Die Gefahren von LEDs: Photobiologie und Sonnenlicht - Interview mit Alexander Wunsch | Folge #119

Die Gefahren von LEDs: Photobiologie und Sonnenlicht - Interview mit Alexander Wunsch | Folge #119

Mein heutiger Gast ist Alexander Wunsch. Er ist Arzt, Forscher und Dozent für Lichtmedizin und Photobiologie. Sein Fokus liegt auf der Erforschung der Effekte des Lichts auf unseren Körper, und auf die Zellen. In seiner Praxis in Heidelberg wendet er vers
1 Stunde 4 Minuten

Beschreibung

vor 7 Jahren
In Folge #119

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Kurze Zusammenfassung

Alexander Wunsch ist Arzt, Forscher und Referent in den Bereichen
Lichttherapie, Photobiologie und Biophysik. Er erforscht Chancen
und Risiken natürlicher und künstlicher optischer Strahlung auf
Mensch und Umwelt, berät Politik, Medienvertreter und Industrie
bei lichtbiologischen Fragen und entwickelt kurative, präventive
und protektive Konzepte und Anwendungen für die Lichttherapie und
Lichthygiene beim Menschen. Er ist Mitglied der Deutschen
Akademie für Photobiologie und Phototechnologie (DAfP), der
deutschen Lichttechnischen Gesellschaft (LiTG) und
Lehrbeauftragter für den Themenbereich “Light and Health” im
internationalen Master-Studiengang “Architectural Lighting
Design” der Hochschule Wismar. Er hält regelmäßig Vorträge über
biophysikalische, lichtbiologische und lichtmedizinische Themen
im In- und Ausland.


##Alle Vorträge von Alexander Wunsch auf Vimeo


##Wir sprechen in dieser Folge über


Was unterscheidet künstliches Licht von natürlichem Licht

Wie wirkt Licht auf die Zellen

Warum sind gerade LEDs so schädlich für unsere Gesundheit?

Welche Art von Leuchtmittel sollte man zu Hause nutzen und
wie kann man sich am besten
vor den negativen Effekten anderer Blaulichtquellen, wie
Monitore, schützen?



#Transkript


Julia: Gut. Lieber Alexander Wunsch, herzlich willkommen zur
Evolution Radio Show.


Dr. Alexander Wunsch: Schönen guten Tag.


Julia: Wir werden gleich losstarten ins Thema, weil es ist
komplex, es gibt viel zu sagen dazu. Vielleicht würde ich gerne
so starten. Dass Sonnenlicht irgendwie wichtig ist, das ist schon
würde ich fast sagen im Mainstream angekommen, aber eigentlich
nur, was die Knochengesundheit und Vitamin D betrifft und alles
darüber hinaus existiert eigentlich nicht in der Wahrnehmung.
Doch Licht hat ganz, ganz viele Funktionen im Körper, die weit
über dieses, nur über das Vitamin D hinausgehen. Vielleicht
könnten Sie ganz kur erklären, auf welche Bereiche Licht oder vor
allem natürliches Licht wirkt. Wofür brauchen wir Sonnenlicht?


Dr. Alexander Wunsch: Hm, das ist die einfachste Frage sozusagen
vorweg. Das Sonnenlicht, wie Sie schon gesagt haben, das ist für
sämtliche Lebensprozesse letztlich essentiell und das Besondere
am Sonnenlicht ist aus meiner Sicht jetzt nicht mal die genaue
Spektralzusammensetzung, also aus welchen Wellenlängen das
besteht, sondern zunächst mal im Kontext der Evolution ist das
Sonnenlicht A) der Antrieb für sämtliche Vorgänge auf unserem
Planeten, ob das jetzt klimatische Vorgänge sind oder ob das die
chemische Evolution wäre oder auch die biologische Evolution,
jeder Energieaustausch, stoffliche Veränderungen in den
Molekülen, alles ist letzten Endes zurückführbar auf die
Sonnenenergie und auch auf die Zusammensetzung des Sonnenlichts.


Das Besondere ist hierbei, dass das Leben sich unter dem
Licht der Sonne entwickelt hat und dass seit über 4 Milliarden
Jahren sich die Zusammensetzung dieses Sonnenlichts praktisch
nicht wesentlich verändert hat. Und dadurch haben alle Organismen
gelernt, das Beste aus dem vorhandenen Spektrum herauszuziehen
und auch zum Beispiel zu nutzen, um sich gegen die potentiell
schädlichen Anteile zu wehren. Und dadurch ist das Sonnenlicht
ein sehr komplexer Cocktail von Strahlung, also ein
Strahlungsgemisch, das den Lebensprozessen praktisch in jeder
Hinsicht förderlich ist.


Das beginnt mit der visuellen Orientierung, das geht über die
Absorption von ganz bestimmten Wellenlängen, dadurch die
Erzeugung des Farbspektrums, das uns umgibt in der Natur, in
unserem Environment, und dann zum Beispiel Vitamin D ist ein ganz
kleiner Aspekt dessen, was in unserem Körper, in der Haut
passiert, im Sinne von einer Photosynthese. Wir sind anders als
Pflanzen nicht in der Lage selbst Sonnenenergie in chemische
Energie umzuwandeln, deswegen müssen wir Pflanzen oder
pflanzenfressende Tiere wiederum aufnehmen, um unseren
Energiehaushalt in Balance zu halten. Aber zum Beispiel die
Wärme, die klimatischen Bedingungen, die uns umgeben, die lassen
sich auch auf das Sonnenlicht zurückführen. Und dann haben wir
für die Wärmestrahlung nochmal eine entsprechende Aufteilung,
also einmal ist es natürlich direkt die Temperatur, die uns
umgibt, die auf Sonnenaktivität zurückzuführen ist, aber auch
solche Strahlungsanteile, die wir nicht direkt als Wärme spüren,
zum Beispiel den Nahinfrarotbereich, der aber sehr tief in
unserem Körper letztlich eindringen kann. Sonnenlicht besteht zu
über 40 Prozent aus Nahinfrarotstrahlung, die wir weder sehen
noch fühlen können, die aber unser Gewebe durchdringt und zum
Beispiel auf dem Energiehaushalt Einfluss nimmt, weil es direkt
die Zellkraftwerke ansprechen kann.


Julia: Und ich meine, das geht vielleicht auch zu weit, aber wie
kann man sich das vorstellen, wie wirkt das Nahinfrarot? Wie
wirkt das auf die Zelle direkt? Wie kann das Einfluss nehmen auf
den Metabolismus?


Dr. Alexander Wunsch: Zum einen hatte ich schon kurz angerissen,
dass es einen Zusammenhang mit der Aktivität, mit der
Stoffaktivität, Stoffwechselaktivität der Mitochondrien gibt, der
Zellkraftwerke.


