicht mehr „the peoples
paper“ gewesen. Zur neuen Strategie gehört auch, dass „Bild“ auf
der Titelseite möglichst viele Texte rund um den Themenbereich
„Rente“ veröffentlicht. Und auch zu seinen Anfängen als „Bild“-Chef
äußert sich Reichelt: „Das hieß anfangs ein bisschen anders, hatte
ja den Fantasietitel Vorsitzender der Chefredaktion, weil es damals
noch eine Zweiteilung gab. Um ehrlich zu sein war mir klar, dass
die Marke „Bild“ in der Führung keine Ambivalenz verträgt.“

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