Wann lügen Politiker? Fragen an Bodo Ramelow und Thomas de Maizière
Im Podcast "Debatte in Sachsen" reden die beiden Spitzenpolitiker
über Wahrheit und Ehrlichkeit - und warum der Umgang damit nicht
immer leicht ist.
1 Stunde 10 Minuten
Podcast
Podcaster
Beschreibung
vor 2 Jahren
"Politiker lügen im Durchschnitt weniger als der Rest der
Bevölkerung", sagt der ehemalige Bundesaußenminister Thomas de
Maizière (CDU) im Podcast "Debatte in Sachsen" zum Thema "Die Lüge
in der Politik". Offizielle Aussagen seien öffentlich und könnten
jederzeit überprüft werden. "Die totale Transparenz im Politischen
... geht inzwischen so weit, dass in Untersuchungsausschüssen sogar
der SMS-Verkehr und die WhatsApp-Nachrichten überprüft werden", so
der 68-Jährige. "Selbst wenn man ein Lump ist, ist man gut beraten
in der Politik, in der Demokratie, nicht zu lügen, weil es eh
rauskommt." Teile der AfD zum Beispiel nehme de Maizière jedoch
aus, "denn da ist die Propaganda auch mit Lügen ein Teil ihrer
Daseinsberechtigung". "Mein Grundprinzip heißt: Ich bemühe mich,
nicht zu lügen", ergänzt Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow
(Die Linke). Das täte er umso mehr, als er in seinem Leben als
Politiker einmal wirklich bewusst gelogen habe, nach dem Massaker
an der Erfurter Guttenberg-Schule vor 20 Jahren. Damals habe er der
Angehörigen eines Opfers nicht die ganze Wahrheit gesagt. "Das hat
mich sehr belastet. In diesem Fall habe ich diese Person geschützt,
indem ich tatsächlich vorsätzlich die Unwahrheit gesagt habe." Die
Aussage "Es wird keine allgemeine Impfpflicht geben", die
Gesundheitsminister Jens Spahn und andere führende Politiker um den
Jahreswechsel 2020/21 immer wieder geäußert haben, hält Ramelow
jedoch nicht für eine Lüge. "Den Satz habe ich schon falsch
gefunden, als er zur Beschlusslage in der Pressekonferenz war. Ich
habe ihn damals aber mitgetragen", so der 66-Jährige. "Er fiel zu
einem Zeitpunkt, als alle der Meinung waren: Sobald wir den
Impfstoff haben, werden die Leute Schlange stehen, und wir werden
gar keine Impfpflicht brauchen." Doch man könne jetzt im Frühjahr
2022 noch nicht eindeutig sagen, ob es doch noch zu einer
Impfpflicht kommen werde oder nicht. "Der Satz war also falsch,
aber er war bis jetzt nicht gelogen." Grundsätzlich müsse man
jedoch einen Unterschied machen zwischen dem Lügen und dem
Verschweigen der ganzen Wahrheit, sagt der Ministerpräsident.
Letzteres sei gelegentlich zulässig. "Auch als Gewerkschafter
musste ich schon in Konflikte rein, bei denen es manchmal
hilfreicher war, nicht alles zu sagen, was man wusste, weil es
nicht zu einer Lösung geführt hätte", so Ramelow. Seinen legendären
Satz "Ein Teil dieser Antworten könnte Sie verunsichern“ würde
Thomas de Maizière jedoch "so nicht mehr äußern". Damit hat er 2015
nach der Absage eines Fußballspiels in Hannover wegen einer
Terrorwarnung auf die Frage eines Journalisten reagiert. "Die Frage
an mich lautete: 'Ist die Lage vorbei?' Sie bedeutete aber 'Sind
Menschen noch gefährdet - oder nicht?' Also habe ich diese
unglückliche Antwort gegeben ... das hätte ich besser machen
können". Aber man solle von einem Innenminister, der für die
Sicherheit verantwortlich ist, "in so einem Fall nicht verlangen,
dass er die vollständige Wahrheit sagt". Auch mache es einen
Unterschied, ob eine Politikerin oder ein Politiker sich öffentlich
oder nichtöffentlich im geschlossenen Kreis äußere, so de Maizière.
