tl;dr #3: Antonio Gramsci: «Gefängnishefte» mit Lia Becker
Der Theoriepodcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit Alex Demirović.
43 Minuten
Podcast
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Beschreibung
vor 3 Jahren
«Offensichtlich setzt die Tatsache der Hegemonie voraus, daß den
Interessen und Tendenzen der Gruppierungen, über welche die
Hegemonie ausgeübt werden soll, Rechnung getragen wird, daß sich
ein gewisses Gleichgewicht herausbildet, daß also die hegemoniale
Gruppierung Opfer ökonomisch-korporativer Art bringt, aber diese
Opfer können nicht das Wesentliche betreffen, denn die Hegemonie
ist eine politische, aber auch und besonders eine ökonomische, sie
hat ihre materielle Basis in der entscheidenden Funktion, welche
die hegemoniale Gruppierung im entscheidenden Kern der ökonomischen
Aktivität ausübt.» Antonio Gramsci, Gefängnishefte Antonio Gramsci
wurde 1926 als Kommunist und Gegner des faschistischen Regimes in
Italien verhaftet. In seiner Gefängniszeit schrieb er sein
Hauptwerk. Die Gefängnishefte, die in der deutschen Übersetzung
2.300 Seiten umfassen, versammeln eine Vielzahl von kurzen Notizen,
Literaturhinweisen, Kommentaren oder mehrseitigen Essays. Sie
werden von Gramsci festgehalten mit dem Ziel, sie später, wenn er
wieder in Freiheit wäre, auszuarbeiten. Jedoch ging es ihm nach
seiner Entlassung 1934 gesundheitlich so schlecht, dass er sein
Werk nicht abschließen konnte. Zu Recht sind Antonio Gramscis
Gefängnishefte berühmt geworden. Vor allem sein Verständnis von
Hegemonie, seine Begriffe der Subalternen, der Zivilgesellschaft
hat die Linke, die postcolonial studies, die feministische
Diskussion weltweit beeinflusst. Mit diesem und anderen
begrifflichen Neuerungen leistete er einen bedeutenden Beitrag zur
Fortentwicklung der marxistischen Theorie. Gramsci ist kein Denker
der gescheiterten Revolution von 1918/19, vielmehr tritt er für die
Bildung von politischen Verhältnissen der Selbstregierung der
popularen Gruppen, für eine neue Kultur und Lebensweise, eine
Reorganisation des Produktionsapparats, und einer Reform des
Verhältnisses von Stadt und Land ein. Zentral geht es Gramsci um
die Frage des Konsenses und der Hegemonie. In einem einfachen Sinn
kann unter Hegemonie zunächst die politische und kulturelle
Vorherrschaft einer Klasse verstanden werden. Aber Gramsci geht
über dieses Grundverständnis hinaus. Das hegemoniale Verhältnis
zwischen den Herrschenden und den Subalternen bleibt niemals
stabil, es handelt sich um ein ständig sich veränderndes
Kräftegleichgewicht, in dem die Interessen der herrschenden Gruppe
überwiegen, aber in dem die der Subalternen immer auch
Berücksichtigung finden. Im Podcast gibt Alex Demirovic einen
Überblick über Gramscis politisches Wirken und fasst die zentralen
Thesen der Gefängnishefte zusammen. Anschließend diskutiert er mit
der Gramsci-Expertin Lia Becker darüber, welche Relevanz die
Gefängnishefte für aktuelle politische Kämpfe haben und was wir von
Gramsci über den Umgang mit der Querdenkerbewegung lernen können.
Interessen und Tendenzen der Gruppierungen, über welche die
Hegemonie ausgeübt werden soll, Rechnung getragen wird, daß sich
ein gewisses Gleichgewicht herausbildet, daß also die hegemoniale
Gruppierung Opfer ökonomisch-korporativer Art bringt, aber diese
Opfer können nicht das Wesentliche betreffen, denn die Hegemonie
ist eine politische, aber auch und besonders eine ökonomische, sie
hat ihre materielle Basis in der entscheidenden Funktion, welche
die hegemoniale Gruppierung im entscheidenden Kern der ökonomischen
Aktivität ausübt.» Antonio Gramsci, Gefängnishefte Antonio Gramsci
wurde 1926 als Kommunist und Gegner des faschistischen Regimes in
Italien verhaftet. In seiner Gefängniszeit schrieb er sein
Hauptwerk. Die Gefängnishefte, die in der deutschen Übersetzung
2.300 Seiten umfassen, versammeln eine Vielzahl von kurzen Notizen,
Literaturhinweisen, Kommentaren oder mehrseitigen Essays. Sie
werden von Gramsci festgehalten mit dem Ziel, sie später, wenn er
wieder in Freiheit wäre, auszuarbeiten. Jedoch ging es ihm nach
seiner Entlassung 1934 gesundheitlich so schlecht, dass er sein
Werk nicht abschließen konnte. Zu Recht sind Antonio Gramscis
Gefängnishefte berühmt geworden. Vor allem sein Verständnis von
Hegemonie, seine Begriffe der Subalternen, der Zivilgesellschaft
hat die Linke, die postcolonial studies, die feministische
Diskussion weltweit beeinflusst. Mit diesem und anderen
begrifflichen Neuerungen leistete er einen bedeutenden Beitrag zur
Fortentwicklung der marxistischen Theorie. Gramsci ist kein Denker
der gescheiterten Revolution von 1918/19, vielmehr tritt er für die
Bildung von politischen Verhältnissen der Selbstregierung der
popularen Gruppen, für eine neue Kultur und Lebensweise, eine
Reorganisation des Produktionsapparats, und einer Reform des
Verhältnisses von Stadt und Land ein. Zentral geht es Gramsci um
die Frage des Konsenses und der Hegemonie. In einem einfachen Sinn
kann unter Hegemonie zunächst die politische und kulturelle
Vorherrschaft einer Klasse verstanden werden. Aber Gramsci geht
über dieses Grundverständnis hinaus. Das hegemoniale Verhältnis
zwischen den Herrschenden und den Subalternen bleibt niemals
stabil, es handelt sich um ein ständig sich veränderndes
Kräftegleichgewicht, in dem die Interessen der herrschenden Gruppe
überwiegen, aber in dem die der Subalternen immer auch
Berücksichtigung finden. Im Podcast gibt Alex Demirovic einen
Überblick über Gramscis politisches Wirken und fasst die zentralen
Thesen der Gefängnishefte zusammen. Anschließend diskutiert er mit
der Gramsci-Expertin Lia Becker darüber, welche Relevanz die
Gefängnishefte für aktuelle politische Kämpfe haben und was wir von
Gramsci über den Umgang mit der Querdenkerbewegung lernen können.
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