Biochemische Charakterisierung von Histon-Methyltransferasen aus Drosophila melanogaster
Beschreibung
vor 20 Jahren
In der vorliegenden Arbeit wurden die beiden
Histon-Methyltransferasen Su(var)3-9 und E(Z) aus Drosophila
melanogaster charakterisiert. Die Histonmethylierung als
Modifikation war schon länger bekannt gewesen, bis zum Jahr 2000
war jedoch vor allem die Acetylierung etwas genauer untersucht
worden. Su(var)3-9 war die einzige bekannte
Histon-Lysin-Methyltransferase, als diese Arbeit begonnen wurde.
Zur Charakterisierung wurde das myc-getagte Enzym aus
Drosophila-Kernextrakt durch Affinitätschromatographie aufgereinigt
und zunächst die Substratspezifität festgestellt. Wie das humane
Enzym Suv39H1 methyliert es ebenfalls spezifisch H3-K9 (Lysin 9 im
Histon H3). Das aus den Kernextrakten aufgereinigte Enzym besitzt
aber auch die Fähigkeit, ein an H3-K9 präacetyliertes Substrat zu
methylieren. Die Vermutung, dass Su(var)3-9 mit einer
Histondeacetylase assoziiert ist, konnte durch Verwendung von TSA
als HDAC-Inhibitor bestätigt werden. Es stellte sich heraus, dass
HDAC1 (Rpd3) mit Su(var)3-9 assoziiert ist. Um das Enzym besser
untersuchen zu können, wurde es als Volllängenprotein und als
Deletionsmutante in E. coli exprimiert. Die Aufreinigung des
rekombinanten Enzyms sowie seine Lagerbedingungen wurden optimiert.
Das Volllängenprotein Su(var)3-9 liegt – wie durch Gelfiltration
festgestellt - als Dimer vor, die Interaktion mit sich selbst ist
über den N-Terminus vermittelt. Su(var)3-9 bindet an sein eigenes,
bereits methyliertes Substrat. Dies wurde an Peptiden untersucht,
die den ersten 20 Aminosäuren des Histons H3 entsprechen, und
entweder an Lysin 9 dimethyliert oder unmodifiziert waren. Die
Interaktion mit dem methylierten Substrat ist auf die Chromodomäne
von Su(var)3-9 zurückzuführen, ist jedoch schwächer als die
Wechselwirkung von HP1 mit methyliertem H3-K9. Des weiteren wurde
eine Drosophila-Zelllinie stabil mit Su(var)3-9 transfiziert. Das
überexprimierte Protein ist jedoch nur schwach aktiv. Die
Tatsachen, dass Su(var)3-9 mit HDAC1 interagiert sowie mit seinem
eigenen Substrat assoziiert, ermöglichen die Aufstellung von
Hypothesen über die bis jetzt kaum erhellte Ausbreitung von
Heterochromatin in euchromatische Bereiche. Durch die
Wechselwirkung mit der Deacetylase könnte Su(var)3-9 auch in aktiv
transkribierte Bereiche vordringen und diese methylieren. Die
Acetylierung, Zeichen für aktive Transkription, würde durch die
Methylierung ersetzt werden. Die Interaktion mit seinem umgesetzten
Substrat könnte verhindern, dass das Enzym sich nach der Reaktion
entfernt, vielmehr könnte Su(var)3-9 entlang eines DNA-Stranges
sukzessive alle Nukleosomen methylieren. Die darauffolgende Bindung
von HP1 an methyliertes H3-K9 könnte den heterochromatischen
Charakter des Chromatins verstärken und für längere Zeit festlegen.