In den Mitrochondrien selbst gibt's verschiedene Enzyme,
die für die Energiegewinnung verantwortlich sind. Da gibt's ein
Enzym mit einem, je nachdem, einem zungenbrecherischen Namen, die
Cytochrom-C-Oxidase. Das ist der Komplex 4 in der
Elektronentransportkette der Mitochondrien und dieses Enzym, das
hat Absorptionsbereich im langwelligen Teil des Spektrums
zwischen 600 und 850 Nanometer. Das wäre als irgendwo zwischen
rotorange und Nahinfrarot mit etwa 850 Nanometern. Und in diesem
Bereich hat die Cytochrom-C-Oxidase 4 Absorptions-Peaks und man
weiß aus Versuchen, von Zellversuchen bis hin zu Experimenten
auch am Menschen, dass die Bestrahlung mit diesem Spektralbereich
dazu geeignet ist, die den Energiehaushalt in den Mitochondrien
zu stabiliseren.


Also gerade jetzt in Zellen, wo Energiemangel herrscht
beispielsweise, kann man die verfügbare chemische Energie
anheben. Das ist das ATP, Adenosintriphosphaat, wird in den
Mitochondrien hergestellt und der Komplex 4 ist die vorletzte
Stufe dieses Bereitstellungsprozesses. Also das letzte Enzym vor
der ATP Synthase. ATP Synthase ist so eine kleine Turbine, die
wie eine Druckerpresse ständig aus Adenosintriphosphat und
anorganischem Phosphat dann das begehrte ATP zusammenpresst und
diese Turbine wird durch einen Ladungsträger angetrieben. In der
Mitochondrienmembran und darauf kann ich mit dem Licht Einfluss
nehmen. Das ist so ein Aspekt, der im Zusammenhang mit einer
medizinischen Anwendung oder phototherapeutischen Anfwendung
immer wieder auch diskutiert wird. Das ist dieses Verfahren nennt
man Photobiomodulation, also die Anwendung von langewelligem
Licht, das keine Wärme Effekte im Gewebe erzeugt, aber trotzdem
solche positiven, wir kommen zeitig wie beziehungsweise die
Anhebung der ATP Konzentration und damit eine bessere
Verfügbarkeit chemischer Energie.


Wir stellen am Tag etwa so viel ATP in unseren ganzen Zellen her,
wie wir wiegen. Das ist also ein sehr umfangreicher Prozess, der
praktisch in allen Bereichen, wo Energie benötigt wird, ob das
jetzt Muskelaktivitäten sind, ob das chemische Transportvorgänge
sind, ob das Eiweiß oder Fettsynthese oder Zellmembranen, die
hergestellt werden müssen. Also jeder Vorgang eigentlich im
Körper, der ist energieabhängig und damit auch abhängig von
diesem ATP. Und dann gibt's noch weitere Effekte, die man diesem
langwelligen Licht, dem Nahinfrarotlicht zuordnen kann. Dabei
geht's zum Beispiel um die Aktivierung von Wassermolekülen. Man
weiß, dass der menschliche Körper aus etwa 70 Prozent Wasser
besteht, unser Stoffwechsel findet also in diesem flüssigen
Medium statt und durch das Licht kann ich Wassermoleküle gezielt
in Bewegung versetzen, kann also die kinetische Energie im
Wasserkompartiment erhöhen und damit zum Beispiel
Stoffaustauschvorgänge verbessern, ohne dass ich dabei das Gewebe
unerwünschtermaßen erhitzen würde. Das sind jetzt schon 2
wichtige Aspekte, wie ich auf Stoffwechselvorgänge optimierend
Einfluss nehmen kann über dieses Nahinfrarotlicht.


Julia: Wenn man das so hört, dann kriegt man wirklich mal nur so
einen kleinen Einblick darin oder dahingehend, wie wichtig oder
welche Rolle Licht oder vor allem gewisse Wellenlängen, die
richtigen Wellenlängen auf unseren Körper haben. Wenn man aber
sich die allgemeine Diskussion oder die Mainstream-Medien
anschaut, wenn es da um Licht geht oder um Sonnenlicht, dann
werden vor allem eigentlich die schädigenden Aspekte immer
angesprochen. Es wird immer eher Angst gemacht, muss man fast
sagen. Man darf nicht mehr rausgehen, also einerseits soll man
zwar rausgehen wegen dem Vitamin D, auf der anderen Seite sollte
man sich aber auf jeden Fall mit einem Lichtschutzfaktor 30 oder
noch höher einschmieren und auf jeden Fall eine Sonnenbrille
tragen und bloß kein Licht an die Haut und an die Augen lassen,
weil dann kriegt man Hautkrebs oder Makula-Degeneration oder was
auch immer. Das ist so ein richtiger Ambivalent, die
Informationen, die man bekommt, und die Leute sind auch sehr
verunsichert und ich habe direkt den Eindruck auch, wir fürchten
uns vor Licht, mit dem wir seit 4 Millionen Jahren aufgewachsen/
oder seitdem wir auf der Welt sind, auf der Erde wandeln, ein
Teil unserer Biologie war. Auf der anderen Seite haben wir nicht
die gleiche Skepsis gegenüber Lichtquellen, die erst seit 100,
200 oder 300 Jahren in unserer Welt sind. Das finde ich sehr,
sehr schwierig. Vielleicht, ich meine das waren jetzt mehrere
Aspekte in einem, muss ich mich schützen vor dem Sonnenlicht oder
bis zu welchem Grad oder wie gehen Sie damit um? Ist es
tatsächlich eine Gefahr oder was ist die richtige Dosis?


Dr. Alexander Wunsch: Wir haben es hier, also auf solche
vielschichtigen Fragen gibt's natürlich auch gerne mal eine
vielschichtige Antwort. Während Sie die Frage formuliert haben,
ist mir zunächst mal das Cui Bono eingefallen. Die Frage auf
Lateinisch, die dann übersetzt lautet: Wem nützt es? Also wer
profitiert davon, wenn die Menschen Angst vor der Sonne haben?
Die Weltgesundheitsorganisation hat sich dazu entschlossen, die
sogenannte No Sun Policy zu fahren. Also im Prinzip von der
Sonnenexposition komplett abzuraten. Dadurch hat man natürlich
das Problem, dass sich die Vitamin D Mangelerkrankungen immer
weiter ausbreiten und die öffentlichen Stellen, jetzt zum
Beispiel die
Weltgesundheitsorganisation, die meines Wissens sogar, wenn man
da mal nachschaut, wer die ganzen Kosten sponsert und trägt, da
bekommt man dann auch wieder Antworten, warum es möglicherweise
profitabler ist den Menschen vor der Sonne Angst zu machen als
ihnen praktisch beizubringen, wie man richtig mit der Sonne
umgeht. Es ist definitiv komplexer den Menschen
beizubringen, wie sie richtig mit der Sonne umgehen als zu sagen,
gar keine Sonne und 30er Sonnenschutzfaktor.