"Wenn Sie zu einem Kabinettskollegen nichtöffentlich 'Ganz toll,
was du gemacht hast' sagen, das aber tatsächlich für eine totale
Fehlleistung halten - sowas geht nicht." Das sei unkollegial und
fiele sowieso auf. "Wenn Sie da lügen, das macht jede Regierung,
jede Partei, jede Koalition, jede Fraktion kaputt", sagt der
CDU-Politiker. "Öffentlich dürfen Sie gerne ein bisschen drum
herumreden aus Gründen der Parteisolidarität, ohne direkt die
Unwahrheit zu sagen." Außerdem Schwerpunkte der Diskussion: - Warum
Politiker manchmal etwas anderes sagen als das, was sie wirklich
denken. - Warum Helmut Kohls Satz von den "blühenden Landschaften"
keine Lüge war. - Warum manche Menschen auch mal belogen werden
wollen. - Warum Despoten wie Wladimir Putin notorisch lügen
Bevölkerung", sagt der ehemalige Bundesaußenminister Thomas de
Maizière (CDU) im Podcast "Debatte in Sachsen" zum Thema "Die Lüge
in der Politik". Offizielle Aussagen seien öffentlich und könnten
jederzeit überprüft werden. "Die totale Transparenz im Politischen
... geht inzwischen so weit, dass in Untersuchungsausschüssen sogar
der SMS-Verkehr und die WhatsApp-Nachrichten überprüft werden", so
der 68-Jährige. "Selbst wenn man ein Lump ist, ist man gut beraten
in der Politik, in der Demokratie, nicht zu lügen, weil es eh
rauskommt." Teile der AfD zum Beispiel nehme de Maizière jedoch
aus, "denn da ist die Propaganda auch mit Lügen ein Teil ihrer
Daseinsberechtigung". "Mein Grundprinzip heißt: Ich bemühe mich,
nicht zu lügen", ergänzt Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow
(Die Linke). Das täte er umso mehr, als er in seinem Leben als
Politiker einmal wirklich bewusst gelogen habe, nach dem Massaker
an der Erfurter Guttenberg-Schule vor 20 Jahren. Damals habe er der
Angehörigen eines Opfers nicht die ganze Wahrheit gesagt. "Das hat
mich sehr belastet. In diesem Fall habe ich diese Person geschützt,
indem ich tatsächlich vorsätzlich die Unwahrheit gesagt habe." Die
Aussage "Es wird keine allgemeine Impfpflicht geben", die
Gesundheitsminister Jens Spahn und andere führende Politiker um den
Jahreswechsel 2020/21 immer wieder geäußert haben, hält Ramelow
jedoch nicht für eine Lüge. "Den Satz habe ich schon falsch
gefunden, als er zur Beschlusslage in der Pressekonferenz war. Ich
habe ihn damals aber mitgetragen", so der 66-Jährige. "Er fiel zu
einem Zeitpunkt, als alle der Meinung waren: Sobald wir den
Impfstoff haben, werden die Leute Schlange stehen, und wir werden
gar keine Impfpflicht brauchen." Doch man könne jetzt im Frühjahr
2022 noch nicht eindeutig sagen, ob es doch noch zu einer
Impfpflicht kommen werde oder nicht. "Der Satz war also falsch,
aber er war bis jetzt nicht gelogen." Grundsätzlich müsse man
jedoch einen Unterschied machen zwischen dem Lügen und dem
Verschweigen der ganzen Wahrheit, sagt der Ministerpräsident.
Letzteres sei gelegentlich zulässig. "Auch als Gewerkschafter
musste ich schon in Konflikte rein, bei denen es manchmal
hilfreicher war, nicht alles zu sagen, was man wusste, weil es
nicht zu einer Lösung geführt hätte", so Ramelow. Seinen legendären
Satz "Ein Teil dieser Antworten könnte Sie verunsichern“ würde
Thomas de Maizière jedoch "so nicht mehr äußern". Damit hat er 2015
nach der Absage eines Fußballspiels in Hannover wegen einer
Terrorwarnung auf die Frage eines Journalisten reagiert. "Die Frage
an mich lautete: 'Ist die Lage vorbei?' Sie bedeutete aber 'Sind
Menschen noch gefährdet - oder nicht?' Also habe ich diese
unglückliche Antwort gegeben ... das hätte ich besser machen
können". Aber man solle von einem Innenminister, der für die
Sicherheit verantwortlich ist, "in so einem Fall nicht verlangen,
dass er die vollständige Wahrheit sagt". Auch mache es einen
Unterschied, ob eine Politikerin oder ein Politiker sich öffentlich
oder nichtöffentlich im geschlossenen Kreis äußere, so de Maizière.
"Wenn Sie zu einem Kabinettskollegen nichtöffentlich 'Ganz toll,
was du gemacht hast' sagen, das aber tatsächlich für eine totale
Fehlleistung halten - sowas geht nicht." Das sei unkollegial und
fiele sowieso auf. "Wenn Sie da lügen, das macht jede Regierung,
jede Partei, jede Koalition, jede Fraktion kaputt", sagt der
CDU-Politiker. "Öffentlich dürfen Sie gerne ein bisschen drum
herumreden aus Gründen der Parteisolidarität, ohne direkt die
Unwahrheit zu sagen." Außerdem Schwerpunkte der Diskussion: - Warum
Politiker manchmal etwas anderes sagen als das, was sie wirklich
denken. - Warum Helmut Kohls Satz von den "blühenden Landschaften"
keine Lüge war. - Warum manche Menschen auch mal belogen werden
wollen. - Warum Despoten wie Wladimir Putin notorisch lügen
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