Aus Drosophila-Kernextrakten gelang es weiterhin, den
E(Z)/ESC-Komplex über Säulenchromatographie aufzureinigen. Dieser
enthält neben E(Z), ESC, p55 und Rpd3 auch Su(z)12. E(Z), ESC und
Su(z)12 gehören der Polycomb-Gruppe an. Deren Funktion ist die
dauerhafte Repression der homöotischen Gene. Sie spielen daher eine
wichtige Rolle im „Zellgedächtnis“ während der frühen Entwicklung
von Drosophila. Es konnte gezeigt werden, dass der E(Z)/ESC-Komplex
Lysin 9 sowie Lysin 27 im Histon H3 methyliert. Außerdem wurde in
vitro ein Teilkomplex aus rekombinantem E(Z), p55 und ESC
rekonstituiert, der das Histon H3 methylieren kann. Ein
Teilkomplex, der E(Z) mit mutierter SET-Domäne enthält, ist nicht
in der Lage, H3 zu methylieren. Die Vorhersage, dass E(Z) aufgrund
seiner SET-Domäne eine Methyltransferase sein müsse, konnte durch
vorliegende Untersuchungen bestätigt werden. Polycomb ist ein
weiteres Protein aus der Polycomb-Gruppe. In dieser Arbeit konnte
gezeigt werden, dass dieses Protein spezifisch an das Histon H3
bindet, das an K27 trimethyliert ist. Polycomb besitzt wie HP1 eine
Chromodomäne. Aus den vorliegenden Daten kann folgendes Modell
aufgestellt werden: Nach der Methylierung von H3-K9 sowie H3-K27
durch den E(Z)/ESC-Komplex in homöotischen Genen, die schon
abgeschaltet sind und weiterhin reprimiert werden müssen, bindet
Polycomb an dieses Methylierungsmuster. Polycomb befindet sich in
einem großen Komplex mit weiteren Polycomb-Gruppen-Proteinen. Die
Bindung dieses Komplexes an Chromatin könnte ein denkbarer
Mechanismus sein, wie die dauerhafte Repression der homöotischen
Gene vermittelt wird. Um den E(Z)/ESC-Komplex genauer untersuchen
zu können, wurden Viren für das Baculosystem hergestellt, so dass
eine Einzel- oder auch Coexpression der Proteine möglich ist. Die
Aktivität von E(Z), das im Baculosystem exprimiert wurde, ist nicht
besonders hoch. Es bindet unter den in dieser Arbeit verwendeten
Bedingungen weder an DNA, noch an Histone noch an H3-Peptide, die
methyliert sind. Innerhalb des E(Z)/ESC-Komplexes bindet E(Z) an
p55, Rpd3, ESC sowie Su(z)12. Su(z)12 interagiert mit p55, Rpd3 und
E(Z). Die weiteren Interaktionen werden am besten durch eine
bildliche Darstellung (siehe Abb. 86) vermittelt. In einem
Luciferase-Assay wurde eine repressive Wirkung von E(Z)
festgestellt. Dieses Experiment bedarf allerdings eines aktivierten
Systems. Ferner muss durch Mutationsanalysen sichergestellt werden,
dass die repressive Wirkung auf die Methyltransferase-Aktivität von
E(Z) zurückzuführen ist. Kürzlich wurde entdeckt, dass E(Z) sowie
Su(z)12 in verschiedenen Tumoren überexprimiert sind. Noch ist
weder deren Funktion in den Tumorzellen klar, noch weiss man, ob
die Überexpression der Grund oder eine Folge der Tumorbildung ist,
noch kennt man alle Zielgene, die durch eine Überexpression von
E(Z) und Su(z)12 beeinflusst werden. In nächster Zeit sind hier
Einsichten in die Wirkungsweise von E(Z), Su(z)12 und anderen
Polycomb-Gruppen-Proteinen zu erwarten.
Histon-Methyltransferasen Su(var)3-9 und E(Z) aus Drosophila
melanogaster charakterisiert. Die Histonmethylierung als
Modifikation war schon länger bekannt gewesen, bis zum Jahr 2000
war jedoch vor allem die Acetylierung etwas genauer untersucht
worden. Su(var)3-9 war die einzige bekannte
Histon-Lysin-Methyltransferase, als diese Arbeit begonnen wurde.
Zur Charakterisierung wurde das myc-getagte Enzym aus
Drosophila-Kernextrakt durch Affinitätschromatographie aufgereinigt
und zunächst die Substratspezifität festgestellt. Wie das humane
Enzym Suv39H1 methyliert es ebenfalls spezifisch H3-K9 (Lysin 9 im
Histon H3). Das aus den Kernextrakten aufgereinigte Enzym besitzt
aber auch die Fähigkeit, ein an H3-K9 präacetyliertes Substrat zu
methylieren. Die Vermutung, dass Su(var)3-9 mit einer
Histondeacetylase assoziiert ist, konnte durch Verwendung von TSA
als HDAC-Inhibitor bestätigt werden. Es stellte sich heraus, dass
HDAC1 (Rpd3) mit Su(var)3-9 assoziiert ist. Um das Enzym besser
untersuchen zu können, wurde es als Volllängenprotein und als
Deletionsmutante in E. coli exprimiert. Die Aufreinigung des
rekombinanten Enzyms sowie seine Lagerbedingungen wurden optimiert.