Das Problem ist, wenn man die Sonnencreme verwendet, halten sich
die Menschen wesentlich länger im Sonnenlicht auf als es ihnen
eigentlich guttut, bilden dabei aber kein Vitamin D und bilden
auch keinen eigenen Sonnenschutz, den sie sonst aufbauen würden.
Wenn man also ohne Sonnenschutzcreme in der richtigen Dosierung
die Sonne genießt, dann baut man einen eigenen Sonnenschutz auf,
den man auch immer dabeihat.
Die Sonnencreme, die wird gerne mal vergessen im falschen Moment
und plötzlich ist die Folge dann der Sonnenbrand, den man auf
jeden Fall vermeiden sollte. Wir haben beim Sonnenlicht wie auch
bei vielen anderen einwirkenden Reizen oder Energien eine
U-förmige Reizantwort, also das wäre dann eine U-Shape Curve,
eine Kurve, die aussieht wie ein U so ungefähr, wie ein bisschen
flacher gezogenes U und das zeigt, der Optima in der Mitte ist
der optimale Effekt zu erwarten, wenn wir die richtige Dosis
haben. Wenn wir zu wenig Sonnenlicht bekommen, dann treten
Mangelerscheinungen auf, die zum Beispiel beim Vitamin D
erkennbar werden. Vitamin D Mangel geht mit einer erhöhten
Sterblichkeit einher, geht mit Knochenkrankheiten wie zum
Beispiel der Osteoperose oder der Osteomalazie einher. Wir
beobachten bestimmte Krankheitsbilder, dass die gehäuft auftreten
wie zum Beispiel kardiovaskuläre, also Herzkreislauferkrankungen,
aber auch Infektionskrankheiten und Krebserkrankungen treten bei
schwerem Vitamin D Mangel häufiger auf.


Also die Unterdosierung ist ein Problem und die Überdosierung ist
dann auch ein Problem, weil dann zum Beispiel Hautschäden
erkennbar werden können, zum Beispiel Hautalterung, solche
Sonnenfalten oder auch Hautkrebs, wobei man beim Hautkrebs wieder
unterscheiden muss. Da gibt's das Melanom, das ist der schwarze
Hautkrebs, der macht normalerweise weniger als ein Zehntel der
gesamten Hautkrebsfälle aus und die restlichen 90 Prozent, die
betreffen dann den hellen Hautkrebs, weil hier in den letzten
Jahren auch die sogenannte aktinische Keratose, also eine
Vorstufe in die Statistik mit einbezogen wurde und allein dadurch
schon durch diese Definition das auch als Hautkrebs zu
bezeichnen, die Erkrankungsraten statistisch natürlich in die
Höhe geschnellt sind und deswegen, also zu viel Sonnenlicht ist
ein Problem, zu wenig Sonnenlicht, und jetzt geht's darum, das
Sonnenlicht ist Jahrmillionen dasselbe von seiner Zusammensetzung
her. Früher hat es das Leben in seiner Entstehung begünstigt und
heute haben wir im Prinzip einfach nur verlernt oder viele
Menschen haben einfach verlernt oder nie gelernt, wie sie richtig
mit dem Sonnenlicht umgehen.


Das Sonnenlicht per se ist weder gut noch böse, sondern
das Problem liegt eben am Menschen und daran, wie er mit dem
Sonnenlicht umgeht. Und da werden halt viele Fehler gemacht, die
man durch besseres Wissen beseitigen kann.


Julia: Das heißt zum Beispiel, dass man einfach sich seinem
Hauttyp entsprechend auch in der Sonne aufhält und nicht jetzt
extra brät oder?


Dr. Alexander Wunsch: Ja. Zunächst mal natürlich der Hauttyp.
Also es gibt eine ganz individuelle Sonnenempfindlichkeit. Das
ist relativ einfach die herauszufinden. Man sollte sich von unten
rantasten und nicht von oben an die Verträglichkeitsschwelle, das
heißt, wenn man nicht weiß, wie gut man die Sonne verträgt, dann
sollte man halt mal mit 5 oder 10 Minuten anfangen, dann wieder
aus der Sonne rausgehen und die Haut beobachten. Im Prinzip weiß
es schon jeder, dass die Zeichen einer Überdosierung von
Sonnenlicht zeitverzögert auftreten, das heißt nach 3 oder 4
Stunden merkt man erst, wenn man zu lange in der Sonne sich
aufgehalten hat und da muss man eben vorausdenken. Das heißt, ich
gebe mir eine ganz bestimmte gezielte Dosis und beobachte mich
dann und das Herantasten ist der eine Aspekt, dass man die
Schwellendosis praktisch herausfindet, wie viel kann ich mir
zumuten ohne, dass meine Haut mit Überdosierungszeichen reagiert.
Und das andere ist, dass man wissen muss, dass es eine
Sonnengewöhnung gibt. Und die Sonnengewöhnung, die funktioniert
nur, wenn man kein Sonnenschutzmittel verwendet, bedeutet aber,
dass wenn ich jetzt beispielsweise in den Sommermonaten
tatsächlich mal 4 Wochen am Stück jeden Tag Sonne hätte, dann
würde ich vielleicht am 1. Tag 10 Minuten gut vertragen, am 2.
Tag würde ich dann vielleicht schon zwei, drei Minuten länger gut
vertragen, von mir aus auch 5 Minuten und so würde sich das dann
eben steigern bis auf mehrere Stunden. Das heißt nach 4 Wochen
vorsichtiger oder wohldosierter Sonnenexposition kann man sich
durchaus auch zwei, drei Stunden im Sonnenlicht aufhalten ohne,
dass man einen Sonnenbrand bekommt.


Jetzt muss man sich allerdings fragen: Ist das überhaupt sinnvoll
so lange in der Sonne zu sein? Normalerweise mein Sonnenhunger
ist nicht so groß, dass ich zwei oder drei Stunden anpeilen
würde, sondern jetzt in den Sommermonaten, wenn ich dazu komme,
Heliotherapie zu machen, dann mache ich das zum Sonnenhöchststand
so um 1 Uhr mittags herum. Wir haben ja Sommerzeit, dadurch ist
der Sonnenhöchststand nicht um 12, sondern eher so roundabout 1
Uhr. Warum diese Uhrzeit eigentlich am besten ist? Wir haben den
höchsten Gehalt an Ultraviolett B Strahlung, die in der Lage ist
Vitamin D zu synthetisieren in der Haut und dadurch kann in der
kürzestmöglichen Zeit das maximale Vitamin D erzeugen. Deswegen
mittags um 1 Uhr ist optimal und wenn man da 20 Minuten, 30
Minuten vielleicht jede Körperseite der Sonne aussetzt, dann
fängt man auch an zu schwitzen und es wird einem heiß. Also mal
ganz ehrlich, fühle ich mich nach den 20, 30 Minuten im Schatten
dann auch wesentlich wohler als wenn ich jetzt weiter in der
Sonne braten müsste. Und da gibt's aber halt ganz
unterschiedliche, der Mensch gewöhnt sich ja an alles, und wer
sich halt an das Braten in der Sonne gewöhnt hat, weil er zum
Beispiel unter dem Schutz von Sonnencreme keinen Sonnenbrand
bekommt, der kann das schon länger in der Sonne aushalten, aber
gesund ist das natürlich nicht und vernünftig ist es auch nicht.
Mehr als eine halbe Stunde pro Körperseite für jemand mit einer
mitteleuropäisch hellen Haut ist eher kontraproduktiv.


Julia: Ich meine, jetzt ist die Haut eine Sache, aber die andere
sozusagen das andere Problemfeld, das sind auch die Augen und die
werden eben geschützt durch Sonnenbrillen. Wie sehen Sie das? Ist
das sinnvoll, ist das nicht sinnvoll? Wie sollte man da umgehen
und warum sollte man vielleicht sich auch überlegen da nicht auch
an die Augen oder an die Retina zu lassen?


Dr. Alexander Wunsch: Eine Sonnenbrille ist praktisch für die
Augen das, was die Sonnencreme für die Haut darstellt, zumindest
mal unter sage mal Normalbedingungen. Man kann bei Wikipedia zum
Beispiel auch diese Sonnenschutzbrillen der Inuit sehen. Da
gibt's Abbildungen dazu, das heißt, auch in recht einfachen
Kulturen war das Thema Lichtschutz der Augen in Form von so
Schlitzen in knöchernen Brillen auf jeden Fall ein wichtiges und
wenn man eben in einer Umgebung ist wie jetzt zum Beispiel im
ewigen Eis und es scheint die Sonnen und von überall, von oben
und von der Seite, aus der Blickrichtung, überall hat man diese
hohen Strahlungsintensitäten, da ist ein Augenschutz natürlich
schon wichtig. Aber wenn man sich jetzt beispielsweise im
Schatten von irgendwelchen Pflanzen oder auch von mir aus von
Gebäuden aufhält, dann ist eigentlich ein Hut viel, viel
wichtiger als eine Sonnenbrille und dadurch, dass die
Lichtreaktionen im Organismus konzertierte Aktionen sind, aus den
Vorgängen, die in der Haut ablaufen, und den Vorgängen, die über
das Auge gesteuert im Zwischenhirn ablaufen, ist es eigentlich
für den Organismus leichter mit den Lichtbedingungen umzugehen
oder sich an die Lichtbedingungen anzupassen, wenn er die
Lichtbedingungen quasi ungefiltert bekommt. Und es ist immer
sinnvoll, dass man, wenn es mehrere "Sinneskanäle", jetzt mal in
Anführungsstrichen, gibt, auch wenn der Sinneskanal von Licht,
wie er über die Haut uns nicht direkt bewusst erreicht und die
vegetativen Einflüsse von Licht über das Auge uns nicht direkt
bewusst erreichen, sind es trotzdem Sinneskanäle. Da ist es
wichtig, dass die verschiedenen Sinneskanäle den eigentlichen
Sinnesreiz möglichst ungefiltert bekommen. Sonst kommt es zu
einem Durcheinander in der Regulation.


Julia: Wir haben jetzt viel eben über Sonnenlicht und vor allem
über das natürliche Licht gesprochen. Ich würde aber auch gerne
jetzt sozusagen den Sprung ins Innere machen, zum künstlichen
Licht in die Räume hinein. Und wie ich es vorhin gesagt habe, es
herrscht so eine grundsätzliche Skepsis interessanterweise der
Sonne gegenüber, andererseits überhaupt keine Skepsis den ganzen
künstlichen Lichtquellen gegenüber, die wir aber teilweise erst
ein paar hundert, also 200, 300 Jahre haben. Ist diese, sollten
wir skeptisch sein und wenn ja, vielleicht auf welche, gibt's da
Unterschiede? Sind manche künstliche Lichtquellen besser als
andere? Vielleicht können Sie da noch ein bisschen was dazu
sagen?


Dr. Alexander Wunsch: Bei Lichtquellen, die 200, 300 Jahre alt
sind, braucht man jetzt eigentlich weniger skeptisch zu sein.
Also eigentlich ist es so, dass wir seit ein paar tausend Jahren
schon Fackeln und Kerzen haben, seit ein paar hunderttausend
Jahren haben wir das Feuer und das Feuer ist die erste künstliche
Lichtquelle, die dadurch, dass das Feuer mit Rauch und Hitze
verbunden ist, uns immer signalisiert hat, wenn wir in Gefahr
gelaufen wären, es über zu dosieren. Und erst mit dem
elektrischen Licht und da spezifisch mit der Glühlampe hatten wir
dann eine Lichtquelle, bei der das Feuer so gebändigt worden war,
dass es zum Beispiel die Luft nicht mehr verschmutzt hat,
zumindest nicht in dem Raum, in dem man die Glühlampe betreibt.
Die Wärme war trotzdem noch vorhanden, aber es war erstmals
möglich jetzt unnatürlich helle Zustände in der Nacht
herbeizuführen. Das erste Problem, was man mit solchen
Kunstlichtwellen betrachten sollte, das ist die Rhythmusstörung,
das heißt also, dass man die Nacht zum Tage macht und jeder, der
mal Schichtarbeit, der mal Nachtschichten gemacht hat
beispielsweise, der kann gut nachvollziehen, dass Nachtschichten
oder Schichtarbeit für die Gesundheit abträglich sind. Also die
wenigsten Menschen können das über einen längeren Zeitraum
machen, ohne dass sie davon zumindest mal nachhaltige Störungen
der inneren Uhr, des inneren Biorhythmus erleben. Unsere 24/7
Gesellschaft, dass wir 24 Stunden, also rund um die Uhr jeden Tag
in der Woche alles Mögliche bekommen, alles machen könnten, rein
theoretisch einkaufen und so weiter, Fernsehen einschalten,
früher gab es ein Testbild und danach war nichts mehr und heute
ist halt alles rund um die Uhr verfügbar. Das ist halt ein
Problem und die Schichtarbeit ist letztendlich für die Gesundheit
auch ein Problem und da ist der Katalysator, der uns das Ganze
ermöglicht hat, schon das Kunstlicht. Und die Rhythmusstörungen
sind heute im Kontext der Chronobiologieforschung immer besser
untersucht, sodass wir auch immer besser verstehen, wie da
mögliche Schädigungsmechanismen ablaufen.


Am problematischsten sind eigentlich die Lichtquellen,
die so ab den 1930er Jahren entwickelt wurden, die also auf die
Glühlampe und auf die klassische Glühlampe gefolgt sind und das
waren zunächst Entladungslampen, meistens
Quecksilberdampfentladungslampen, die dann mit einer
Fluoreszenzschicht ausgestattet wurden und diese
Fluoreszenzlampen, im Volksmund vielleicht auch Neonlampen
benannt, später dann Energiesparlampen, dabei handelt es sich um
kalte Lichtquellen.