Das Volllängenprotein Su(var)3-9 liegt – wie durch Gelfiltration
festgestellt - als Dimer vor, die Interaktion mit sich selbst ist
über den N-Terminus vermittelt. Su(var)3-9 bindet an sein eigenes,
bereits methyliertes Substrat. Dies wurde an Peptiden untersucht,
die den ersten 20 Aminosäuren des Histons H3 entsprechen, und
entweder an Lysin 9 dimethyliert oder unmodifiziert waren. Die
Interaktion mit dem methylierten Substrat ist auf die Chromodomäne
von Su(var)3-9 zurückzuführen, ist jedoch schwächer als die
Wechselwirkung von HP1 mit methyliertem H3-K9. Des weiteren wurde
eine Drosophila-Zelllinie stabil mit Su(var)3-9 transfiziert. Das
überexprimierte Protein ist jedoch nur schwach aktiv. Die
Tatsachen, dass Su(var)3-9 mit HDAC1 interagiert sowie mit seinem
eigenen Substrat assoziiert, ermöglichen die Aufstellung von
Hypothesen über die bis jetzt kaum erhellte Ausbreitung von
Heterochromatin in euchromatische Bereiche. Durch die
Wechselwirkung mit der Deacetylase könnte Su(var)3-9 auch in aktiv
transkribierte Bereiche vordringen und diese methylieren. Die
Acetylierung, Zeichen für aktive Transkription, würde durch die
Methylierung ersetzt werden. Die Interaktion mit seinem umgesetzten
Substrat könnte verhindern, dass das Enzym sich nach der Reaktion
entfernt, vielmehr könnte Su(var)3-9 entlang eines DNA-Stranges
sukzessive alle Nukleosomen methylieren. Die darauffolgende Bindung
von HP1 an methyliertes H3-K9 könnte den heterochromatischen
Charakter des Chromatins verstärken und für längere Zeit festlegen.
Aus Drosophila-Kernextrakten gelang es weiterhin, den
E(Z)/ESC-Komplex über Säulenchromatographie aufzureinigen. Dieser
enthält neben E(Z), ESC, p55 und Rpd3 auch Su(z)12. E(Z), ESC und
Su(z)12 gehören der Polycomb-Gruppe an. Deren Funktion ist die
dauerhafte Repression der homöotischen Gene. Sie spielen daher eine
wichtige Rolle im „Zellgedächtnis“ während der frühen Entwicklung
von Drosophila. Es konnte gezeigt werden, dass der E(Z)/ESC-Komplex
Lysin 9 sowie Lysin 27 im Histon H3 methyliert. Außerdem wurde in
vitro ein Teilkomplex aus rekombinantem E(Z), p55 und ESC
rekonstituiert, der das Histon H3 methylieren kann. Ein
Teilkomplex, der E(Z) mit mutierter SET-Domäne enthält, ist nicht
in der Lage, H3 zu methylieren. Die Vorhersage, dass E(Z) aufgrund
seiner SET-Domäne eine Methyltransferase sein müsse, konnte durch
vorliegende Untersuchungen bestätigt werden. Polycomb ist ein
weiteres Protein aus der Polycomb-Gruppe. In dieser Arbeit konnte
gezeigt werden, dass dieses Protein spezifisch an das Histon H3
bindet, das an K27 trimethyliert ist. Polycomb besitzt wie HP1 eine
Chromodomäne. Aus den vorliegenden Daten kann folgendes Modell
aufgestellt werden: Nach der Methylierung von H3-K9 sowie H3-K27
durch den E(Z)/ESC-Komplex in homöotischen Genen, die schon
abgeschaltet sind und weiterhin reprimiert werden müssen, bindet
Polycomb an dieses Methylierungsmuster. Polycomb befindet sich in
einem großen Komplex mit weiteren Polycomb-Gruppen-Proteinen. Die
Bindung dieses Komplexes an Chromatin könnte ein denkbarer
Mechanismus sein, wie die dauerhafte Repression der homöotischen
Gene vermittelt wird. Um den E(Z)/ESC-Komplex genauer untersuchen
zu können, wurden Viren für das Baculosystem hergestellt, so dass
eine Einzel- oder auch Coexpression der Proteine möglich ist. Die
Aktivität von E(Z), das im Baculosystem exprimiert wurde, ist nicht
besonders hoch. Es bindet unter den in dieser Arbeit verwendeten
Bedingungen weder an DNA, noch an Histone noch an H3-Peptide, die
methyliert sind. Innerhalb des E(Z)/ESC-Komplexes bindet E(Z) an
p55, Rpd3, ESC sowie Su(z)12. Su(z)12 interagiert mit p55, Rpd3 und
E(Z). Die weiteren Interaktionen werden am besten durch eine
bildliche Darstellung (siehe Abb. 86) vermittelt. In einem
Luciferase-Assay wurde eine repressive Wirkung von E(Z)
festgestellt. Dieses Experiment bedarf allerdings eines aktivierten
Systems. Ferner muss durch Mutationsanalysen sichergestellt werden,
dass die repressive Wirkung auf die Methyltransferase-Aktivität von
E(Z) zurückzuführen ist. Kürzlich wurde entdeckt, dass E(Z) sowie
Su(z)12 in verschiedenen Tumoren überexprimiert sind. Noch ist
weder deren Funktion in den Tumorzellen klar, noch weiss man, ob
die Überexpression der Grund oder eine Folge der Tumorbildung ist,
noch kennt man alle Zielgene, die durch eine Überexpression von
E(Z) und Su(z)12 beeinflusst werden. In nächster Zeit sind hier
Einsichten in die Wirkungsweise von E(Z), Su(z)12 und anderen
Polycomb-Gruppen-Proteinen zu erwarten.
Weitere Episoden
vor 16 Jahren
In Podcasts werben
Kommentare (0)