Das heißt, das letzte Zeichen, dass wir das Licht überdosieren,
nämlich die Hitze oder die Wäre, war hier auch schon beseitigt,
und das Spektrum von Energiesparlampen, das ist sehr stark durch
das Quecksilber, was für die Lichterzeugung sorgt im Inneren,
geprägt und hat mit natürlichem Licht quasi überhaupt nichts zu
tun. Glühlampenlicht ist zwar Kunstlicht, hat aber eine
natürliche Spektralverteilung, und alle kalten Lichtquellen,
heute ist ja die Energiesparlampe, die Entladungslampe mehr oder
weniger aus der Mode gekommen. In den allermeisten Fällen greift
man heute am liebsten zur LED und das ist auch das, was den
Verbrauchern nahegelegt wird und versucht wird es dem Verbraucher
schmackhaft zu machen. Und diese LEDs sind auch wieder
energieeffiziente Kaltlichtquellen, bei denen die
Spektralzusammensetzung letztlich ganz anders aufgebaut ist wie
wir das in den Lichtquellen mit natürlicher Spektralverteilung
finden. Und genau das ist das Problem, dass nämlich, das, was ich
eingangs unseres Gesprächs schon genannt habe, wir haben uns an
die Spektralverteilungen der natürlich vorhandenen Lichtquellen
seit Jahrmillionen angepasst. Und wenn man jetzt an dieser
Spektralverteilung auch nur geringfügige Änderungen durchführt,
dann kann das mittel- und langfristig zu gravierenden Nachteilen
für die Gesundheit führen.


Das wären bei diesen Kaltlichtquellen zum einen Störungen
der inneren Uhr, also Störungen der chronobiologischen
Funktionen. Die chronobiologischen Funktionen sind ganz eng mit
dem autonomen Nervensystem verknüpft und mit dem Hormonsystem,
also Hormonstörungen, vegetative Störungen, sind die eine Gefahr
und die andere Gefahr geht dann über, geht letztendlich von einer
mangelnden Balance oder Harmonie der Spektralanteile in solchen
kalten Lichtquellen aus und da wäre zum Beispiel zu nennen, dass
die Netzhaut, aber auch die Haut, die solchem Licht ausgesetzt
ist, Schäden erleiden kann.


In erster Linie durch Sauerstoffradikale, die vermehrt
gebildet werden, also erhöhter Zellstress auf der einen Seite und
verringerte Reparaturvorgänge auf der anderen Seite.


Da spielt dann zum Beispiel das Fehlen von diesem
Nahinfrarotanteil, über den wir vorhin schon ein bisschen
ausführlicher gesprochen haben, dieser Nahinfrarotanteil Licht
sorgt für eine Verbesserung des Stoffwechsels, für mehr Energie
und im Auge zum Beispiel oder auch in der Haut des Gesichts sind
diese Prozesse eben sehr wichtig, um mögliche Schäden zu
reparieren. Und diese Prozesse fallen dann weg, Reparaturvorgänge
fallen weg durch erhöhte Blauanteile, die wir praktisch bei allen
LEDs, bei allen Weißlicht LEDs heute finden, sorgen für mehr
Stress in der Zelle, für mehr Sauerstoffradikale und dadurch
entsteht praktisch so eine Grätsche, das ist quasi eine Schere,
die aufgeht, mehr Zellstress und mehr Zellschäden auf der einen
Seite und weniger Reparatur und Regeneration auf der anderen
Seite.


Julia: Und da ist dann vermutlich auch wahrscheinlich das Problem
einfach die lange Exposition oder? Zu dem Blaulicht, weil wir
einfach dann viele, viele Stunden untertags eigentlich nur mehr
diesem Licht ausgesetzt sind oder? Also ist es dann eine
Zeitfrage auch? Weil so akut habe ich ja jetzt keinen, wie gesagt
bei der Sonne merke ich es nach zwei, drei Stunden schon, aber
ich habe nicht dieses gleiche Gefühl, wenn ich jetzt einen ganzen
Tag unter LEDs verbringe.


Dr. Alexander Wunsch: Ja klar. Ich meine, man kann zum Beispiel
auch den ganzen Tag hinter einem Fenster verbringen im
Sonnenlicht, da bekommt man auch keinen Sonnenbrand und die
Sonnenfalten, die kriegt man eben erst 20 Jahre später oder die
bemerkt man eben erst 20 Jahre später. Es gibt diese Fotos von
zum Beispiel Lastwagenfahrern, (Julia: Genau (lachend)) die jetzt
durch die Seitenscheibe ständig dem Sonnenlicht ausgesetzt waren
und die Seitenscheibe filtert aber den UVB-Anteil raus, der für
einen Sonnenbrand sorgen würde. Dadurch merkt man eigentlich
nicht, dass da eine Hautbelastung stattfindet, sonst könnte man
sich ja zum Beispiel mit Sonnenschutzcreme oder so schützen. Aber
die meisten Fensterqualitäten lassen eben UVA-Strahlung sehr
stark durch. Das können 60, 70, 80 Prozent sein von dem, was
quasi beim Eintritt des Tageslichts ins Fenster vorhanden ist.
Das heißt, ich bekomme unter Umständen beim Autofahren innerhalb
von kürzester Zeit, also von wenigen Stunden, eine
UVA-Überdosierung, von der ich aber direkt nichts bemerke. Ich
habe zum Beispiel einen sehr eindrücklichen Versuch, wo man an
der Haut spüren kann, wie dieses noch nicht mal UVA-Licht,
sondern violettes LED-Licht, das erzeugt an der Lippe
beispielsweise unmittelbar eine intensive Wärme, ist fast schon
zu sanft formuliert, eigentlich ist es eine Art Hitze.
Wenn ich dann mit einem so einem gelben Filter dazwischengehe,
dann verschwindet diese Hitze augenblicklich. Damit kann man also
anschaulich demonstrieren, dass dieses kurzwellige Licht spürbar
die Haut nicht nur aufheizt, also das Gewebe nicht nur aufheizt,
sondern es fängt auch an so unangenehm zu kribbeln. Das sind dann
beispielsweise diese Sauerstoffradikale, die im Gewebe gebildet
werden durch das kurzwellige Licht. Dadurch, dass man einen
Filter dazwischenschaltet, sind diese negativen oder unangenehmen
Warnehmungen schlagartig beseitigt. Sowas passiert letzten Endes
im Auge, wenn wir Licht um uns herum haben, das mit hohen
kurzwelligen Anteilen versehen ist. Nur die Netzhaut des Auges
hat eben anders als die Haut ein paar Nerven, die jetzt Unbehagen
oder ein Missempfinden vermitteln würden. Wozu hätte sich unser
Auge jetzt auch gegen Kaltlichtquellen schützen sollen? Im Laufe
der Evolution gab's niemals die Anforderungen dafür, sondern
unser Auge musste Mechanismen entwickeln, mit dem Sonnenlicht
klarzukommen, unser Auge musste Mechanismen entwickeln mit dem
Feuerschein klarzukommen, aber eben nicht mit diesen
Leuchtmitteln oder Lampen, die die Ingenieure, die
Lichttechniker, in den letzten 80 Jahren entwickelt haben.


Julia: Das heißt, was wären jetzt Ihre Empfehlungen oder was
wären die besten Lampen für zuhause? Was sollte man dann da für
Lampen haben oder wonach sollte man da auf jeden Fall schauen?
Worauf sollte man da achten?


Dr. Alexander Wunsch: Zum einen sollte man halt drauf achten,
dass man dem Lichthunger, der den meisten Menschen angeboren ist,
dass man den nicht versucht unbedingt mit Kunstlicht zu stillen,
sondern dass man versucht den Lichthunger tagsüber mit dem
natürlichen Tageslicht zu stillen und nachts sollte das Licht in
erster Linie der Orientierung dienen und Kunstlicht mit
natürlicher Spektralverteilung, da gibt's eigentlich nur 2
Möglichkeiten. Das ist einmal die Standard-Glühlampe, die nicht
mehr hergestellt werden darf und die Halogen-Glühlampe. Das sind
die beiden künstlichen Lichtquellen, die eine natürliche
Spektralverteilung aufweisen. Man hat dabei eine optimale
Farbwiedergabe, man hat eine Spektralverteilung, an die unser
Organismus seit Jahrmillionen sich anpassen konnte. Bei diesem
Spektrum können wir davon ausgehen, dass unser Organismus damit
optimale Strategien entwickeln konnte, um das Positive
rauszuziehen und keinen negativen Effekte erleiden zu müssen. Von
LEDs beispielsweise, Energiesparlampen, rate ich persönlich ab,
außer in speziellen Anwendungsbereichen, also ich habe immer eine
kleine Taschenlampe, die ist so groß wie mein kleiner Finger, in
der Hosentasche. Das ist natürlich eine LED, weil da kommt mehr
Licht raus als aus so einer Riesenlampe, die jetzt auch gar nicht
mehr als Taschenlampe bezeichnet werden kann eigentlich, weil sie
zu groß war und Monozellen drin. Also da hat sich durchaus was
geändert und LEDs, zum Beispiel gibt's auch Fluoreszenz-LEDs, die
ein breitbandiges gelbes Spektrum erzeugen. Da kann man eine oder
zwei als Nachtbeleuchtung optimal verwenden. Das genügt absolut,
um zum Beispiel den Weg ins Badezimmer und wieder zurück ins Bett
zu finden, ohne dass man den Biorhythmus, ohne dass man den
Melatoninhaushalt beispielsweise negativ beeinflusst. Man braucht
in der Nacht nur ganz geringe Lichtstärken oder
Beleuchtungsstärken, um sich orientieren zu können. Unser Auge
ist im weiten Bereich anpassungsfähig und kann mit den
verschiedensten Helligkeitspegeln umgehen und dabei sollte man
zum Beispiel dann auch drauf achten, dass künstliches Licht vor
sagen wir mal 1.000 Jahren kam sicherlich nicht von oben von der
Decke, sondern höchstens aus der Horizontalebene oder eher noch
vom Boden, das heißt, ein Lagerfeuer oder eine Fackel, die an der
Wand hing, aber kein Licht von oben. Man sollte auch hier die
natürlichen Richtungen, die wir beobachten können, die
unterschiedlich sind am Tag und in der Nacht, sollte man
eigentlich auch noch mitberücksichtigen. Also einfach mal
zurückgucken, wie war es vor langer Zeit, dann weiß man, woran
sich unser Körper eigentlich gewöhnt hat und wenn man das
nachempfindet, dann kann man quasi auf einen evolutionären
Erfahrungsschatz bauen, der in unserem Körper eingespeichert ist,
auch wenn es uns nicht so bewusst ist.


Julia: Wird das Spektrum oder wird das irgendwie angegeben
eigentlich auf der Verpackung? Also wenn ich mir jetzt ein
warmweißes Licht zum Beispiel kaufen möchte, wo steht das drauf
oder worauf sollte ich da schauen beim Kauf dann von den Lampen?


Dr. Alexander Wunsch: Ja, das steht schon drauf. Aber es gibt
gerade bei dieser, ob jetzt warmweiß oder kaltweiß, da sprechen
wir von der sogenannten Farbtemperatur des Lichtes, die wird in
Kelvin angegeben. Kelvin ist die Temperatur ausgehend vom
absoluten Nullpunkt, der liegt bei minus 273 Grad so round about.
Das heißt also 320, 310 Kelvin entsprechen dann der
Körpertemperatur, also 273 plus die 37 Grad Körpertemperatur,
landen wir bei 310 Kelvin. Bei Lichtquellen ist es dann so, bei
einer Glühlampe, die hat 2.700 Kelvin, eine Halogenlampe hat
3.100 Kelvin, und dann ist eigentlich Schluss. Denn es gibt kein
Metall mit einem höheren Schmelzpunkt als Wolfram, also Wolfram
ist der Glühfaden in der Glühlampe gefertigt, und deswegen können
wir mit dem Glühvorgang keine höheren Farbtemperaturen erzeugen.
Als Kunstlichtquelle mit einer echten höheren Temperatur bleibt
dann eigentlich nur die Kohlebogenlampe, die aber technisch sehr
anspruchsvoll ist und außerdem raucht und qualmt und meistens
viel zu hell wäre. Die ist auch heute eigentlich nicht mehr
handelsüblich. Für alle höheren Farbtemperaturen, kaltweiß, zum
Beispiel jeder Computerbildschirm wird mit einer Farbtemperatur
von 6.500 Kelvin ausgeliefert, da orientiert man sich an der
Sonne, die sagen wir mal so 5.700 Kelvin Oberflächentemperatur
hat und allerdings eben auch wirklich so heiß ist, genauso wie
der Wolfram-Faden wirklich so heiß ist, wie es der angegebenen
Farbtemperatur entspricht. Kaltlichtquellen, die weisen keine
echte Farbtemperatur, keine physikalische Temperatur von 6.000
Kelvin auf, sondern eine sogenannte korrelierte Farbtemperatur.
Das ist ein ähnlichster Farbeindruck, den eine Lichtquelle mit
tatsächlich dieser Temperatur hervorrufen würde. Das klingt jetzt
ein bisschen kompliziert, aber es ist im Prinzip eine
Berechnungsmethode, um einer kalten Lichtquelle einen
Farbeindruck zuweisen zu können. Da fängt die Irreführung
letzten Endes an. Die Farbtemperaturen, die man auf den Packungen
von Lampen findet, die beziehen sich nicht auf die echte
Temperatur, sondern auf die ähnlichste Temperatur, die einen
solchen Farbeindruck hervorrufen würde, also man kann sich an der
Glühlampe mit einer echten Farbtemperatur so von 2.700 Kelvin
natürlich die Finger verbrennen, aber man verbrennt sich bei
einer LED mit 7.000 oder 8.000 Kelvin eben nicht die Finger, weil
das Licht auf eine ganz andere Art erzeugt wird und weil hin- und
her gerechnet wird und man dann hinterher einen Wert angibt, der
aber letzten Endes über die Qualität des Lichts nichts
aussagt. Das heißt also, eine warmweiße - und das ist
immer warmweiß - Glühlampe hat sehr wenig Blau und sehr viel
Nahinfrarot. Eine warmweiße LED hingegen kann relativ viel Blau
enthalten und enthält kein Nahinfrarot. Aber es ist für das viele
Blau dann zum Beispiel ein bisschen mehr Rot oder Orange oder
Gelb beigemischt, sodass das Messgerät hinterher einen Wert
ausgibt, der auch 2.700 Kelvin lautet. Aber diese 2.700 Kelvin
von einer Kaltlichtquelle haben nichts mit den echten 2.700
Kelvin von einer thermischen Lichtquelle zu tun. Und deswegen,
also es sind optische Täuschungen letztendlich. Das Licht scheint
wärmer auszusehen bei so einer LED, bei einer warmweißen LED hat
aber dann für eine warme Lichtquelle eigentlich viel zu viel
Blauanteile.


Julia: Das heißt eigentlich, egal, was da draufsteht bei der LED,
sollte man eigentlich nicht verwenden im Haus, wenn es irgendwie
geht, wenn man es beeinflussen kann, sondern auf Halogen oder
vielleicht sogar auf echte Glühbirnen noch setzen. Es gibt ja
noch die Möglichkeit, die auch zu kaufen.


Dr. Alexander Wunsch: Wenn man wirklich Licht verwenden möchte,
Kunstlicht verwenden möchten, das für die Gesundheit die
geringsten Risiken bietet, dann ist aus meiner Sicht im Moment
nur die Glühlampe oder die Halogen-Glühlampe zu empfehlen. Und
bei LEDs muss man immer berücksichtigen, dass die Hersteller
versuchen das Ganze von der sinnlichen Anmutung her angenehm zu
gestalten, angenehmer zu gestalten, aber sie bedienen sich dabei
bestimmter Trick, zum Beispiel Filament-LEDs, das sind die
neuesten LED-Formen, die sehen sogar wieder aus wie Glühlampen,
haben auch die Schraubfassung, da sind dann solche kleinen LCDs
aufgereiht.


Dr. Alexander Wunsch: Es gibt heute solche Filament-LEDs, die
sehen aus wie Glühlampen von der äußeren Form, haben auch eine
Schraubfassung, und innendrin ist wie so ein Glühfaden, sodass
man praktisch aus der Entfernung denkt, es handelt sich wieder um
die gute alte Glühlampe. Aber tatsächlich ist es dann so, dass
wenn man durch einen Graufilter oder durch eine sehr, sehr starke
Sonnenbrille sich den Glühfaden, den scheinbaren Glühfaden
anguckt, dann stellt man fest, dass hier zum Beispiel 4 kaltweiße
LEDs und eine rote LED immer wieder in Folge zu erkennen sind.
Das heißt, es ist ein Stream, also ein Streifen von winzigen
LEDs, wo der Hersteller durch die Wahl der Lichtfarbe, dass er
eben jede 5. LED mit einer roten Lichtfarbe versieht, dadurch
erreicht er, dass der Messwert, die Farbtemperatur eher in
Richtung warmem Licht geht. Tatsächlich haben wir aber
eine Lichtzusammensetzung mit hohen Blauanteilen durch die
weißen, eher kaltweißen LEDs und das Messgerät verrechnet dann
die plötzliche Rotstrahlung, indem die kaltweiße Farbtemperatur
nummerisch dann in Richtung warmweiß geht. Die Tricks
oder die Möglichkeiten Einfluss auf die Spektralzusammensetzung
zu nehmen, sind halt bei einer LED sehr groß und der Laie kann
nicht auseinanderhalten, was da jetzt im Einzelnen passiert im
Inneren einer solchen Lampe. Bei einer Glühlampe ist es ganz
eindeutig, da ist es ein Faden aus Metall und der glüht und der
gibt dementsprechend immer dasselbe Spektrum ab. Das können die
modernen Lichtquellen halt leider nicht so einfach.


Julia: Ja. Ich sehe schon, die Zeit verrennt und es gäbe noch so
viele Fragen. Ich würde noch ganz gerne zum Abschluss die
Anknüpfung an den Anfang machen. Und zwar haben Sie eben schon
erzählt, dass man auch erstmal Licht und vor allem mit ganz
speziellen Wellenlängen auch therapeutisch einsetzen kann und das
ist etwas, mit dem Sie in Ihrer eigenen Praxis sehr viel
arbeiten. Wir haben über das Nahinfrarot schon gesprochen. Ich
würde jetzt gerne einfach nur, einfach auch aus Zeitgründen,
gerne Infrarot herausnehmen, weil es auch etwas ist, womit viele
Leute vielleicht schon Kontakt hatten, es gibt Infrarotkabinen.
Ist das etwas, was empfehlenswert ist? Muss man da auch
vorsichtig sein? Gibt's da Unterschiede? Das wäre eben wirklich
etwas, eine tolle Information, auch für die Zuhörer und
Zuschauer, weil sich jetzt viele überlegen, vielleicht sowas
anzuschaffen und meist auch sehr verunsichert, weil es ein
unglaubliches Angebot an verschiedenen Produkten gibt.


Dr. Alexander Wunsch: Na ja, es wäre schön, wenn es da eine
einfache Antwort drauf gäbe, aber beim Infrarotbereich haben wir
auch wieder 3 verschiedene grobe Rasterungen. Es gibt das
Infrarot A, es gibt das Infrarot B, Ferninfrarot oder Infrarot C
und die wirken alle unterschiedlich auf den Organismus. Wenn es
darum geht, dass man eine Tiefenwirkung erreicht, dann ist das
Infrarot A eigentlich das einzige, was hier in der Lage ist, in
die Tiefe des Gewebes zu kommen. Infrarot A bekommt man
allerdings technisch eigentlich immer nur im Paket mit Infrarot B
in Form von Glühlampen, die teilweise mit Filter ausgestattet
sind, das sind die klassischen Infrarotlampen, die man so kaufen
kann für relativ wenig Geld. In dem Moment, wo es dann um
Infrarotkabinen geht, da gibt's unterschiedliche Ausführungen,
solche, die eben quasi Fifty Fifty Infrarot A, Infrarot B haben,
andere haben dann einen höheren Anteil in der Infrarot B und auch
im Infrarot C Bereich. Je langwelliger das Ganze wird, umso mehr
verlagert sich die Wirkung auf eine eigentlich reine Reizwirkung
auf der Hautfläche. Denn schon Infrarot B ist langwellig, dass es
nicht mehr in die Tiefe geht. Zum Beispiel eine Sauna, wenn der
Saunaofen eine Temperatur von 200 Grad hat beispielsweise die
Steine, dann haben wir es eher mit einem Dunkelstrahler zu tun,
der eher im Infrarot C Bereich angesiedelt ist.


Julia: Das heißt, was ich gesehen habe, es werden auch so
Vollspektren Infrarot-Saunen angeboten. Ist es dann etwas, wenn
man sagt, man möchte sozusagen ein abgerundetes Paket haben, ist
das etwas, was man sich durchwegs anschaffen sollte oder eher
nicht?


Dr. Alexander Wunsch: Hm. Man muss sich dabei immer überlegen,
worum es jetzt im Einzelfall geht. Die ganzen elektrischen
Systeme können unter Umständen elektromagnetische Störstrahlungen
erzeugen. Man ist jetzt anders als bei einer Schwitzhütte halt
dann Magnetfeldern, elektromagnetischen Feldern unter Umständen
ausgesetzt. Manche Menschen reagieren darauf eher mit einer
Unverträglichkeit, Sonnenlicht beispielsweise hat weniger als 5
Prozent Infrarot B, also alles, was jetzt eine spürbare Wärme auf
der Haut erzeugt, dabei handelt es sich dann um
Infrarot-Technologien, die nicht mehr mit dem Sonnenlicht
vergleichbar sind.


Julia: Ja, es ist einfach interessant, weil da einfach viel am
Markt ist und man dann verunsichert ist und gar nicht weiß, wofür
man sich entscheiden soll. Und einerseits sehr positives
natürlich hört, deswegen ist das einfach interessant, einen
Experten mal zu fragen, was Ihre Meinung dazu ist.


Dr. Alexander Wunsch: Vielleicht, um da nochmal einen Satz
anzuhängen, es ist gibt viele Hersteller von solchen
Infrarot-Saunen, man kann da bei den verschiedenen Herstellern
auch Berichte lesen über die Wirkungen. Wenn sich sowas gut
anfühlt und wenn man es vernünftig dosiert, dann ist es
sicherlich vorteilhaft. Nur mit solchen Empfehlungen
diesbezüglich bin ich zurückhaltend, man weiß nie, was dann der
Anwender letztendlich aus einer Empfehlung macht, denn die Frage,
was ist die optimale Dosierung, das wäre dann im Einzelfall zu
klären. Die meisten Wärmekabinen haben ein Strahlungsspektrum,
das mit dem Spektrum des Sonnenlichtes nicht übereinstimmt. Die
Glühlampe und eine Kerzenflamme haben im Prinzip ein sehr, sehr
ähnliches Spektrum, das heißt Feuer, das Feuerspektrum und das
Glühspektrum, die würde ich noch als natürlich bezeichnen. Aber
schon da ist es dann für eine häufige Daueranwendung wieder ein
Thema, dass ich eben ein paar tausend Watt an Strahlungsleistung
eigentlich nicht mit Gleichstrom erbringen kann. Das heißt ich
muss wieder den Wechseltrom verwenden und dann muss man einfach
eine Abwägung machen. 20 Minuten Licht oder Wärmelicht, das mit
100 Hertz pulsiert, kann sogar besser funktionieren als wenn es
ungepulst wäre, aber jetzt stundenlang in einer elektrischen
Sauna zu sitzen, diesem künstlichen Strahlungsumfeld, kann unter
Umständen auch für den ein oder anderen eher negative Wirkungen
mitbringen.


Julia: Ja. Ich sehe schon, es ist alles nicht ganz so einfach,
wie man es sich eben wünschen würde, aber trotzdem danke für die
Zeit, für diese tollen Ausführungen. Wo können jetzt Zuhörer und
Zuschauer vielleicht mehr noch über Sie erfahren oder auch zum
Beispiel über die Praxis in Heidelberg?


Dr. Alexander Wunsch: Zum einen habe ich einen Vimeo Kanal, wo
eine ganze Reihe von Vorträgen von mir frei verfügbar sind und
wem das nicht reicht, wer also da gerne einen persönlicheren
Kontakt hätte, es findet zum Beispiel im November, ich glaube, es
ist der 18. November, in Heidelberg ein Seminar statt über die
Wirkung von Licht, über die Wirkungen von Sonnenlicht, Kunstlicht
und farbigem Licht. Das ist bestimmt ein guter Einstieg, wo man
dann eben auch in so einer Seminarsituation auch spezifische
Fragen stellen kann, wo auch individuell sozusagen
maßgeschneidert dann Themen erörtert werden können. Ansonsten
bezüglich der Praxis haben Sie mich jetzt noch angesprochen. Da
ist das Problem eigentlich, also ich habe bezüglich des
Medizintourismus meine Vorbehalte. Das heißt, wenn sich jemand
jetzt sagen wir mal hunderte von Kilometern auf den Weg macht, um
in einer bestimmten Praxis vorstellig zu werden, dann ist das
Ganze so aufgeladen mit Erwartungen, wo es dann sehr schwer ist,
das unter Umständen zu erfüllen. Da bin ich normalerweise nicht
so der Freund davon, aber natürlich ist, ich bin niedergelassener
Arzt und wenn jemand jetzt Probleme hat, dann sind die unter
Umständen auch nur in diesem Rahmen angehbar.


###Praxis in Heidelberg


##Termine und Veranstaltungen


##PaleoConvention am 2. - 3. Septmeber in Berlin
Bücher Weitere Folgen

Schlafmangel, Stress und die besten Hacks für erhöhte
Leistungsfähigkeit. Interview mit Biohacker und Unternehmer
Fabian Foelsch


Das Natur-Defizit Syndrom - Interview mit Prof. Dr. Jörg Spitz


Better Body – Better Brain: Selbstoptimierung von Körper und
Geist - Anja Leitz im Interview


Wie die Neurochemie des Flow-Zustand mit Ernährung, Schlaf und
chronischer Entzündung zusammenhängt - Interview mit Max Gotzler
Artikel

Publikationen von Alexander Wunsch


[Baggerly, Carole A., et al. "Sunlight and vitamin D: Necessary
for public health." Journal of the American College of Nutrition
34.4 (2015): 359-365.](Baggerly, Carole A., et al. "Sunlight and
vitamin D: Necessary for public health." Journal of the American
College of Nutrition 34.4 (2015): 359-365.)


Eells, Janis T., et al. "Mitochondrial signal transduction in
accelerated wound and retinal healing by near-infrared light
therapy." Mitochondrion 4.5 (2004): 559-567.
Webseiten

Alexander Wunsch

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(Disclaimer) und allgemeiner Hinweis zu medizinischen Themen" auf
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